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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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Thronhimmel die Huldigungen empfing, und der treue Korinthier
Demaratus sprach, daß die Hellenen, die vor diesem Tage gestor-
ben, der höchsten Wonne entbehrten 54), da war der Macedoni-
sche König nicht mehr ein Feind Asiens oder ein glücklicher Wi-
dersacher des Persischen Namens, sondern Herr und Großkönig
über Asien und Erbe der Herrschaft, die zuletzt in der Perser Hän-
den gewesen. So sah er es selbst an; er ehrte das Gedächtniß
der Könige, die das Reich gegründet, er ehrte das Grab des gro-
ßen Cyrus, und ließ es schmücken und wohl behüten 55). Er ließ
dem Tiridates die Aufsicht in den Pallästen von Persepolis, er gab
dem edlen Phrassaortes, dem Sohne des Feldherrn Rheomithres,
der bei Issus gefallen war, die Satrapie Persiens; er zog selbst,
es war im strengsten Winter, gegen die räuberischen Bewohner der
nahen Gebirge aus, um das Land für immer gegen ihre Einfälle
zu sichern. Es waren namentlich die Mardier 56) in den südli-

54) Plut. 37. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Alexander
hier eine solenne Königsweihe gefeiert hat, und daß in dem Zu-
sammenhange dieser Feierlichkeit der Brand des Pallastes selbst die
oben angedeutete Beziehung hatte. Curt. V. 2. 14. scheint die
Thronbesteigung nach Susa zu verlegen.
55) Strabo XV. p. 321.
56) Von diesem Zuge berichtet nur Curtius mit Ausführlichkeit, be-
gnügt sich aber mit einigen pittoresken Uebertreibungen, so daß man
weder die Richtung noch den Gang der Unternehmung erkennt; er
setzt sie vor dem Brande in Persepolis und sub ipsum Vergiliarum
tempus;
der Frühuntergang der Plejaden ist im November, der Spät-
untergang Anfang April, der Frühaufgang im Mai, der Spätaufgang
im September; die einzige Zeit, die passen könnte, wäre der Spätun-
tergang im April; aber auch dies scheint schon zu spät und würde den
Anfang der Frühlingszeit bezeichnen, statt daß Curtius diese Bezeich-
nung der Plejaden erdichtet zu haben scheint, um mit beliebter Phrase die
Winterlichkeit, die er schildern will, anschaulich zu machen. Von der-
selben Unternehmung sagt Diod. XVII. p. 73: nach dem Brande habe
Alexander die übrigen Städte Persiens angegriffen, und die einen
mit Güte, die anderen mit Gewalt genommen. Arrian. Ind. 40.
sagt, daß alle diese räuberischen Bergvölker, die Uxier, Mardier, Kossäer,
in Winterzeit, wo sie sich in ihren Bergen am sichersten geglaubt, besiegt
seien. Es scheint, daß die Sitze dieser Mardier in den südlichen Bergen von
Persis waren, da die westlichen von den Uxiern, die nördlichen von
den Kossäern besetzt waren; es kommt dazu, daß Hamdulla (bei Ou-

Thronhimmel die Huldigungen empfing, und der treue Korinthier
Demaratus ſprach, daß die Hellenen, die vor dieſem Tage geſtor-
ben, der höchſten Wonne entbehrten 54), da war der Macedoni-
ſche König nicht mehr ein Feind Aſiens oder ein glücklicher Wi-
derſacher des Perſiſchen Namens, ſondern Herr und Großkönig
über Aſien und Erbe der Herrſchaft, die zuletzt in der Perſer Hän-
den geweſen. So ſah er es ſelbſt an; er ehrte das Gedächtniß
der Könige, die das Reich gegründet, er ehrte das Grab des gro-
ßen Cyrus, und ließ es ſchmücken und wohl behüten 55). Er ließ
dem Tiridates die Aufſicht in den Palläſten von Perſepolis, er gab
dem edlen Phraſſaortes, dem Sohne des Feldherrn Rheomithres,
der bei Iſſus gefallen war, die Satrapie Perſiens; er zog ſelbſt,
es war im ſtrengſten Winter, gegen die räuberiſchen Bewohner der
nahen Gebirge aus, um das Land für immer gegen ihre Einfälle
zu ſichern. Es waren namentlich die Mardier 56) in den ſüdli-

54) Plut. 37. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß Alexander
hier eine ſolenne Königsweihe gefeiert hat, und daß in dem Zu-
ſammenhange dieſer Feierlichkeit der Brand des Pallaſtes ſelbſt die
oben angedeutete Beziehung hatte. Curt. V. 2. 14. ſcheint die
Thronbeſteigung nach Suſa zu verlegen.
55) Strabo XV. p. 321.
56) Von dieſem Zuge berichtet nur Curtius mit Ausführlichkeit, be-
gnügt ſich aber mit einigen pittoresken Uebertreibungen, ſo daß man
weder die Richtung noch den Gang der Unternehmung erkennt; er
ſetzt ſie vor dem Brande in Perſepolis und sub ipsum Vergiliarum
tempus;
der Frühuntergang der Plejaden iſt im November, der Spät-
untergang Anfang April, der Frühaufgang im Mai, der Spätaufgang
im September; die einzige Zeit, die paſſen könnte, wäre der Spätun-
tergang im April; aber auch dies ſcheint ſchon zu ſpät und würde den
Anfang der Frühlingszeit bezeichnen, ſtatt daß Curtius dieſe Bezeich-
nung der Plejaden erdichtet zu haben ſcheint, um mit beliebter Phraſe die
Winterlichkeit, die er ſchildern will, anſchaulich zu machen. Von der-
ſelben Unternehmung ſagt Diod. XVII. p. 73: nach dem Brande habe
Alexander die übrigen Städte Perſiens angegriffen, und die einen
mit Güte, die anderen mit Gewalt genommen. Arrian. Ind. 40.
ſagt, daß alle dieſe räuberiſchen Bergvölker, die Uxier, Mardier, Koſſäer,
in Winterzeit, wo ſie ſich in ihren Bergen am ſicherſten geglaubt, beſiegt
ſeien. Es ſcheint, daß die Sitze dieſer Mardier in den ſüdlichen Bergen von
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[249/0263] Thronhimmel die Huldigungen empfing, und der treue Korinthier Demaratus ſprach, daß die Hellenen, die vor dieſem Tage geſtor- ben, der höchſten Wonne entbehrten 54), da war der Macedoni- ſche König nicht mehr ein Feind Aſiens oder ein glücklicher Wi- derſacher des Perſiſchen Namens, ſondern Herr und Großkönig über Aſien und Erbe der Herrſchaft, die zuletzt in der Perſer Hän- den geweſen. So ſah er es ſelbſt an; er ehrte das Gedächtniß der Könige, die das Reich gegründet, er ehrte das Grab des gro- ßen Cyrus, und ließ es ſchmücken und wohl behüten 55). Er ließ dem Tiridates die Aufſicht in den Palläſten von Perſepolis, er gab dem edlen Phraſſaortes, dem Sohne des Feldherrn Rheomithres, der bei Iſſus gefallen war, die Satrapie Perſiens; er zog ſelbſt, es war im ſtrengſten Winter, gegen die räuberiſchen Bewohner der nahen Gebirge aus, um das Land für immer gegen ihre Einfälle zu ſichern. Es waren namentlich die Mardier 56) in den ſüdli- 54) Plut. 37. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß Alexander hier eine ſolenne Königsweihe gefeiert hat, und daß in dem Zu- ſammenhange dieſer Feierlichkeit der Brand des Pallaſtes ſelbſt die oben angedeutete Beziehung hatte. Curt. V. 2. 14. ſcheint die Thronbeſteigung nach Suſa zu verlegen. 55) Strabo XV. p. 321. 56) Von dieſem Zuge berichtet nur Curtius mit Ausführlichkeit, be- gnügt ſich aber mit einigen pittoresken Uebertreibungen, ſo daß man weder die Richtung noch den Gang der Unternehmung erkennt; er ſetzt ſie vor dem Brande in Perſepolis und sub ipsum Vergiliarum tempus; der Frühuntergang der Plejaden iſt im November, der Spät- untergang Anfang April, der Frühaufgang im Mai, der Spätaufgang im September; die einzige Zeit, die paſſen könnte, wäre der Spätun- tergang im April; aber auch dies ſcheint ſchon zu ſpät und würde den Anfang der Frühlingszeit bezeichnen, ſtatt daß Curtius dieſe Bezeich- nung der Plejaden erdichtet zu haben ſcheint, um mit beliebter Phraſe die Winterlichkeit, die er ſchildern will, anſchaulich zu machen. Von der- ſelben Unternehmung ſagt Diod. XVII. p. 73: nach dem Brande habe Alexander die übrigen Städte Perſiens angegriffen, und die einen mit Güte, die anderen mit Gewalt genommen. Arrian. Ind. 40. ſagt, daß alle dieſe räuberiſchen Bergvölker, die Uxier, Mardier, Koſſäer, in Winterzeit, wo ſie ſich in ihren Bergen am ſicherſten geglaubt, beſiegt ſeien. Es ſcheint, daß die Sitze dieſer Mardier in den ſüdlichen Bergen von Perſis waren, da die weſtlichen von den Uxiern, die nördlichen von den Koſſäern beſetzt waren; es kommt dazu, daß Hamdulla (bei Ou-

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/263>, abgerufen am 28.03.2024.