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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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res aus diesem Zwist entstünde." 61) Deshalb sollte Antipater
sein Amt auch keinesweges sofort niederlegen und gen Asien kom-
men 62), sondern die Verwaltung der Europäischen Länder bis zur
Ankunft des Kraterus, die sich bei den langsamen Märschen der
Veteranen über Jahr und Tag hinziehen konnte, ungestört behal-
ten. Die sonderbare Wendung, die gerade jetzt die Hellenischen
Angelegenheiten nahmen, schien überdieß seine Anwesenheit in
Macedonien doppelt nothwendig zu machen.

In Hellas nemlich hatte seit der Niederlage der Spartaner
im Jahre 330 tiefer Friede geherrscht; und eben so reich an au-
ßerordentlichen Thaten jenseits des Hellespontes, wie einförmig
und kleinlich in heimathlichen Dingen, hatten diese fünf Jahre
des Friedens den Gesichtskreis und die Verhältnisse des Helleni-
schen Lebens auf entschiedene Weise umgestaltet. Seitdem Mace-
donien übergroß, und weiterer Widerstand gegen diese Macht, die
letzte Beziehung, die dem öffentlichen Leben Athens und der übri-
gen Staaten Haltung gegeben, unmöglich geworden war, ging auch der
letzte Rest des republikanischen Lebens unter, und die Unterschiede
von politischer Partheiung, wie sie namentlich Athen seit dreißig
Jahren in dem "für oder wider Macedonien" fest gehalten, be-
gannen sich zu verwischen und in Cotterien der Habgier, in Intri-
guenen und Stadtklatschereien, in Persönlichkeiten und Gemeinhei-
ten zu zerfallen. Wenn es im Interesse des Macedonischen König-
thums war, die selbstständige Kraft der Hellenischen Freistaaten
aufzureiben, so hatte Alexander, als er ihnen Freiheit und Selbst-

61) Arrian. VII. 12.
62) Justin. XII. 14. sagt: "Anti-
pater habe vor Kurzem gegen die Führer besiegter Nationen (in
praefectos devictarum nationum
) grausame Strafen verhängt und
deshalb gemeint, der König berufe ihn zur Strafe nach Asien."
Die Verwirrung in dieser Angabe hindert nicht, etwas Wahres
hinter ihr zu vermuthen; es liegt nahe, daß dieselben Völker, ge-
gen welche Zopyrion gekämpft, eben jetzt von Antipater besiegt
worden. Gewiß ist, daß im Frühjahr 323 des Antipater Sohn
zu Alexander kam, um mehrfache Beschwerden gegen seinen Vater
zu entkräften, die von den Betheiligten in Person an den König
gebracht waren.

res aus dieſem Zwiſt entſtuͤnde.“ 61) Deshalb ſollte Antipater
ſein Amt auch keinesweges ſofort niederlegen und gen Aſien kom-
men 62), ſondern die Verwaltung der Europaͤiſchen Laͤnder bis zur
Ankunft des Kraterus, die ſich bei den langſamen Maͤrſchen der
Veteranen uͤber Jahr und Tag hinziehen konnte, ungeſtoͤrt behal-
ten. Die ſonderbare Wendung, die gerade jetzt die Helleniſchen
Angelegenheiten nahmen, ſchien uͤberdieß ſeine Anweſenheit in
Macedonien doppelt nothwendig zu machen.

In Hellas nemlich hatte ſeit der Niederlage der Spartaner
im Jahre 330 tiefer Friede geherrſcht; und eben ſo reich an au-
ßerordentlichen Thaten jenſeits des Hellespontes, wie einfoͤrmig
und kleinlich in heimathlichen Dingen, hatten dieſe fuͤnf Jahre
des Friedens den Geſichtskreis und die Verhaͤltniſſe des Helleni-
ſchen Lebens auf entſchiedene Weiſe umgeſtaltet. Seitdem Mace-
donien uͤbergroß, und weiterer Widerſtand gegen dieſe Macht, die
letzte Beziehung, die dem oͤffentlichen Leben Athens und der uͤbri-
gen Staaten Haltung gegeben, unmoͤglich geworden war, ging auch der
letzte Reſt des republikaniſchen Lebens unter, und die Unterſchiede
von politiſcher Partheiung, wie ſie namentlich Athen ſeit dreißig
Jahren in dem „fuͤr oder wider Macedonien“ feſt gehalten, be-
gannen ſich zu verwiſchen und in Cotterien der Habgier, in Intri-
guenen und Stadtklatſchereien, in Perſoͤnlichkeiten und Gemeinhei-
ten zu zerfallen. Wenn es im Intereſſe des Macedoniſchen Koͤnig-
thums war, die ſelbſtſtaͤndige Kraft der Helleniſchen Freiſtaaten
aufzureiben, ſo hatte Alexander, als er ihnen Freiheit und Selbſt-

61) Arrian. VII. 12.
62) Justin. XII. 14. ſagt: „Anti-
pater habe vor Kurzem gegen die Fuͤhrer beſiegter Nationen (in
praefectos devictarum nationum
) grauſame Strafen verhaͤngt und
deshalb gemeint, der Koͤnig berufe ihn zur Strafe nach Aſien.“
Die Verwirrung in dieſer Angabe hindert nicht, etwas Wahres
hinter ihr zu vermuthen; es liegt nahe, daß dieſelben Voͤlker, ge-
gen welche Zopyrion gekaͤmpft, eben jetzt von Antipater beſiegt
worden. Gewiß iſt, daß im Fruͤhjahr 323 des Antipater Sohn
zu Alexander kam, um mehrfache Beſchwerden gegen ſeinen Vater
zu entkraͤften, die von den Betheiligten in Perſon an den Koͤnig
gebracht waren.
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[521/0535] res aus dieſem Zwiſt entſtuͤnde.“ 61) Deshalb ſollte Antipater ſein Amt auch keinesweges ſofort niederlegen und gen Aſien kom- men 62), ſondern die Verwaltung der Europaͤiſchen Laͤnder bis zur Ankunft des Kraterus, die ſich bei den langſamen Maͤrſchen der Veteranen uͤber Jahr und Tag hinziehen konnte, ungeſtoͤrt behal- ten. Die ſonderbare Wendung, die gerade jetzt die Helleniſchen Angelegenheiten nahmen, ſchien uͤberdieß ſeine Anweſenheit in Macedonien doppelt nothwendig zu machen. In Hellas nemlich hatte ſeit der Niederlage der Spartaner im Jahre 330 tiefer Friede geherrſcht; und eben ſo reich an au- ßerordentlichen Thaten jenſeits des Hellespontes, wie einfoͤrmig und kleinlich in heimathlichen Dingen, hatten dieſe fuͤnf Jahre des Friedens den Geſichtskreis und die Verhaͤltniſſe des Helleni- ſchen Lebens auf entſchiedene Weiſe umgeſtaltet. Seitdem Mace- donien uͤbergroß, und weiterer Widerſtand gegen dieſe Macht, die letzte Beziehung, die dem oͤffentlichen Leben Athens und der uͤbri- gen Staaten Haltung gegeben, unmoͤglich geworden war, ging auch der letzte Reſt des republikaniſchen Lebens unter, und die Unterſchiede von politiſcher Partheiung, wie ſie namentlich Athen ſeit dreißig Jahren in dem „fuͤr oder wider Macedonien“ feſt gehalten, be- gannen ſich zu verwiſchen und in Cotterien der Habgier, in Intri- guenen und Stadtklatſchereien, in Perſoͤnlichkeiten und Gemeinhei- ten zu zerfallen. Wenn es im Intereſſe des Macedoniſchen Koͤnig- thums war, die ſelbſtſtaͤndige Kraft der Helleniſchen Freiſtaaten aufzureiben, ſo hatte Alexander, als er ihnen Freiheit und Selbſt- 61) Arrian. VII. 12. 62) Justin. XII. 14. ſagt: „Anti- pater habe vor Kurzem gegen die Fuͤhrer beſiegter Nationen (in praefectos devictarum nationum) grauſame Strafen verhaͤngt und deshalb gemeint, der Koͤnig berufe ihn zur Strafe nach Aſien.“ Die Verwirrung in dieſer Angabe hindert nicht, etwas Wahres hinter ihr zu vermuthen; es liegt nahe, daß dieſelben Voͤlker, ge- gen welche Zopyrion gekaͤmpft, eben jetzt von Antipater beſiegt worden. Gewiß iſt, daß im Fruͤhjahr 323 des Antipater Sohn zu Alexander kam, um mehrfache Beſchwerden gegen ſeinen Vater zu entkraͤften, die von den Betheiligten in Perſon an den Koͤnig gebracht waren.

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/535>, abgerufen am 22.11.2024.