wie es Alexander wünschen mochte. Er begann damit, die mächtig- sten seiner Maschinenschiffe gegen die Mauer anrücken und arbeiten zu lassen, während zwei andere Schiffe, das eine mit den Hypas- pisten Admets unter des Königs Führung, das andere mit Frei- willigen aus der Phalanx Könus bemannt, bereit lagen, um, so- bald die Bresche groß genug sei, zum Sturm anzulegen; zu gleicher Zeit ließ er sämmtliche Schiffe in See gehen, einen Theil der Trieren sich vor die Häfen legen, um während des Sturmes vielleicht die Hafenketten zu sprengen und in die Bassins einzudringen; alle anderen Schiffe, welche Bogenschützen, Schleuderer, Ballisten, Kata- pulten, Sturmblöcke oder Aehnliches an Bord hatten, vertheilten sich rings um die Insel, mit dem Befehl, entweder wo es irgend möglich wäre zu landen, oder innerhalb Schußweite unter der Mauer zu ankern und die Tyrier von allen Seiten so zu be- schießen, daß sie, unschlüssig, wo am meisten Gefahr oder Schutz sei, desto leichter dem Sturme erlägen. Die Maschinen begannen zu arbeiten, von allen Seiten flogen Geschosse und Steine gegen die Zinnen, an allen Punkten schien die Stadt gefährdet, als plötzlich der Theil der Mauer, auf den es Alexander abgesehen hatte, zer- trümmert zusammenstürzte und eine ansehnliche Bresche öffnete. Sogleich legten die beiden Fahrzeuge mit Bewaffneten an der Stelle der Maschinenschiffe bei, die Fallbrücken wurden hinabgelas- sen, die Hypaspisten drangen vor, Admet war der Erste auf der Mauer, der Erste, der fiel; mit doppelter Wuth, Alexander voran, stürzten die Getreuen nach, bald waren die Tyrier aus der Bre- sche verdrängt, bald ein Thurm und ein zweiter erobert, die Mauer besetzt, der Weg nach der Königsburg frei, der gegenüber eine breite Straße in die Stadt hinab führte. Während dessen waren die Phönicischen Schiffe in den Südhafen, dessen Sperrketten sie gesprengt hatten, eingedrungen, und hatten die dort liegenden Schiffe theils in den Grund gebohrt, theils auf das Ufer getrieben; eben so waren die Cyprischen Schiffe in den Nordhafen eingelaufen und hatten bereits das Bollwerk und die nächsten Punkte der Stadt besetzt, während Alexander mit den Hypaspisten und der Schaar des Könus bereits von der Mauer hinabstürmte. Die Tyrier hatten sich von der Mauer zurückgezogen, sich vor dem Agenorium gesam- melt, und erwarteten dort die von allen Seiten heranrückenden
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wie es Alexander wünſchen mochte. Er begann damit, die mächtig- ſten ſeiner Maſchinenſchiffe gegen die Mauer anrücken und arbeiten zu laſſen, während zwei andere Schiffe, das eine mit den Hypas- piſten Admets unter des Königs Führung, das andere mit Frei- willigen aus der Phalanx Könus bemannt, bereit lagen, um, ſo- bald die Breſche groß genug ſei, zum Sturm anzulegen; zu gleicher Zeit ließ er ſämmtliche Schiffe in See gehen, einen Theil der Trieren ſich vor die Häfen legen, um während des Sturmes vielleicht die Hafenketten zu ſprengen und in die Baſſins einzudringen; alle anderen Schiffe, welche Bogenſchützen, Schleuderer, Balliſten, Kata- pulten, Sturmblöcke oder Aehnliches an Bord hatten, vertheilten ſich rings um die Inſel, mit dem Befehl, entweder wo es irgend möglich wäre zu landen, oder innerhalb Schußweite unter der Mauer zu ankern und die Tyrier von allen Seiten ſo zu be- ſchießen, daß ſie, unſchlüſſig, wo am meiſten Gefahr oder Schutz ſei, deſto leichter dem Sturme erlägen. Die Maſchinen begannen zu arbeiten, von allen Seiten flogen Geſchoſſe und Steine gegen die Zinnen, an allen Punkten ſchien die Stadt gefährdet, als plötzlich der Theil der Mauer, auf den es Alexander abgeſehen hatte, zer- trümmert zuſammenſtürzte und eine anſehnliche Breſche öffnete. Sogleich legten die beiden Fahrzeuge mit Bewaffneten an der Stelle der Maſchinenſchiffe bei, die Fallbrücken wurden hinabgelaſ- ſen, die Hypaspiſten drangen vor, Admet war der Erſte auf der Mauer, der Erſte, der fiel; mit doppelter Wuth, Alexander voran, ſtürzten die Getreuen nach, bald waren die Tyrier aus der Bre- ſche verdrängt, bald ein Thurm und ein zweiter erobert, die Mauer beſetzt, der Weg nach der Königsburg frei, der gegenüber eine breite Straße in die Stadt hinab führte. Während deſſen waren die Phöniciſchen Schiffe in den Südhafen, deſſen Sperrketten ſie geſprengt hatten, eingedrungen, und hatten die dort liegenden Schiffe theils in den Grund gebohrt, theils auf das Ufer getrieben; eben ſo waren die Cypriſchen Schiffe in den Nordhafen eingelaufen und hatten bereits das Bollwerk und die nächſten Punkte der Stadt beſetzt, während Alexander mit den Hypaspiſten und der Schaar des Könus bereits von der Mauer hinabſtürmte. Die Tyrier hatten ſich von der Mauer zurückgezogen, ſich vor dem Agenorium geſam- melt, und erwarteten dort die von allen Seiten heranrückenden
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wie es Alexander wünſchen mochte. Er begann damit, die mächtig-
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piſten Admets unter des Königs Führung, das andere mit Frei-
willigen aus der Phalanx Könus bemannt, bereit lagen, um, ſo-
bald die Breſche groß genug ſei, zum Sturm anzulegen; zu gleicher
Zeit ließ er ſämmtliche Schiffe in See gehen, einen Theil der
Trieren ſich vor die Häfen legen, um während des Sturmes vielleicht
die Hafenketten zu ſprengen und in die Baſſins einzudringen; alle
anderen Schiffe, welche Bogenſchützen, Schleuderer, Balliſten, Kata-
pulten, Sturmblöcke oder Aehnliches an Bord hatten, vertheilten
ſich rings um die Inſel, mit dem Befehl, entweder wo es
irgend möglich wäre zu landen, oder innerhalb Schußweite unter
der Mauer zu ankern und die Tyrier von allen Seiten ſo zu be-
ſchießen, daß ſie, unſchlüſſig, wo am meiſten Gefahr oder Schutz ſei,
deſto leichter dem Sturme erlägen. Die Maſchinen begannen zu
arbeiten, von allen Seiten flogen Geſchoſſe und Steine gegen die
Zinnen, an allen Punkten ſchien die Stadt gefährdet, als plötzlich
der Theil der Mauer, auf den es Alexander abgeſehen hatte, zer-
trümmert zuſammenſtürzte und eine anſehnliche Breſche öffnete.
Sogleich legten die beiden Fahrzeuge mit Bewaffneten an der
Stelle der Maſchinenſchiffe bei, die Fallbrücken wurden hinabgelaſ-
ſen, die Hypaspiſten drangen vor, Admet war der Erſte auf der
Mauer, der Erſte, der fiel; mit doppelter Wuth, Alexander voran,
ſtürzten die Getreuen nach, bald waren die Tyrier aus der Bre-
ſche verdrängt, bald ein Thurm und ein zweiter erobert, die Mauer
beſetzt, der Weg nach der Königsburg frei, der gegenüber eine
breite Straße in die Stadt hinab führte. Während deſſen waren
die Phöniciſchen Schiffe in den Südhafen, deſſen Sperrketten ſie
geſprengt hatten, eingedrungen, und hatten die dort liegenden Schiffe
theils in den Grund gebohrt, theils auf das Ufer getrieben; eben
ſo waren die Cypriſchen Schiffe in den Nordhafen eingelaufen und
hatten bereits das Bollwerk und die nächſten Punkte der Stadt
beſetzt, während Alexander mit den Hypaspiſten und der Schaar
des Könus bereits von der Mauer hinabſtürmte. Die Tyrier hatten
ſich von der Mauer zurückgezogen, ſich vor dem Agenorium geſam-
melt, und erwarteten dort die von allen Seiten heranrückenden
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/207>, abgerufen am 24.11.2024.
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