Tyrus ein. Die kurze Zeit, die der König hier verweilte, verging unter großen und prächtigen Festlichkeiten nach Hellenischem Brauch; zu den Opfern, die im Tyrustempel auf die großartigste Weise ge- feiert wurden, hielt das Heer Wettkämpfe aller Art; die berühm- testen Schauspieler Griechenlands waren berufen, um diese Tage zu verherrlichen, und die Cyprischen Könige, die nach Griechischer Sitte die Chöre stellten und schmückten, wetteiferten an Pracht und Geschmack mit einander 16). Dann lief das heilige Schiff der Athener, die Paralos, die stets nur in heiligen oder höchst wichti- gen Angelegenheiten gesendet wurde, in den Hafen der Stadt ein; die Gesandten, die sie brachte, kamen dem Könige Glück zu wün- schen und die unverbrüchlichste Treue ihrer Vaterstadt zu versichern, eine Aufmerksamkeit, die Alexander mit der Freilassung der am Granikus Gefangenen ehrte. Zugleich unterrichtet von den Bewe- gungen im Peloponnes, die neuerdings von den Lacedämoniern be- gonnen waren, und von der Anhänglichkeit, welche die meisten Land- schaften der Halbinsel für die Macedonische Sache zeigten, trug er dem Admiral Amphoterus, der zur Zeit bei Kreta stationirte, auf, den treuen Peloponnesiern zu Hülfe zu eilen, und befahl zugleich den Cypriern und Phöniciern, hundert Schiffe ihm nach dem Pe- loponnes nachzusenden. Zu gleicher Zeit wurden einige Verände- rungen in der Verwaltung der bisher unterworfenen Länder vorge- nommen 17), namentlich nach Lydien hin an die Stelle Asanders, der auf Werbung nach Griechenland ging, der Magnesier Menan- der gesendet, an dessen Stelle Klearchos den Befehl über die frem- den Völker erhielt, und die Statthalterschaft Syriens von Mem- non, der nicht mit der gehörigen Sorgfalt für die Bedürfnisse des durch seine Provinz ziehenden Heeres gesorgt hatte, auf Asklepio- dor übertragen, zugleich diesem der unmittelbare Befehl über das Land des Jordan, dessen bisheriger Befehlshaber Andromachus von den Samaritanern erschlagen worden war, und die Bestrafung der Sama- ritaner aufgetragen 18). Endlich wurde die Finanzverwaltung der unterworfenen Länder von der Kriegskasse, in welche bisher die Abgaben unmittelbar eingezahlt wurden, in der Art gesondert, daß
16)Plut. Alex. 29; cf. Grysar de Gr. trag. Demosth. aet. p. 29.
17)Arrian. III. 6.
18)Curt. IV. 5. 10; 8. 10.
Tyrus ein. Die kurze Zeit, die der König hier verweilte, verging unter großen und prächtigen Feſtlichkeiten nach Helleniſchem Brauch; zu den Opfern, die im Tyrustempel auf die großartigſte Weiſe ge- feiert wurden, hielt das Heer Wettkämpfe aller Art; die berühm- teſten Schauſpieler Griechenlands waren berufen, um dieſe Tage zu verherrlichen, und die Cypriſchen Könige, die nach Griechiſcher Sitte die Chöre ſtellten und ſchmückten, wetteiferten an Pracht und Geſchmack mit einander 16). Dann lief das heilige Schiff der Athener, die Paralos, die ſtets nur in heiligen oder höchſt wichti- gen Angelegenheiten geſendet wurde, in den Hafen der Stadt ein; die Geſandten, die ſie brachte, kamen dem Könige Glück zu wün- ſchen und die unverbrüchlichſte Treue ihrer Vaterſtadt zu verſichern, eine Aufmerkſamkeit, die Alexander mit der Freilaſſung der am Granikus Gefangenen ehrte. Zugleich unterrichtet von den Bewe- gungen im Peloponnes, die neuerdings von den Lacedämoniern be- gonnen waren, und von der Anhänglichkeit, welche die meiſten Land- ſchaften der Halbinſel für die Macedoniſche Sache zeigten, trug er dem Admiral Amphoterus, der zur Zeit bei Kreta ſtationirte, auf, den treuen Peloponneſiern zu Hülfe zu eilen, und befahl zugleich den Cypriern und Phöniciern, hundert Schiffe ihm nach dem Pe- loponnes nachzuſenden. Zu gleicher Zeit wurden einige Verände- rungen in der Verwaltung der bisher unterworfenen Länder vorge- nommen 17), namentlich nach Lydien hin an die Stelle Aſanders, der auf Werbung nach Griechenland ging, der Magneſier Menan- der geſendet, an deſſen Stelle Klearchos den Befehl über die frem- den Völker erhielt, und die Statthalterſchaft Syriens von Mem- non, der nicht mit der gehörigen Sorgfalt für die Bedürfniſſe des durch ſeine Provinz ziehenden Heeres geſorgt hatte, auf Asklepio- dor übertragen, zugleich dieſem der unmittelbare Befehl über das Land des Jordan, deſſen bisheriger Befehlshaber Andromachus von den Samaritanern erſchlagen worden war, und die Beſtrafung der Sama- ritaner aufgetragen 18). Endlich wurde die Finanzverwaltung der unterworfenen Länder von der Kriegskaſſe, in welche bisher die Abgaben unmittelbar eingezahlt wurden, in der Art geſondert, daß
16)Plut. Alex. 29; cf. Grysar de Gr. trag. Demosth. aet. p. 29.
17)Arrian. III. 6.
18)Curt. IV. 5. 10; 8. 10.
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Tyrus ein. Die kurze Zeit, die der König hier verweilte, verging
unter großen und prächtigen Feſtlichkeiten nach Helleniſchem Brauch;
zu den Opfern, die im Tyrustempel auf die großartigſte Weiſe ge-
feiert wurden, hielt das Heer Wettkämpfe aller Art; die berühm-
teſten Schauſpieler Griechenlands waren berufen, um dieſe Tage
zu verherrlichen, und die Cypriſchen Könige, die nach Griechiſcher
Sitte die Chöre ſtellten und ſchmückten, wetteiferten an Pracht und
Geſchmack mit einander 16). Dann lief das heilige Schiff der
Athener, die Paralos, die ſtets nur in heiligen oder höchſt wichti-
gen Angelegenheiten geſendet wurde, in den Hafen der Stadt ein;
die Geſandten, die ſie brachte, kamen dem Könige Glück zu wün-
ſchen und die unverbrüchlichſte Treue ihrer Vaterſtadt zu verſichern,
eine Aufmerkſamkeit, die Alexander mit der Freilaſſung der am
Granikus Gefangenen ehrte. Zugleich unterrichtet von den Bewe-
gungen im Peloponnes, die neuerdings von den Lacedämoniern be-
gonnen waren, und von der Anhänglichkeit, welche die meiſten Land-
ſchaften der Halbinſel für die Macedoniſche Sache zeigten, trug er
dem Admiral Amphoterus, der zur Zeit bei Kreta ſtationirte, auf,
den treuen Peloponneſiern zu Hülfe zu eilen, und befahl zugleich
den Cypriern und Phöniciern, hundert Schiffe ihm nach dem Pe-
loponnes nachzuſenden. Zu gleicher Zeit wurden einige Verände-
rungen in der Verwaltung der bisher unterworfenen Länder vorge-
nommen 17), namentlich nach Lydien hin an die Stelle Aſanders,
der auf Werbung nach Griechenland ging, der Magneſier Menan-
der geſendet, an deſſen Stelle Klearchos den Befehl über die frem-
den Völker erhielt, und die Statthalterſchaft Syriens von Mem-
non, der nicht mit der gehörigen Sorgfalt für die Bedürfniſſe des
durch ſeine Provinz ziehenden Heeres geſorgt hatte, auf Asklepio-
dor übertragen, zugleich dieſem der unmittelbare Befehl über das
Land des Jordan, deſſen bisheriger Befehlshaber Andromachus von den
Samaritanern erſchlagen worden war, und die Beſtrafung der Sama-
ritaner aufgetragen 18). Endlich wurde die Finanzverwaltung der
unterworfenen Länder von der Kriegskaſſe, in welche bisher die
Abgaben unmittelbar eingezahlt wurden, in der Art geſondert, daß
16) Plut. Alex. 29; cf. Grysar de Gr. trag. Demosth. aet. p.
29.
17) Arrian. III. 6.
18) Curt. IV. 5. 10; 8. 10.
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/231>, abgerufen am 24.11.2024.
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