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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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einen Handstreich auszuführen, der dem Kriege ein schnelles Ende
machte. Sie hatten sich, in der Meinung, jener Rückzug sei ein
Werk der Furcht gewesen, in breiter Linie vor Pellion gelagert,
ohne dasselbe mit Wall und Graben zu schützen, oder auf den Vor-
postendienst die nöthige Sorgfalt zu wenden. Das wußte Alexan-
der; in der dritten Nacht ging er unbemerkt mit den Hypaspisten,
Agrianern, Bogenschützen und zweien Divisionen der Phalanx über
den Fluß, und ließ, ohne die Ankunft der übrigen Kolonnen abzu-
warten, die Bogenschützen und Agrianer vorrücken; diese brachen
an der Seite des Lagers ein, wo am wenigsten Widerstand mög-
lich war; und die Feinde, aus tiefem Schlafe aufgeschreckt, ohne
Waffen, ohne Leitung oder Muth zum Widerstande, wurden in den
Zelten, in der langen Gasse des Lagers, auf dem regellosen Rück-
zuge niedergehauen, viele zu Gefangenen gemacht, den anderen bis
an die Berge der Taulantiner nachgesetzt; wer entkam, rettete sich
mit Verlust seiner Waffen. Klitus selbst hatte sich in die Stadt
geworfen, sie dann angezündet und sich unter dem Schutz der bren-
nenden Stadt zu Glaukias in das Taulantinerland geflüchtet 86). --
So wurde die alte Grenze auf dieser Seite wieder gewonnen, und
den besiegten Königen, wie es scheint, unter der Bedingung der
Friede gegeben, daß sie die Oberhoheit Alexanders anerkennten, und
bestimmte Contingente zu seinem Heere stellten 87).

Man muß behaupten, daß die glückliche Raschheit in allen
Unternehmungen dieses Jahres, und namentlich in dem Kriege,
der unter den Mauern von Pellion geführt wurde, eben so sehr in
dem Charakter des jungen Königs begründet, wie von den Zeit-
umständen gefordert war; denn während man im Norden noch voll-
auf zu thun hatte, war im Süden eine Bewegung ausgebrochen,
die, wenn sie nicht schnell gedämpft wurde, den großen Plan eines
Perserzuges noch lange hindern, wenn nicht für immer unmöglich
machen konnte.

Die Griechen hatten zwar mit hochklingenden Dekreten Alexan-
ders Hegemonie anerkannt, und das Bündniß mit ihm auf dem

86) Arrian I. 5. 6.
87) Das Illyrische Königthum blieb in
der Familie des Bardylis und Klitus noch lange erblich; Illyrier
kommen in Alexanders Heeren vor. Diod. XVII. 8.

einen Handſtreich auszuführen, der dem Kriege ein ſchnelles Ende
machte. Sie hatten ſich, in der Meinung, jener Rückzug ſei ein
Werk der Furcht geweſen, in breiter Linie vor Pellion gelagert,
ohne daſſelbe mit Wall und Graben zu ſchützen, oder auf den Vor-
poſtendienſt die nöthige Sorgfalt zu wenden. Das wußte Alexan-
der; in der dritten Nacht ging er unbemerkt mit den Hypaspiſten,
Agrianern, Bogenſchützen und zweien Diviſionen der Phalanx über
den Fluß, und ließ, ohne die Ankunft der übrigen Kolonnen abzu-
warten, die Bogenſchützen und Agrianer vorrücken; dieſe brachen
an der Seite des Lagers ein, wo am wenigſten Widerſtand mög-
lich war; und die Feinde, aus tiefem Schlafe aufgeſchreckt, ohne
Waffen, ohne Leitung oder Muth zum Widerſtande, wurden in den
Zelten, in der langen Gaſſe des Lagers, auf dem regelloſen Rück-
zuge niedergehauen, viele zu Gefangenen gemacht, den anderen bis
an die Berge der Taulantiner nachgeſetzt; wer entkam, rettete ſich
mit Verluſt ſeiner Waffen. Klitus ſelbſt hatte ſich in die Stadt
geworfen, ſie dann angezündet und ſich unter dem Schutz der bren-
nenden Stadt zu Glaukias in das Taulantinerland geflüchtet 86). —
So wurde die alte Grenze auf dieſer Seite wieder gewonnen, und
den beſiegten Königen, wie es ſcheint, unter der Bedingung der
Friede gegeben, daß ſie die Oberhoheit Alexanders anerkennten, und
beſtimmte Contingente zu ſeinem Heere ſtellten 87).

Man muß behaupten, daß die glückliche Raſchheit in allen
Unternehmungen dieſes Jahres, und namentlich in dem Kriege,
der unter den Mauern von Pellion geführt wurde, eben ſo ſehr in
dem Charakter des jungen Königs begründet, wie von den Zeit-
umſtänden gefordert war; denn während man im Norden noch voll-
auf zu thun hatte, war im Süden eine Bewegung ausgebrochen,
die, wenn ſie nicht ſchnell gedämpft wurde, den großen Plan eines
Perſerzuges noch lange hindern, wenn nicht für immer unmöglich
machen konnte.

Die Griechen hatten zwar mit hochklingenden Dekreten Alexan-
ders Hegemonie anerkannt, und das Bündniß mit ihm auf dem

86) Arrian I. 5. 6.
87) Das Illyriſche Königthum blieb in
der Familie des Bardylis und Klitus noch lange erblich; Illyrier
kommen in Alexanders Heeren vor. Diod. XVII. 8.
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[78/0092] einen Handſtreich auszuführen, der dem Kriege ein ſchnelles Ende machte. Sie hatten ſich, in der Meinung, jener Rückzug ſei ein Werk der Furcht geweſen, in breiter Linie vor Pellion gelagert, ohne daſſelbe mit Wall und Graben zu ſchützen, oder auf den Vor- poſtendienſt die nöthige Sorgfalt zu wenden. Das wußte Alexan- der; in der dritten Nacht ging er unbemerkt mit den Hypaspiſten, Agrianern, Bogenſchützen und zweien Diviſionen der Phalanx über den Fluß, und ließ, ohne die Ankunft der übrigen Kolonnen abzu- warten, die Bogenſchützen und Agrianer vorrücken; dieſe brachen an der Seite des Lagers ein, wo am wenigſten Widerſtand mög- lich war; und die Feinde, aus tiefem Schlafe aufgeſchreckt, ohne Waffen, ohne Leitung oder Muth zum Widerſtande, wurden in den Zelten, in der langen Gaſſe des Lagers, auf dem regelloſen Rück- zuge niedergehauen, viele zu Gefangenen gemacht, den anderen bis an die Berge der Taulantiner nachgeſetzt; wer entkam, rettete ſich mit Verluſt ſeiner Waffen. Klitus ſelbſt hatte ſich in die Stadt geworfen, ſie dann angezündet und ſich unter dem Schutz der bren- nenden Stadt zu Glaukias in das Taulantinerland geflüchtet 86). — So wurde die alte Grenze auf dieſer Seite wieder gewonnen, und den beſiegten Königen, wie es ſcheint, unter der Bedingung der Friede gegeben, daß ſie die Oberhoheit Alexanders anerkennten, und beſtimmte Contingente zu ſeinem Heere ſtellten 87). Man muß behaupten, daß die glückliche Raſchheit in allen Unternehmungen dieſes Jahres, und namentlich in dem Kriege, der unter den Mauern von Pellion geführt wurde, eben ſo ſehr in dem Charakter des jungen Königs begründet, wie von den Zeit- umſtänden gefordert war; denn während man im Norden noch voll- auf zu thun hatte, war im Süden eine Bewegung ausgebrochen, die, wenn ſie nicht ſchnell gedämpft wurde, den großen Plan eines Perſerzuges noch lange hindern, wenn nicht für immer unmöglich machen konnte. Die Griechen hatten zwar mit hochklingenden Dekreten Alexan- ders Hegemonie anerkannt, und das Bündniß mit ihm auf dem 86) Arrian I. 5. 6. 87) Das Illyriſche Königthum blieb in der Familie des Bardylis und Klitus noch lange erblich; Illyrier kommen in Alexanders Heeren vor. Diod. XVII. 8.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/92>, abgerufen am 23.11.2024.