Befehl, mit ihren Heeren zur Unterdrückung dieses Aufstandes aus- zurücken. Um dieselbe Zeit kam eine Gesandtschaft des Fürsten Porus von Gandaritis, eines Großneffen des besiegten Porus, der es sich zum Verdienst anrechnen zu wollen schien, seinen fürstli- chen Verwandten und Beschützer nicht gegen Alexander unterstützt zu haben, und die Gelegenheit günstig hielt, sich durch Unterwür- figkeit gegen Alexander des lästigen Verhältnisses gegen den grei- sen Verwandten frei zu machen; wie aber mußten die Gesandten erstaunen, als sie denselben Fürsten, den sie wenigstens in Ketten und Banden zu seines Siegers Füßen zu sehen erwartet hatten, in höchsten Ehren und in dem vollen Besitz seines ehemaligen Reiches an Alexanders Seite sahen; es mochte nicht die günstigste Antwort sein, die sie von Seiten des hochherzigen Königs ihrem Fürsten zu überbringen erhielten. Freundlicher wurden die Huldi- gungen einiger freien Städte des Gebirges, die deren Gesandt- schaften mit reichen Geschenken überbrachten, entgegengenommen; sie unterwarfen sich freiwillig einem Könige, vor dessen macht sich der mächtigste Fürst des Fünfstromlandes hatte beugen müssen 53).
Desto nothwendiger war es, die noch übrigen freien Stämme dieser Gegend durch die Gewalt der Waffen zu unterwerfen; es kam dazu, daß Abisares, trotz seines offenbaren Abfalls, und viel- leicht im Vertrauen auf die von Gebirgen geschützte Lage seines Fürstenthums, weder Gesandte geschickt, noch irgend etwas gethan hatte, um sich bei Alexandern zu rechtfertigen; ein Zug in das Gebirgsland sollte die Bergstämme unterwerfen und zugleich den treulosen Fürsten an seine Gefahr und Pflicht erinnern. Deshalb brach Alexander nach einer dreißigtägigen Rast von den Ufern des Hydaspes auf, indem er Kraterus mit dem größten Theile des Heeres zurückließ, um den Bau der beiden Städte zu vollenden. Von den Fürsten Taxiles und Porus begleitet, mit der Hälfte der Macedonischen Ritterschaft, mit Auserwählten von jeder Abthei- lung des Fußvolks, mit dem größten Theile der leichten Truppen, zu denen eben jetzt der Satrap Phrataphernes von Parthien und Hyr- kanien eine bedeutende Zahl Thracier zugeführt hatte, zog Alex-
53)Arrian l. c.
Befehl, mit ihren Heeren zur Unterdruͤckung dieſes Aufſtandes aus- zuruͤcken. Um dieſelbe Zeit kam eine Geſandtſchaft des Fuͤrſten Porus von Gandaritis, eines Großneffen des beſiegten Porus, der es ſich zum Verdienſt anrechnen zu wollen ſchien, ſeinen fuͤrſtli- chen Verwandten und Beſchuͤtzer nicht gegen Alexander unterſtuͤtzt zu haben, und die Gelegenheit guͤnſtig hielt, ſich durch Unterwuͤr- figkeit gegen Alexander des laͤſtigen Verhaͤltniſſes gegen den grei- ſen Verwandten frei zu machen; wie aber mußten die Geſandten erſtaunen, als ſie denſelben Fuͤrſten, den ſie wenigſtens in Ketten und Banden zu ſeines Siegers Fuͤßen zu ſehen erwartet hatten, in hoͤchſten Ehren und in dem vollen Beſitz ſeines ehemaligen Reiches an Alexanders Seite ſahen; es mochte nicht die guͤnſtigſte Antwort ſein, die ſie von Seiten des hochherzigen Koͤnigs ihrem Fuͤrſten zu uͤberbringen erhielten. Freundlicher wurden die Huldi- gungen einiger freien Staͤdte des Gebirges, die deren Geſandt- ſchaften mit reichen Geſchenken uͤberbrachten, entgegengenommen; ſie unterwarfen ſich freiwillig einem Koͤnige, vor deſſen macht ſich der maͤchtigſte Fuͤrſt des Fuͤnfſtromlandes hatte beugen muͤſſen 53).
Deſto nothwendiger war es, die noch uͤbrigen freien Staͤmme dieſer Gegend durch die Gewalt der Waffen zu unterwerfen; es kam dazu, daß Abiſares, trotz ſeines offenbaren Abfalls, und viel- leicht im Vertrauen auf die von Gebirgen geſchuͤtzte Lage ſeines Fuͤrſtenthums, weder Geſandte geſchickt, noch irgend etwas gethan hatte, um ſich bei Alexandern zu rechtfertigen; ein Zug in das Gebirgsland ſollte die Bergſtaͤmme unterwerfen und zugleich den treuloſen Fuͤrſten an ſeine Gefahr und Pflicht erinnern. Deshalb brach Alexander nach einer dreißigtaͤgigen Raſt von den Ufern des Hydaspes auf, indem er Kraterus mit dem groͤßten Theile des Heeres zuruͤckließ, um den Bau der beiden Staͤdte zu vollenden. Von den Fuͤrſten Taxiles und Porus begleitet, mit der Haͤlfte der Macedoniſchen Ritterſchaft, mit Auserwaͤhlten von jeder Abthei- lung des Fußvolks, mit dem groͤßten Theile der leichten Truppen, zu denen eben jetzt der Satrap Phrataphernes von Parthien und Hyr- kanien eine bedeutende Zahl Thracier zugefuͤhrt hatte, zog Alex-
53)Arrian l. c.
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Befehl, mit ihren Heeren zur Unterdruͤckung dieſes Aufſtandes aus-
zuruͤcken. Um dieſelbe Zeit kam eine Geſandtſchaft des Fuͤrſten
Porus von Gandaritis, eines Großneffen des beſiegten Porus,
der es ſich zum Verdienſt anrechnen zu wollen ſchien, ſeinen fuͤrſtli-
chen Verwandten und Beſchuͤtzer nicht gegen Alexander unterſtuͤtzt
zu haben, und die Gelegenheit guͤnſtig hielt, ſich durch Unterwuͤr-
figkeit gegen Alexander des laͤſtigen Verhaͤltniſſes gegen den grei-
ſen Verwandten frei zu machen; wie aber mußten die Geſandten
erſtaunen, als ſie denſelben Fuͤrſten, den ſie wenigſtens in Ketten
und Banden zu ſeines Siegers Fuͤßen zu ſehen erwartet hatten,
in hoͤchſten Ehren und in dem vollen Beſitz ſeines ehemaligen
Reiches an Alexanders Seite ſahen; es mochte nicht die guͤnſtigſte
Antwort ſein, die ſie von Seiten des hochherzigen Koͤnigs ihrem
Fuͤrſten zu uͤberbringen erhielten. Freundlicher wurden die Huldi-
gungen einiger freien Staͤdte des Gebirges, die deren Geſandt-
ſchaften mit reichen Geſchenken uͤberbrachten, entgegengenommen; ſie
unterwarfen ſich freiwillig einem Koͤnige, vor deſſen macht ſich
der maͤchtigſte Fuͤrſt des Fuͤnfſtromlandes hatte beugen muͤſſen 53).
Deſto nothwendiger war es, die noch uͤbrigen freien Staͤmme
dieſer Gegend durch die Gewalt der Waffen zu unterwerfen; es
kam dazu, daß Abiſares, trotz ſeines offenbaren Abfalls, und viel-
leicht im Vertrauen auf die von Gebirgen geſchuͤtzte Lage ſeines
Fuͤrſtenthums, weder Geſandte geſchickt, noch irgend etwas gethan
hatte, um ſich bei Alexandern zu rechtfertigen; ein Zug in das
Gebirgsland ſollte die Bergſtaͤmme unterwerfen und zugleich den
treuloſen Fuͤrſten an ſeine Gefahr und Pflicht erinnern. Deshalb
brach Alexander nach einer dreißigtaͤgigen Raſt von den Ufern des
Hydaspes auf, indem er Kraterus mit dem groͤßten Theile des
Heeres zuruͤckließ, um den Bau der beiden Staͤdte zu vollenden.
Von den Fuͤrſten Taxiles und Porus begleitet, mit der Haͤlfte der
Macedoniſchen Ritterſchaft, mit Auserwaͤhlten von jeder Abthei-
lung des Fußvolks, mit dem groͤßten Theile der leichten Truppen,
zu denen eben jetzt der Satrap Phrataphernes von Parthien und Hyr-
kanien eine bedeutende Zahl Thracier zugefuͤhrt hatte, zog Alex-
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/418>, abgerufen am 22.11.2024.
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