Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

Bild:
<< vorherige Seite

er noch einmal auf das Heer hinab, wandte sein Angesicht zur
Sonne, und sank auf die Kniee, um anzubeten. Dies war
das Zeichen; es ward Feuer in den Scheiterhaufen geworfen, es
schmetterten die Heertrompeten, es rief das Heer den Schlachtruf
dazu, und die Elephanten erhoben ihre dumpftönenden Stimmen,
als ob sie den sterbenden Büßer ihrer Heimath ehren wollten.
Der aber lag anbetend auf dem Scheiterhaufen und regte sich
nicht, bis die Flammen über ihn zusammenschlugen und ihn den
Blicken entzogen; und viele Indier, die mit hinaus gezogen wa-
ren, sollen sich mit in die Flammen, die den frommen Greis ver-
zehrten, gestürzt haben 41). Dann wurden zur Ehre des Todten
künstlerische und gymnastische Wettkämpfe begonnen und ein festli-
ches Gelag bei dem Könige gefeiert, dem sich ein Wetttrinken
nach Indischem Brauch, wie es Kalanus sterbend gewünscht hatte,
anschloß. Für den Sieger ward ein goldener Kranz von einem
Talent und kleinere Preise für die nächstbesten Trinker bestimmt;
es siegte Promachus, er starb aber schon am vierten Tage darnach
mit mehreren Anderen an den Folgen des zu heftigen Trin-
kens 42).

41) Diese Beschreibung nach Arrian. VII. 3., Aelian V. 6.,
II.
41. und Plutarch c. 69. Andere Notizen bei Philo p. 879.
(ed. Frankf. 1691.) Lucian de morte Pereg. c. 25 et c. 39.
Cicero Tusc. II. 22., de Divin. I.
23. und andere Autoren ent-
halten Unwesentliches oder Irriges.
42) So Chares von Mi-
tylene bei Athen. X. p. 437., Plutarch Alex. c. 69. und Aelian. II.
41. Ueber den Ort der ganzen Feierlichkeit weichen die Angaben
von einander ab; Strabo XV. p. 300. scheint Pasargadä zu mei-
nen; dieses ist unmöglich, da Nearch mit Ptolemäus bei dem
Scheiterhaufen den Befehl hatte (Arrian. VII. 3.). Aelian. V. 6
sagt, der Scheiterhaufen sei in der schönsten Vorstadt von Babylon
errichtet worden; dieses ist eben so unrichtig, da Alexander erst ein
Jahr später nach Babylon kam, Kalanus aber im Persischen Lande,
wie Arrian sagt, oder bestimmter in Pasargadä nach Strabo er-
krankte und kurze Zeit darauf (Plutarch) den Scheiterhaufen wählte.
Nur in Susa waren die Elephanten, die mit Hephästion zogen,
und Nearch nebst dem Schiffsheere zusammen, und nur da kann die

er noch einmal auf das Heer hinab, wandte ſein Angeſicht zur
Sonne, und ſank auf die Kniee, um anzubeten. Dies war
das Zeichen; es ward Feuer in den Scheiterhaufen geworfen, es
ſchmetterten die Heertrompeten, es rief das Heer den Schlachtruf
dazu, und die Elephanten erhoben ihre dumpftoͤnenden Stimmen,
als ob ſie den ſterbenden Buͤßer ihrer Heimath ehren wollten.
Der aber lag anbetend auf dem Scheiterhaufen und regte ſich
nicht, bis die Flammen uͤber ihn zuſammenſchlugen und ihn den
Blicken entzogen; und viele Indier, die mit hinaus gezogen wa-
ren, ſollen ſich mit in die Flammen, die den frommen Greis ver-
zehrten, geſtuͤrzt haben 41). Dann wurden zur Ehre des Todten
kuͤnſtleriſche und gymnaſtiſche Wettkaͤmpfe begonnen und ein feſtli-
ches Gelag bei dem Koͤnige gefeiert, dem ſich ein Wetttrinken
nach Indiſchem Brauch, wie es Kalanus ſterbend gewuͤnſcht hatte,
anſchloß. Fuͤr den Sieger ward ein goldener Kranz von einem
Talent und kleinere Preiſe fuͤr die naͤchſtbeſten Trinker beſtimmt;
es ſiegte Promachus, er ſtarb aber ſchon am vierten Tage darnach
mit mehreren Anderen an den Folgen des zu heftigen Trin-
kens 42).

41) Dieſe Beſchreibung nach Arrian. VII. 3., Aelian V. 6.,
II.
41. und Plutarch c. 69. Andere Notizen bei Philo p. 879.
(ed. Frankf. 1691.) Lucian de morte Pereg. c. 25 et c. 39.
Cicero Tusc. II. 22., de Divin. I.
23. und andere Autoren ent-
halten Unweſentliches oder Irriges.
42) So Chares von Mi-
tylene bei Athen. X. p. 437., Plutarch Alex. c. 69. und Aelian. II.
41. Ueber den Ort der ganzen Feierlichkeit weichen die Angaben
von einander ab; Strabo XV. p. 300. ſcheint Paſargadaͤ zu mei-
nen; dieſes iſt unmoͤglich, da Nearch mit Ptolemaͤus bei dem
Scheiterhaufen den Befehl hatte (Arrian. VII. 3.). Aelian. V. 6
ſagt, der Scheiterhaufen ſei in der ſchoͤnſten Vorſtadt von Babylon
errichtet worden; dieſes iſt eben ſo unrichtig, da Alexander erſt ein
Jahr ſpaͤter nach Babylon kam, Kalanus aber im Perſiſchen Lande,
wie Arrian ſagt, oder beſtimmter in Paſargadaͤ nach Strabo er-
krankte und kurze Zeit darauf (Plutarch) den Scheiterhaufen waͤhlte.
Nur in Suſa waren die Elephanten, die mit Hephaͤſtion zogen,
und Nearch nebſt dem Schiffsheere zuſammen, und nur da kann die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0517" n="503"/>
er noch einmal auf das Heer hinab, wandte &#x017F;ein Ange&#x017F;icht zur<lb/>
Sonne, und &#x017F;ank auf die Kniee, um anzubeten. Dies war<lb/>
das Zeichen; es ward Feuer in den Scheiterhaufen geworfen, es<lb/>
&#x017F;chmetterten die Heertrompeten, es rief das Heer den Schlachtruf<lb/>
dazu, und die Elephanten erhoben ihre dumpfto&#x0364;nenden Stimmen,<lb/>
als ob &#x017F;ie den &#x017F;terbenden Bu&#x0364;ßer ihrer Heimath ehren wollten.<lb/>
Der aber lag anbetend auf dem Scheiterhaufen und regte &#x017F;ich<lb/>
nicht, bis die Flammen u&#x0364;ber ihn zu&#x017F;ammen&#x017F;chlugen und ihn den<lb/>
Blicken entzogen; und viele Indier, die mit hinaus gezogen wa-<lb/>
ren, &#x017F;ollen &#x017F;ich mit in die Flammen, die den frommen Greis ver-<lb/>
zehrten, ge&#x017F;tu&#x0364;rzt haben <note place="foot" n="41)">Die&#x017F;e Be&#x017F;chreibung nach <hi rendition="#aq">Arrian. VII. 3., Aelian V. 6.,<lb/>
II.</hi> 41. und <hi rendition="#aq">Plutarch c.</hi> 69. Andere Notizen bei <hi rendition="#aq">Philo p. 879.<lb/>
(ed. Frankf. 1691.) Lucian de morte Pereg. c. 25 et c. 39.<lb/>
Cicero Tusc. II. 22., de Divin. I.</hi> 23. und andere Autoren ent-<lb/>
halten Unwe&#x017F;entliches oder Irriges.</note>. Dann wurden zur Ehre des Todten<lb/>
ku&#x0364;n&#x017F;tleri&#x017F;che und gymna&#x017F;ti&#x017F;che Wettka&#x0364;mpfe begonnen und ein fe&#x017F;tli-<lb/>
ches Gelag bei dem Ko&#x0364;nige gefeiert, dem &#x017F;ich ein Wetttrinken<lb/>
nach Indi&#x017F;chem Brauch, wie es Kalanus &#x017F;terbend gewu&#x0364;n&#x017F;cht hatte,<lb/>
an&#x017F;chloß. Fu&#x0364;r den Sieger ward ein goldener Kranz von einem<lb/>
Talent und kleinere Prei&#x017F;e fu&#x0364;r die na&#x0364;ch&#x017F;tbe&#x017F;ten Trinker be&#x017F;timmt;<lb/>
es &#x017F;iegte Promachus, er &#x017F;tarb aber &#x017F;chon am vierten Tage darnach<lb/>
mit mehreren Anderen an den Folgen des zu heftigen Trin-<lb/>
kens <note xml:id="note-0517" next="#note-0518" place="foot" n="42)">So Chares von Mi-<lb/>
tylene bei <hi rendition="#aq">Athen. X. p. 437., Plutarch Alex. c.</hi> 69. und <hi rendition="#aq">Aelian. II.</hi><lb/>
41. Ueber den Ort der ganzen Feierlichkeit weichen die Angaben<lb/>
von einander ab; <hi rendition="#aq">Strabo XV. p.</hi> 300. &#x017F;cheint Pa&#x017F;argada&#x0364; zu mei-<lb/>
nen; die&#x017F;es i&#x017F;t unmo&#x0364;glich, da Nearch mit Ptolema&#x0364;us bei dem<lb/>
Scheiterhaufen den Befehl hatte <hi rendition="#aq">(Arrian. VII. 3.). Aelian. V.</hi> 6<lb/>
&#x017F;agt, der Scheiterhaufen &#x017F;ei in der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Vor&#x017F;tadt von Babylon<lb/>
errichtet worden; die&#x017F;es i&#x017F;t eben &#x017F;o unrichtig, da Alexander er&#x017F;t ein<lb/>
Jahr &#x017F;pa&#x0364;ter nach Babylon kam, Kalanus aber im Per&#x017F;i&#x017F;chen Lande,<lb/>
wie Arrian &#x017F;agt, oder be&#x017F;timmter in Pa&#x017F;argada&#x0364; nach Strabo er-<lb/>
krankte und kurze Zeit darauf (Plutarch) den Scheiterhaufen wa&#x0364;hlte.<lb/>
Nur in Su&#x017F;a waren die Elephanten, die mit Hepha&#x0364;&#x017F;tion zogen,<lb/>
und Nearch neb&#x017F;t dem Schiffsheere zu&#x017F;ammen, und nur da kann die</note>.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[503/0517] er noch einmal auf das Heer hinab, wandte ſein Angeſicht zur Sonne, und ſank auf die Kniee, um anzubeten. Dies war das Zeichen; es ward Feuer in den Scheiterhaufen geworfen, es ſchmetterten die Heertrompeten, es rief das Heer den Schlachtruf dazu, und die Elephanten erhoben ihre dumpftoͤnenden Stimmen, als ob ſie den ſterbenden Buͤßer ihrer Heimath ehren wollten. Der aber lag anbetend auf dem Scheiterhaufen und regte ſich nicht, bis die Flammen uͤber ihn zuſammenſchlugen und ihn den Blicken entzogen; und viele Indier, die mit hinaus gezogen wa- ren, ſollen ſich mit in die Flammen, die den frommen Greis ver- zehrten, geſtuͤrzt haben 41). Dann wurden zur Ehre des Todten kuͤnſtleriſche und gymnaſtiſche Wettkaͤmpfe begonnen und ein feſtli- ches Gelag bei dem Koͤnige gefeiert, dem ſich ein Wetttrinken nach Indiſchem Brauch, wie es Kalanus ſterbend gewuͤnſcht hatte, anſchloß. Fuͤr den Sieger ward ein goldener Kranz von einem Talent und kleinere Preiſe fuͤr die naͤchſtbeſten Trinker beſtimmt; es ſiegte Promachus, er ſtarb aber ſchon am vierten Tage darnach mit mehreren Anderen an den Folgen des zu heftigen Trin- kens 42). 41) Dieſe Beſchreibung nach Arrian. VII. 3., Aelian V. 6., II. 41. und Plutarch c. 69. Andere Notizen bei Philo p. 879. (ed. Frankf. 1691.) Lucian de morte Pereg. c. 25 et c. 39. Cicero Tusc. II. 22., de Divin. I. 23. und andere Autoren ent- halten Unweſentliches oder Irriges. 42) So Chares von Mi- tylene bei Athen. X. p. 437., Plutarch Alex. c. 69. und Aelian. II. 41. Ueber den Ort der ganzen Feierlichkeit weichen die Angaben von einander ab; Strabo XV. p. 300. ſcheint Paſargadaͤ zu mei- nen; dieſes iſt unmoͤglich, da Nearch mit Ptolemaͤus bei dem Scheiterhaufen den Befehl hatte (Arrian. VII. 3.). Aelian. V. 6 ſagt, der Scheiterhaufen ſei in der ſchoͤnſten Vorſtadt von Babylon errichtet worden; dieſes iſt eben ſo unrichtig, da Alexander erſt ein Jahr ſpaͤter nach Babylon kam, Kalanus aber im Perſiſchen Lande, wie Arrian ſagt, oder beſtimmter in Paſargadaͤ nach Strabo er- krankte und kurze Zeit darauf (Plutarch) den Scheiterhaufen waͤhlte. Nur in Suſa waren die Elephanten, die mit Hephaͤſtion zogen, und Nearch nebſt dem Schiffsheere zuſammen, und nur da kann die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/517
Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/517>, abgerufen am 24.06.2024.