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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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halte den gemeinen Soldaten nicht werth, und gäbe ihn, wenn er
verwundet zurück bleibe, seinem Schicksal und den Feinden Preis.
So und ärger noch murrten die Soldaten, während sie ihre Waf-
fen putzten und sich zum Kampfe anschickten, weniger aus Misver-
gnügen, als weil es anders, wie sie erwartet hatten, gekommen
war, und um sich des bangen Gefühls, das die tapfersten Truppen
bei der Nähe einer langerwarteten Entscheidung ergreift, mit lau-
tem Scheltworte zu entschlagen.

Alexander kannte die Stimmung seiner Truppen; er störte
diese Ungebundenheit nicht, die der Krieg erzeugt und fordert.
Sobald die Jacht von ihrer Expedition zurückgekehrt war und Ale-
xander den Bericht erhalten hatte, daß die Ebene von der Pinarus-
mündung bis Issus mit Zelten bedeckt, daß Darius in der Nähe
sei, so berief er die Generale, Reuterobersten und Befehlshaber
der Bundesgenossen, theilte ihnen die Berichte, die er empfangen,
mit, und zeigte, daß unter allen denkbaren Möglichkeiten die jetzige
Stellung des Feindes den sichersten Erfolg verspreche; sie möchten
sich nicht durch den Schein, umgangen zu sein, täuschen lassen, sie
hätten zu oft rühmlich gekämpft, um den Muth bei scheinbarer Ge-
fahr sinken zu lassen; stets Sieger, gingen sie stets Besiegten ent-
gegen; derselbe Gott, der den Perserkönig verblendet, die Ebene von
Onchä mit den Schluchten Ciliciens zu vertauschen, werde sie zum
Siege führen; Macedonier gegen Meder und Perser, erfahrene,
unter Waffen ergraute Krieger gegen die längst der Waffen ent-
wöhnten Weichlinge Asiens, freie Männer gegen Sklaven, Grie-
chen, die für ihre Götter und ihr Vaterland freiwillig kämpften,
gegen entartete Griechen, die für armseligen Sold ihr Vaterland
und den Ruhm ihrer Vorfahren verriethen, die streitbarsten und
freiesten Antochthonen Europas gegen die verächtlichsten Stämme des
Morgenlandes, kurz, Kraft gegen Entartung, das höchste Wollen ge-
gen die tiefste Ohnmacht, alle Vortheile des Terrains, der Kriegs-
kunst, der Tapferkeit gegen Persische Horden, könne da der Aus-
gang des Kampfes zweifelhaft sein? Der Preis dieses Sieges aber
sei nicht mehr eine oder zwei Satrapien, sondern das Perserreich;
nicht die Reuterschaaren und Söldner am Granikus, sondern ein
Reichsheer Asiens, nicht Persische Satrapen, sondern den Perser-
könig würden sie besiegen; nach diesem Siege bleibe ihnen nichts

halte den gemeinen Soldaten nicht werth, und gäbe ihn, wenn er
verwundet zurück bleibe, ſeinem Schickſal und den Feinden Preis.
So und ärger noch murrten die Soldaten, während ſie ihre Waf-
fen putzten und ſich zum Kampfe anſchickten, weniger aus Misver-
gnügen, als weil es anders, wie ſie erwartet hatten, gekommen
war, und um ſich des bangen Gefühls, das die tapferſten Truppen
bei der Nähe einer langerwarteten Entſcheidung ergreift, mit lau-
tem Scheltworte zu entſchlagen.

Alexander kannte die Stimmung ſeiner Truppen; er ſtörte
dieſe Ungebundenheit nicht, die der Krieg erzeugt und fordert.
Sobald die Jacht von ihrer Expedition zurückgekehrt war und Ale-
xander den Bericht erhalten hatte, daß die Ebene von der Pinarus-
mündung bis Iſſus mit Zelten bedeckt, daß Darius in der Nähe
ſei, ſo berief er die Generale, Reuteroberſten und Befehlshaber
der Bundesgenoſſen, theilte ihnen die Berichte, die er empfangen,
mit, und zeigte, daß unter allen denkbaren Möglichkeiten die jetzige
Stellung des Feindes den ſicherſten Erfolg verſpreche; ſie möchten
ſich nicht durch den Schein, umgangen zu ſein, täuſchen laſſen, ſie
hätten zu oft rühmlich gekämpft, um den Muth bei ſcheinbarer Ge-
fahr ſinken zu laſſen; ſtets Sieger, gingen ſie ſtets Beſiegten ent-
gegen; derſelbe Gott, der den Perſerkönig verblendet, die Ebene von
Onchä mit den Schluchten Ciliciens zu vertauſchen, werde ſie zum
Siege führen; Macedonier gegen Meder und Perſer, erfahrene,
unter Waffen ergraute Krieger gegen die längſt der Waffen ent-
wöhnten Weichlinge Aſiens, freie Männer gegen Sklaven, Grie-
chen, die für ihre Götter und ihr Vaterland freiwillig kämpften,
gegen entartete Griechen, die für armſeligen Sold ihr Vaterland
und den Ruhm ihrer Vorfahren verriethen, die ſtreitbarſten und
freieſten Antochthonen Europas gegen die verächtlichſten Stämme des
Morgenlandes, kurz, Kraft gegen Entartung, das höchſte Wollen ge-
gen die tiefſte Ohnmacht, alle Vortheile des Terrains, der Kriegs-
kunſt, der Tapferkeit gegen Perſiſche Horden, könne da der Aus-
gang des Kampfes zweifelhaft ſein? Der Preis dieſes Sieges aber
ſei nicht mehr eine oder zwei Satrapien, ſondern das Perſerreich;
nicht die Reuterſchaaren und Söldner am Granikus, ſondern ein
Reichsheer Aſiens, nicht Perſiſche Satrapen, ſondern den Perſer-
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[162/0176] halte den gemeinen Soldaten nicht werth, und gäbe ihn, wenn er verwundet zurück bleibe, ſeinem Schickſal und den Feinden Preis. So und ärger noch murrten die Soldaten, während ſie ihre Waf- fen putzten und ſich zum Kampfe anſchickten, weniger aus Misver- gnügen, als weil es anders, wie ſie erwartet hatten, gekommen war, und um ſich des bangen Gefühls, das die tapferſten Truppen bei der Nähe einer langerwarteten Entſcheidung ergreift, mit lau- tem Scheltworte zu entſchlagen. Alexander kannte die Stimmung ſeiner Truppen; er ſtörte dieſe Ungebundenheit nicht, die der Krieg erzeugt und fordert. Sobald die Jacht von ihrer Expedition zurückgekehrt war und Ale- xander den Bericht erhalten hatte, daß die Ebene von der Pinarus- mündung bis Iſſus mit Zelten bedeckt, daß Darius in der Nähe ſei, ſo berief er die Generale, Reuteroberſten und Befehlshaber der Bundesgenoſſen, theilte ihnen die Berichte, die er empfangen, mit, und zeigte, daß unter allen denkbaren Möglichkeiten die jetzige Stellung des Feindes den ſicherſten Erfolg verſpreche; ſie möchten ſich nicht durch den Schein, umgangen zu ſein, täuſchen laſſen, ſie hätten zu oft rühmlich gekämpft, um den Muth bei ſcheinbarer Ge- fahr ſinken zu laſſen; ſtets Sieger, gingen ſie ſtets Beſiegten ent- gegen; derſelbe Gott, der den Perſerkönig verblendet, die Ebene von Onchä mit den Schluchten Ciliciens zu vertauſchen, werde ſie zum Siege führen; Macedonier gegen Meder und Perſer, erfahrene, unter Waffen ergraute Krieger gegen die längſt der Waffen ent- wöhnten Weichlinge Aſiens, freie Männer gegen Sklaven, Grie- chen, die für ihre Götter und ihr Vaterland freiwillig kämpften, gegen entartete Griechen, die für armſeligen Sold ihr Vaterland und den Ruhm ihrer Vorfahren verriethen, die ſtreitbarſten und freieſten Antochthonen Europas gegen die verächtlichſten Stämme des Morgenlandes, kurz, Kraft gegen Entartung, das höchſte Wollen ge- gen die tiefſte Ohnmacht, alle Vortheile des Terrains, der Kriegs- kunſt, der Tapferkeit gegen Perſiſche Horden, könne da der Aus- gang des Kampfes zweifelhaft ſein? Der Preis dieſes Sieges aber ſei nicht mehr eine oder zwei Satrapien, ſondern das Perſerreich; nicht die Reuterſchaaren und Söldner am Granikus, ſondern ein Reichsheer Aſiens, nicht Perſiſche Satrapen, ſondern den Perſer- könig würden ſie beſiegen; nach dieſem Siege bleibe ihnen nichts

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/176>, abgerufen am 24.11.2024.