Die Beute, die man machte, war außer dem üppigen Prunke des Lagers und den kostbaren Waffen der Persischen Großen, an Geld und Geldeswerth nicht bedeutend, da die Schätze, die Feld- geräthschaften, die Hofhaltungen des Königs und der Satrapen nach Damaskus gesendet waren. Von desto größerer Bedeutung war es, daß die Königin Mutter Sisygambis, die Gemahlin des Darius und deren Kinder mit dem Lager, in dem sie über die Verwirrung der Flucht vergessen waren, in des Siegers Hände fielen. Als Alexander, vom Verfolgen zurückgekehrt, mit seinen Generalen im Zelte des Darius zu Nacht aß, hörte er das Weh- klagen und Jammern weiblicher Stimmen in der Nähe und erfuhr, daß es die königlichen Frauen seien, die Darius für todt hielten, weil sie gesehen, wie sein Wagen, sein Bogen und Königsmantel im Triumph durch das Lager gebracht war; sogleich sandte Alexan- der einen seiner Getreuen an sie, mit der Versicherung: Darius lebe, sie aber hätten nichts zu fürchten, er sei weder ihr noch Da- rius persönlicher Feind, es handele sich im ehrlichen Kampf um Asiens Besitz, er werde ihren Rang und ihr Unglück zu ehren wis- sen. Und in der That suchte er auf jede Weise sein königliches Wort zu halten; nicht allein, daß sie die Schonung genossen, die dem Unglück gebührt, auch die Ehrerbietung, an die sie in den Ta- gen des Glückes gewöhnt waren, wurde ihnen nach wie vor gezollt, ihr Hofstaat ihnen gelassen und mit vielleicht größerem Aufwande als früher ausgestattet; Alexander wollte sie nicht als Kriegsgefan- gene, sondern als Königinnen gehalten, er wollte den Unterschied von Griechen und Barbaren vor der Majestät des Königthums verschwinden sehen; zum ersten Male offenbarte sich deutlich, wie er sein Verhältniß zu Persien zu gestalten dachte. Unter gleichen Verhältnissen hätten die Athener und Spartaner ihren Haß oder ihre Habgier das Schicksal der feindlichen Fürstinnen bestimmen lassen; Alexanders Benehmen war eben so sehr das Zeugniß einer feineren Bildung und umfassenderen Staatskunst, wie eine Aeuße-
rus und somit die Linie der Perser ist entschieden südwestlich. Die Entfernung der Amanischen Thore vom Schlachtfelde kann man auf zwei Meilen angeben. Für die Lokalität ist zu vergleichen Kinneir p. 153 sqq.
Die Beute, die man machte, war außer dem üppigen Prunke des Lagers und den koſtbaren Waffen der Perſiſchen Großen, an Geld und Geldeswerth nicht bedeutend, da die Schätze, die Feld- geräthſchaften, die Hofhaltungen des Königs und der Satrapen nach Damaskus geſendet waren. Von deſto größerer Bedeutung war es, daß die Königin Mutter Siſygambis, die Gemahlin des Darius und deren Kinder mit dem Lager, in dem ſie über die Verwirrung der Flucht vergeſſen waren, in des Siegers Hände fielen. Als Alexander, vom Verfolgen zurückgekehrt, mit ſeinen Generalen im Zelte des Darius zu Nacht aß, hörte er das Weh- klagen und Jammern weiblicher Stimmen in der Nähe und erfuhr, daß es die königlichen Frauen ſeien, die Darius für todt hielten, weil ſie geſehen, wie ſein Wagen, ſein Bogen und Königsmantel im Triumph durch das Lager gebracht war; ſogleich ſandte Alexan- der einen ſeiner Getreuen an ſie, mit der Verſicherung: Darius lebe, ſie aber hätten nichts zu fürchten, er ſei weder ihr noch Da- rius perſönlicher Feind, es handele ſich im ehrlichen Kampf um Aſiens Beſitz, er werde ihren Rang und ihr Unglück zu ehren wiſ- ſen. Und in der That ſuchte er auf jede Weiſe ſein königliches Wort zu halten; nicht allein, daß ſie die Schonung genoſſen, die dem Unglück gebührt, auch die Ehrerbietung, an die ſie in den Ta- gen des Glückes gewöhnt waren, wurde ihnen nach wie vor gezollt, ihr Hofſtaat ihnen gelaſſen und mit vielleicht größerem Aufwande als früher ausgeſtattet; Alexander wollte ſie nicht als Kriegsgefan- gene, ſondern als Königinnen gehalten, er wollte den Unterſchied von Griechen und Barbaren vor der Majeſtät des Königthums verſchwinden ſehen; zum erſten Male offenbarte ſich deutlich, wie er ſein Verhältniß zu Perſien zu geſtalten dachte. Unter gleichen Verhältniſſen hätten die Athener und Spartaner ihren Haß oder ihre Habgier das Schickſal der feindlichen Fürſtinnen beſtimmen laſſen; Alexanders Benehmen war eben ſo ſehr das Zeugniß einer feineren Bildung und umfaſſenderen Staatskunſt, wie eine Aeuße-
rus und ſomit die Linie der Perſer iſt entſchieden ſüdweſtlich. Die Entfernung der Amaniſchen Thore vom Schlachtfelde kann man auf zwei Meilen angeben. Für die Lokalität iſt zu vergleichen Kinneir p. 153 sqq.
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Die Beute, die man machte, war außer dem üppigen Prunke
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geräthſchaften, die Hofhaltungen des Königs und der Satrapen
nach Damaskus geſendet waren. Von deſto größerer Bedeutung
war es, daß die Königin Mutter Siſygambis, die Gemahlin des
Darius und deren Kinder mit dem Lager, in dem ſie über die
Verwirrung der Flucht vergeſſen waren, in des Siegers Hände
fielen. Als Alexander, vom Verfolgen zurückgekehrt, mit ſeinen
Generalen im Zelte des Darius zu Nacht aß, hörte er das Weh-
klagen und Jammern weiblicher Stimmen in der Nähe und erfuhr,
daß es die königlichen Frauen ſeien, die Darius für todt hielten,
weil ſie geſehen, wie ſein Wagen, ſein Bogen und Königsmantel
im Triumph durch das Lager gebracht war; ſogleich ſandte Alexan-
der einen ſeiner Getreuen an ſie, mit der Verſicherung: Darius
lebe, ſie aber hätten nichts zu fürchten, er ſei weder ihr noch Da-
rius perſönlicher Feind, es handele ſich im ehrlichen Kampf um
Aſiens Beſitz, er werde ihren Rang und ihr Unglück zu ehren wiſ-
ſen. Und in der That ſuchte er auf jede Weiſe ſein königliches
Wort zu halten; nicht allein, daß ſie die Schonung genoſſen, die
dem Unglück gebührt, auch die Ehrerbietung, an die ſie in den Ta-
gen des Glückes gewöhnt waren, wurde ihnen nach wie vor gezollt,
ihr Hofſtaat ihnen gelaſſen und mit vielleicht größerem Aufwande
als früher ausgeſtattet; Alexander wollte ſie nicht als Kriegsgefan-
gene, ſondern als Königinnen gehalten, er wollte den Unterſchied
von Griechen und Barbaren vor der Majeſtät des Königthums
verſchwinden ſehen; zum erſten Male offenbarte ſich deutlich, wie
er ſein Verhältniß zu Perſien zu geſtalten dachte. Unter gleichen
Verhältniſſen hätten die Athener und Spartaner ihren Haß oder
ihre Habgier das Schickſal der feindlichen Fürſtinnen beſtimmen
laſſen; Alexanders Benehmen war eben ſo ſehr das Zeugniß einer
feineren Bildung und umfaſſenderen Staatskunſt, wie eine Aeuße-
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Entfernung der Amaniſchen Thore vom Schlachtfelde kann man auf
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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/185>, abgerufen am 25.11.2024.
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