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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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seine Palläste und sein Grab gebaut, zwischen den Monumenten
höchster irdischer Pracht ein einfaches Felsenhaus, bei dem fromme
Magier jeden Tag opferten und beteten. Ein Felsenweg voll
Skulpturen und Grotten führt südwärts in das schöne Thal von
Persepolis; Darius, des Hystaspis Sohn, der zuerst Erde und
Wasser gefordert von den Hellenen, der Ordner des Persischen
Reiches hatte hier seinen Pallast, seinen Säulenhof und sein Grab
gebaut; von vielen seiner Nachfolger war mit neuen Prachtgebäu-
den, mit Jagdrevieren und Paradiesen, mit Pallästen und Königs-
gräbern das Felsenthal des Bundemir erfüllt; die Königspforte
der tausend Säulen, der stolze Felsenbau auf dreifacher Terrasse,
die lagernden Riesenbilder am Eingange, ein Riesenplan von Ge-
bäuden der höchsten Pracht und feierlichsten Größe schmückten die-
sen heiligen Bezirk, den die Völker Asiens ehrten als die Wiege
des Achämenidengeschlechtes, als den Ort der Königsweihe und der
Huldigungen, als die Grabstätte des Persischen Fürstenhauses, als
Heerd und Mittelpunkt des einst so mächtigen Reiches. Dies
Reich war jetzt gestürzt; Alexander saß auf dem Throne desselben
Xerxes, der einst so stolz auf der Düne des Salaminischen Stran-
des gethront, dessen frevelnde Hand die Tempel der Hellenischen
Götter niedergebrannt und die theuern Gräber zerstört hatte; der
Rächer der Hellenen war jetzt mit dem Rechte des Siegers in
Xerxes Pallast; es schien die Zeit gekommen, altes Unrecht zu rä-
chen und die Götter und die Todten im Hades zu versöhnen; hier
an diesem Heerde der Persischen Herrlichkeit sollte das Recht der
Vergeltung geübt und die alte Schuld gesühnt werden. In dem
Hochgefühle des Rächers der Hellenischen Geschichte, des Siegers
über Xerxes Reich gebot Alexander, den Feuerbrand in das Cedern-
getäfel des Königspallastes zu werfen; er hörte nicht Parmenions
Warnung, des schönen Gebäudes, seines Eigenthumes, zu schonen,
nicht die Perser zu kränken in den Denkmälern ihrer einstigen
Größe und Herrlichkeit. Der König antwortete: "ich will die Per-
ser strafen für den Brand Athens und für den Frevel an den Helleni-
schen Tempeln, ich will alle das Unheil rächen, das sie über Hel-
las gebracht" 52). So brannte ein Theil des Pallastes von Per-

52) Klitarch, der Segur Alexanders, der mit außerordentlichem

ſeine Palläſte und ſein Grab gebaut, zwiſchen den Monumenten
höchſter irdiſcher Pracht ein einfaches Felſenhaus, bei dem fromme
Magier jeden Tag opferten und beteten. Ein Felſenweg voll
Skulpturen und Grotten führt ſüdwärts in das ſchöne Thal von
Perſepolis; Darius, des Hyſtaspis Sohn, der zuerſt Erde und
Waſſer gefordert von den Hellenen, der Ordner des Perſiſchen
Reiches hatte hier ſeinen Pallaſt, ſeinen Säulenhof und ſein Grab
gebaut; von vielen ſeiner Nachfolger war mit neuen Prachtgebäu-
den, mit Jagdrevieren und Paradieſen, mit Palläſten und Königs-
gräbern das Felſenthal des Bundemir erfüllt; die Königspforte
der tauſend Säulen, der ſtolze Felſenbau auf dreifacher Terraſſe,
die lagernden Rieſenbilder am Eingange, ein Rieſenplan von Ge-
bäuden der höchſten Pracht und feierlichſten Größe ſchmückten die-
ſen heiligen Bezirk, den die Völker Aſiens ehrten als die Wiege
des Achämenidengeſchlechtes, als den Ort der Königsweihe und der
Huldigungen, als die Grabſtätte des Perſiſchen Fürſtenhauſes, als
Heerd und Mittelpunkt des einſt ſo mächtigen Reiches. Dies
Reich war jetzt geſtürzt; Alexander ſaß auf dem Throne deſſelben
Xerxes, der einſt ſo ſtolz auf der Düne des Salaminiſchen Stran-
des gethront, deſſen frevelnde Hand die Tempel der Helleniſchen
Götter niedergebrannt und die theuern Gräber zerſtört hatte; der
Rächer der Hellenen war jetzt mit dem Rechte des Siegers in
Xerxes Pallaſt; es ſchien die Zeit gekommen, altes Unrecht zu rä-
chen und die Götter und die Todten im Hades zu verſöhnen; hier
an dieſem Heerde der Perſiſchen Herrlichkeit ſollte das Recht der
Vergeltung geübt und die alte Schuld geſühnt werden. In dem
Hochgefühle des Rächers der Helleniſchen Geſchichte, des Siegers
über Xerxes Reich gebot Alexander, den Feuerbrand in das Cedern-
getäfel des Königspallaſtes zu werfen; er hörte nicht Parmenions
Warnung, des ſchönen Gebäudes, ſeines Eigenthumes, zu ſchonen,
nicht die Perſer zu kränken in den Denkmälern ihrer einſtigen
Größe und Herrlichkeit. Der König antwortete: „ich will die Per-
ſer ſtrafen für den Brand Athens und für den Frevel an den Helleni-
ſchen Tempeln, ich will alle das Unheil rächen, das ſie über Hel-
las gebracht“ 52). So brannte ein Theil des Pallaſtes von Per-

52) Klitarch, der Segur Alexanders, der mit außerordentlichem
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[247/0261] ſeine Palläſte und ſein Grab gebaut, zwiſchen den Monumenten höchſter irdiſcher Pracht ein einfaches Felſenhaus, bei dem fromme Magier jeden Tag opferten und beteten. Ein Felſenweg voll Skulpturen und Grotten führt ſüdwärts in das ſchöne Thal von Perſepolis; Darius, des Hyſtaspis Sohn, der zuerſt Erde und Waſſer gefordert von den Hellenen, der Ordner des Perſiſchen Reiches hatte hier ſeinen Pallaſt, ſeinen Säulenhof und ſein Grab gebaut; von vielen ſeiner Nachfolger war mit neuen Prachtgebäu- den, mit Jagdrevieren und Paradieſen, mit Palläſten und Königs- gräbern das Felſenthal des Bundemir erfüllt; die Königspforte der tauſend Säulen, der ſtolze Felſenbau auf dreifacher Terraſſe, die lagernden Rieſenbilder am Eingange, ein Rieſenplan von Ge- bäuden der höchſten Pracht und feierlichſten Größe ſchmückten die- ſen heiligen Bezirk, den die Völker Aſiens ehrten als die Wiege des Achämenidengeſchlechtes, als den Ort der Königsweihe und der Huldigungen, als die Grabſtätte des Perſiſchen Fürſtenhauſes, als Heerd und Mittelpunkt des einſt ſo mächtigen Reiches. Dies Reich war jetzt geſtürzt; Alexander ſaß auf dem Throne deſſelben Xerxes, der einſt ſo ſtolz auf der Düne des Salaminiſchen Stran- des gethront, deſſen frevelnde Hand die Tempel der Helleniſchen Götter niedergebrannt und die theuern Gräber zerſtört hatte; der Rächer der Hellenen war jetzt mit dem Rechte des Siegers in Xerxes Pallaſt; es ſchien die Zeit gekommen, altes Unrecht zu rä- chen und die Götter und die Todten im Hades zu verſöhnen; hier an dieſem Heerde der Perſiſchen Herrlichkeit ſollte das Recht der Vergeltung geübt und die alte Schuld geſühnt werden. In dem Hochgefühle des Rächers der Helleniſchen Geſchichte, des Siegers über Xerxes Reich gebot Alexander, den Feuerbrand in das Cedern- getäfel des Königspallaſtes zu werfen; er hörte nicht Parmenions Warnung, des ſchönen Gebäudes, ſeines Eigenthumes, zu ſchonen, nicht die Perſer zu kränken in den Denkmälern ihrer einſtigen Größe und Herrlichkeit. Der König antwortete: „ich will die Per- ſer ſtrafen für den Brand Athens und für den Frevel an den Helleni- ſchen Tempeln, ich will alle das Unheil rächen, das ſie über Hel- las gebracht“ 52). So brannte ein Theil des Pallaſtes von Per- 52) Klitarch, der Segur Alexanders, der mit außerordentlichem

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/261>, abgerufen am 25.11.2024.