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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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"sondern brachest sogar mit Heeresmacht in Unser Land Asien ein,
"und schufest den Persern vieles und mannichfaches Unglück. Des-
"halb zogen Wir selbst mit Unseren Völkern hinab, Unsere Lande zu
"beschützen und das Reich Unserer Väter zu bewahren. Die
"Schlacht hat entschieden, wie es den Göttern gefiel. Jetzt aber
"fordern Wir als König von Dir dem Könige Unsere Gemahlin,
"Unsere Mutter und Kinder, die sich in Deinen Händen befinden,
"zurück; Wir sind geneigt, mit Dir Freundschaft zu schließen und
"verbündet zu sein. Imgleichen fordern Wir Dich auf, mit Mi-
"niskus und Arsimas, Unseren Botschaftern, Bevollmächtigte an
"Uns zu senden, die Deine Zusicherungen an Uns bringen und die
"Unsrigen entgegennehmen mögen."

Auf dieses Schreiben und die anderweitigen mündlichen An-
träge der königlichen Botschafter antwortete Alexander in einem
Schreiben, das er seinem Gesandten Thersippus, welcher mit den
Persischen Botschaftern an den Hof des Darius abging, an den
König abzugeben befahl, ohne sich auf weitere mündliche Unterhand-
lungen einzulassen. Das Schreiben lautete folgendermaßen:

"Eure Vorfahren sind nach Macedonien und in das übrige
"Griechenland gekommen, und haben, ohne den geringsten Anlaß
"Griechischer Seits, mannichfaches Unglück über uns gebracht. Ich,
"zum Feldherrn der Griechen erwählt, und entschlossen, die Perser
"entgelten zu lassen, was sie an uns gethan, bin nach Asien hin-
"übergegangen, nachdem Ihr neuerdings Veranlassung zum Kriege
"gegeben habt. Denn die Perinthier, die meinen Vater beleidiget
"hatten, habt Ihr unterstützt, und nach Thracien, über das wir
"herrschen, sandte Ochus ein Heer; mein Vater ist unter den Hän-
"den von Meuchelmördern, die, wie Ihr selbst auch in Briefen an
"Jedermann erwähnt habt, von Euch angestiftet wurden, umgekom-
"men; mit Bagoas gemeinschaftlich hast Du den König Arses er-
"mordet, und Dir den Persischen Thron unrechtmäßiger Weise,
"nicht nach dem Herkommen der Perser, sondern mit Verletzung
"ihrer heiligsten Rechte angemaßet; hast in Beziehung auf mich
"Briefe, die nichts weniger als freundschaftlich waren, den Helle-
"nen, um sie zum Kriege gegen mich aufzureizen, zukommen lassen;
"hast an die Spartaner und andere Griechen Geld gesendet, das
"wenigstens von jenen angenommen ist; hast endlich durch Deine

„ſondern bracheſt ſogar mit Heeresmacht in Unſer Land Aſien ein,
„und ſchufeſt den Perſern vieles und mannichfaches Unglück. Des-
„halb zogen Wir ſelbſt mit Unſeren Völkern hinab, Unſere Lande zu
„beſchützen und das Reich Unſerer Väter zu bewahren. Die
„Schlacht hat entſchieden, wie es den Göttern gefiel. Jetzt aber
„fordern Wir als König von Dir dem Könige Unſere Gemahlin,
„Unſere Mutter und Kinder, die ſich in Deinen Händen befinden,
„zurück; Wir ſind geneigt, mit Dir Freundſchaft zu ſchließen und
„verbündet zu ſein. Imgleichen fordern Wir Dich auf, mit Mi-
„niskus und Arſimas, Unſeren Botſchaftern, Bevollmächtigte an
„Uns zu ſenden, die Deine Zuſicherungen an Uns bringen und die
„Unſrigen entgegennehmen mögen.“

Auf dieſes Schreiben und die anderweitigen mündlichen An-
träge der königlichen Botſchafter antwortete Alexander in einem
Schreiben, das er ſeinem Geſandten Therſippus, welcher mit den
Perſiſchen Botſchaftern an den Hof des Darius abging, an den
König abzugeben befahl, ohne ſich auf weitere mündliche Unterhand-
lungen einzulaſſen. Das Schreiben lautete folgendermaßen:

„Eure Vorfahren ſind nach Macedonien und in das übrige
„Griechenland gekommen, und haben, ohne den geringſten Anlaß
„Griechiſcher Seits, mannichfaches Unglück über uns gebracht. Ich,
„zum Feldherrn der Griechen erwählt, und entſchloſſen, die Perſer
„entgelten zu laſſen, was ſie an uns gethan, bin nach Aſien hin-
„übergegangen, nachdem Ihr neuerdings Veranlaſſung zum Kriege
„gegeben habt. Denn die Perinthier, die meinen Vater beleidiget
„hatten, habt Ihr unterſtützt, und nach Thracien, über das wir
„herrſchen, ſandte Ochus ein Heer; mein Vater iſt unter den Hän-
„den von Meuchelmördern, die, wie Ihr ſelbſt auch in Briefen an
„Jedermann erwähnt habt, von Euch angeſtiftet wurden, umgekom-
„men; mit Bagoas gemeinſchaftlich haſt Du den König Arſes er-
„mordet, und Dir den Perſiſchen Thron unrechtmäßiger Weiſe,
„nicht nach dem Herkommen der Perſer, ſondern mit Verletzung
„ihrer heiligſten Rechte angemaßet; haſt in Beziehung auf mich
„Briefe, die nichts weniger als freundſchaftlich waren, den Helle-
„nen, um ſie zum Kriege gegen mich aufzureizen, zukommen laſſen;
„haſt an die Spartaner und andere Griechen Geld geſendet, das
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[175/0189] „ſondern bracheſt ſogar mit Heeresmacht in Unſer Land Aſien ein, „und ſchufeſt den Perſern vieles und mannichfaches Unglück. Des- „halb zogen Wir ſelbſt mit Unſeren Völkern hinab, Unſere Lande zu „beſchützen und das Reich Unſerer Väter zu bewahren. Die „Schlacht hat entſchieden, wie es den Göttern gefiel. Jetzt aber „fordern Wir als König von Dir dem Könige Unſere Gemahlin, „Unſere Mutter und Kinder, die ſich in Deinen Händen befinden, „zurück; Wir ſind geneigt, mit Dir Freundſchaft zu ſchließen und „verbündet zu ſein. Imgleichen fordern Wir Dich auf, mit Mi- „niskus und Arſimas, Unſeren Botſchaftern, Bevollmächtigte an „Uns zu ſenden, die Deine Zuſicherungen an Uns bringen und die „Unſrigen entgegennehmen mögen.“ Auf dieſes Schreiben und die anderweitigen mündlichen An- träge der königlichen Botſchafter antwortete Alexander in einem Schreiben, das er ſeinem Geſandten Therſippus, welcher mit den Perſiſchen Botſchaftern an den Hof des Darius abging, an den König abzugeben befahl, ohne ſich auf weitere mündliche Unterhand- lungen einzulaſſen. Das Schreiben lautete folgendermaßen: „Eure Vorfahren ſind nach Macedonien und in das übrige „Griechenland gekommen, und haben, ohne den geringſten Anlaß „Griechiſcher Seits, mannichfaches Unglück über uns gebracht. Ich, „zum Feldherrn der Griechen erwählt, und entſchloſſen, die Perſer „entgelten zu laſſen, was ſie an uns gethan, bin nach Aſien hin- „übergegangen, nachdem Ihr neuerdings Veranlaſſung zum Kriege „gegeben habt. Denn die Perinthier, die meinen Vater beleidiget „hatten, habt Ihr unterſtützt, und nach Thracien, über das wir „herrſchen, ſandte Ochus ein Heer; mein Vater iſt unter den Hän- „den von Meuchelmördern, die, wie Ihr ſelbſt auch in Briefen an „Jedermann erwähnt habt, von Euch angeſtiftet wurden, umgekom- „men; mit Bagoas gemeinſchaftlich haſt Du den König Arſes er- „mordet, und Dir den Perſiſchen Thron unrechtmäßiger Weiſe, „nicht nach dem Herkommen der Perſer, ſondern mit Verletzung „ihrer heiligſten Rechte angemaßet; haſt in Beziehung auf mich „Briefe, die nichts weniger als freundſchaftlich waren, den Helle- „nen, um ſie zum Kriege gegen mich aufzureizen, zukommen laſſen; „haſt an die Spartaner und andere Griechen Geld geſendet, das „wenigſtens von jenen angenommen iſt; haſt endlich durch Deine

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/189>, abgerufen am 22.11.2024.