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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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bemerkt aus dem Hafen gesegelt ruderten sie, sobald sie den auf
der Nordseite stationirten und fast ganz unbewachten Schiffen der
Cyprischen Fürsten nahe kamen, mit lautem Schlachtruf auf die-
selben los, bohrten mehrere in den Grund, jagten die übrigen auf
den Strand und begannen sie zu zertrümmern. Indeß hatte Ale-
xander, der diesen Tag früher als gewöhnlich zu seinen Schiffen
auf der Südseite zurückgekommen war und sehr bald die Bewe-
gung vor dem Hafen jenseits der Stadt bemerkt hatte, schleunigst
seine Schiffe bemannt, den größten Theil derselben unmittelbar vor
dem Südhafen auffahren lassen, um einem Ausfall der Tyrier von
dieser Seite zuvorzukommen, und war dann mit fünf Trieren und
allen Fünfruderern seines Geschwaders um die Insel herumgesteuert,
den bereits siegreichen Tyriern entgegen. Von der Mauer der
Stadt aus gewahrte man sehr bald Alexanders Nahen; mit lautem
Geschrei, mit Zeichen jeder Art suchte man den Schiffen die Ge-
fahr kund zu thun und sie zum Rückzuge zu bewegen; über den
Lärm des anhaltenden Gefechtes bemerkten es die Kämpfenden nicht
eher, als bis das feindliche Geschwader sie fast schon erreicht hatte;
schnell warfen die Tyrischen Schiffe herum und ruderten in der
größten Eile dem Hafen zu, den aber nur wenige wohlbehalten er-
reichten; die meisten wurden in den Grund gebohrt oder so beschä-
digt, daß sie für künftigen Seedienst unbrauchbar waren, und ein
Fünfruderer und einige Vierruderer dicht vor der Münde von
Alexander genommen, während sich die Mannschaft durch Schwim-
men rettete.

Dieser Ausgang des Tages war für Tyrus Schicksal entschei-
dend; die Tyrische Flotte, von der See gänzlich verdrängt, lag
fortan nutzlos in den Häfen, die von den Macedonischen Schiffen
auf das strengste bewacht, Tyrischer Seits durch Sperrketten vor
einem Ueberfalle gesichert wurden. Die Maschinen legten an den
Mauern an, ohne daß ihnen die Tyrier anders als von den Zin-
nen herab entgegen arbeiten konnten; es begann das letzte Stadium
einer Belagerung, die, von beiden Seiten mit dem größesten Auf-
wand von Kraft, mechanischer Kunst und außerordentlichen Entwür-
fen geführt, Alles übertraf, was bisher in dieser Art von Griechen
und Barbaren unternommen war; und während die Tyrier, deren
Maschinen- und Kriegsbauwesen das ausgebildetste der damaligen

bemerkt aus dem Hafen geſegelt ruderten ſie, ſobald ſie den auf
der Nordſeite ſtationirten und faſt ganz unbewachten Schiffen der
Cypriſchen Fürſten nahe kamen, mit lautem Schlachtruf auf die-
ſelben los, bohrten mehrere in den Grund, jagten die übrigen auf
den Strand und begannen ſie zu zertrümmern. Indeß hatte Ale-
xander, der dieſen Tag früher als gewöhnlich zu ſeinen Schiffen
auf der Südſeite zurückgekommen war und ſehr bald die Bewe-
gung vor dem Hafen jenſeits der Stadt bemerkt hatte, ſchleunigſt
ſeine Schiffe bemannt, den größten Theil derſelben unmittelbar vor
dem Südhafen auffahren laſſen, um einem Ausfall der Tyrier von
dieſer Seite zuvorzukommen, und war dann mit fünf Trieren und
allen Fünfruderern ſeines Geſchwaders um die Inſel herumgeſteuert,
den bereits ſiegreichen Tyriern entgegen. Von der Mauer der
Stadt aus gewahrte man ſehr bald Alexanders Nahen; mit lautem
Geſchrei, mit Zeichen jeder Art ſuchte man den Schiffen die Ge-
fahr kund zu thun und ſie zum Rückzuge zu bewegen; über den
Lärm des anhaltenden Gefechtes bemerkten es die Kämpfenden nicht
eher, als bis das feindliche Geſchwader ſie faſt ſchon erreicht hatte;
ſchnell warfen die Tyriſchen Schiffe herum und ruderten in der
größten Eile dem Hafen zu, den aber nur wenige wohlbehalten er-
reichten; die meiſten wurden in den Grund gebohrt oder ſo beſchä-
digt, daß ſie für künftigen Seedienſt unbrauchbar waren, und ein
Fünfruderer und einige Vierruderer dicht vor der Münde von
Alexander genommen, während ſich die Mannſchaft durch Schwim-
men rettete.

Dieſer Ausgang des Tages war für Tyrus Schickſal entſchei-
dend; die Tyriſche Flotte, von der See gänzlich verdrängt, lag
fortan nutzlos in den Häfen, die von den Macedoniſchen Schiffen
auf das ſtrengſte bewacht, Tyriſcher Seits durch Sperrketten vor
einem Ueberfalle geſichert wurden. Die Maſchinen legten an den
Mauern an, ohne daß ihnen die Tyrier anders als von den Zin-
nen herab entgegen arbeiten konnten; es begann das letzte Stadium
einer Belagerung, die, von beiden Seiten mit dem größeſten Auf-
wand von Kraft, mechaniſcher Kunſt und außerordentlichen Entwür-
fen geführt, Alles übertraf, was bisher in dieſer Art von Griechen
und Barbaren unternommen war; und während die Tyrier, deren
Maſchinen- und Kriegsbauweſen das ausgebildetſte der damaligen

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[191/0205] bemerkt aus dem Hafen geſegelt ruderten ſie, ſobald ſie den auf der Nordſeite ſtationirten und faſt ganz unbewachten Schiffen der Cypriſchen Fürſten nahe kamen, mit lautem Schlachtruf auf die- ſelben los, bohrten mehrere in den Grund, jagten die übrigen auf den Strand und begannen ſie zu zertrümmern. Indeß hatte Ale- xander, der dieſen Tag früher als gewöhnlich zu ſeinen Schiffen auf der Südſeite zurückgekommen war und ſehr bald die Bewe- gung vor dem Hafen jenſeits der Stadt bemerkt hatte, ſchleunigſt ſeine Schiffe bemannt, den größten Theil derſelben unmittelbar vor dem Südhafen auffahren laſſen, um einem Ausfall der Tyrier von dieſer Seite zuvorzukommen, und war dann mit fünf Trieren und allen Fünfruderern ſeines Geſchwaders um die Inſel herumgeſteuert, den bereits ſiegreichen Tyriern entgegen. Von der Mauer der Stadt aus gewahrte man ſehr bald Alexanders Nahen; mit lautem Geſchrei, mit Zeichen jeder Art ſuchte man den Schiffen die Ge- fahr kund zu thun und ſie zum Rückzuge zu bewegen; über den Lärm des anhaltenden Gefechtes bemerkten es die Kämpfenden nicht eher, als bis das feindliche Geſchwader ſie faſt ſchon erreicht hatte; ſchnell warfen die Tyriſchen Schiffe herum und ruderten in der größten Eile dem Hafen zu, den aber nur wenige wohlbehalten er- reichten; die meiſten wurden in den Grund gebohrt oder ſo beſchä- digt, daß ſie für künftigen Seedienſt unbrauchbar waren, und ein Fünfruderer und einige Vierruderer dicht vor der Münde von Alexander genommen, während ſich die Mannſchaft durch Schwim- men rettete. Dieſer Ausgang des Tages war für Tyrus Schickſal entſchei- dend; die Tyriſche Flotte, von der See gänzlich verdrängt, lag fortan nutzlos in den Häfen, die von den Macedoniſchen Schiffen auf das ſtrengſte bewacht, Tyriſcher Seits durch Sperrketten vor einem Ueberfalle geſichert wurden. Die Maſchinen legten an den Mauern an, ohne daß ihnen die Tyrier anders als von den Zin- nen herab entgegen arbeiten konnten; es begann das letzte Stadium einer Belagerung, die, von beiden Seiten mit dem größeſten Auf- wand von Kraft, mechaniſcher Kunſt und außerordentlichen Entwür- fen geführt, Alles übertraf, was bisher in dieſer Art von Griechen und Barbaren unternommen war; und während die Tyrier, deren Maſchinen- und Kriegsbauweſen das ausgebildetſte der damaligen

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/205>, abgerufen am 24.11.2024.