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Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833].

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Erstes Kapitel.
Einleitung.

Wenigen Menschen und wenigen Völkern wird das Vorrecht zu
Theil, eine höhere Bestimmung als die Existenz, eine höhere Unsterb-
lichkeit als zeitloses Vegetiren, als das Nichts der körperlosen Seele
zu haben. Berufen sind alle; aber denen, welche die Geschichte zu
Vorkämpfern ihrer Siege, zu Werkmeistern ihrer Gedanken auser-
wählt, giebt sie die Unsterblichkeit des Ruhmes, in der Dämmerung
des ewigen Werdens gleich einsamen Sternen zu leuchten.

Wessen Leben also über die öde Dämmerung der Zeitlichkeit
emporsteigt, dem ist der Friede des Lebens und der Genuß der Ge-
genwart versagt, und auf ihm lastet das Verhängniß einer Zukunft;
seine That wird ihm zur Schuld, seine Hoffnung zu einsamer Sorge
und rastloser Arbeit um ein Ziel, das doch erst sein Tod erfüllt; und
noch die Ruhe des Grabes stören die lärmenden Kampfspiele um
seine Heldenwaffen und ein neues, wilderes Ringen der aufgerüttelten
Völker.

Also drängt sich das Chaos des Menschengeschlechtes Fluth auf
Fluth; über den Wassern wehet der Geist Gottes, ein ewiges Werde,
eine Schöpfung ohne Sabbath.

Und wie an dem ersten Schöpfungstage Gott das Licht von
der Finsterniß schied, und aus Abend und Morgen der erste Tag
ward, so hat der erste Tag der Geschichte die Völker aus Abend
und Morgen zum ersten Male geschieden zu ewiger Feindschaft und
dem ewigen Verlangen der Versöhnung; denn es ist das Leben des
Geschaffenen, sich aufzuzehren und zurückzusinken in die alte friedliche

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Erſtes Kapitel.
Einleitung.

Wenigen Menſchen und wenigen Völkern wird das Vorrecht zu
Theil, eine höhere Beſtimmung als die Exiſtenz, eine höhere Unſterb-
lichkeit als zeitloſes Vegetiren, als das Nichts der körperloſen Seele
zu haben. Berufen ſind alle; aber denen, welche die Geſchichte zu
Vorkämpfern ihrer Siege, zu Werkmeiſtern ihrer Gedanken auser-
wählt, giebt ſie die Unſterblichkeit des Ruhmes, in der Dämmerung
des ewigen Werdens gleich einſamen Sternen zu leuchten.

Weſſen Leben alſo über die öde Dämmerung der Zeitlichkeit
emporſteigt, dem iſt der Friede des Lebens und der Genuß der Ge-
genwart verſagt, und auf ihm laſtet das Verhängniß einer Zukunft;
ſeine That wird ihm zur Schuld, ſeine Hoffnung zu einſamer Sorge
und raſtloſer Arbeit um ein Ziel, das doch erſt ſein Tod erfüllt; und
noch die Ruhe des Grabes ſtören die lärmenden Kampfſpiele um
ſeine Heldenwaffen und ein neues, wilderes Ringen der aufgerüttelten
Völker.

Alſo drängt ſich das Chaos des Menſchengeſchlechtes Fluth auf
Fluth; über den Waſſern wehet der Geiſt Gottes, ein ewiges Werde,
eine Schöpfung ohne Sabbath.

Und wie an dem erſten Schöpfungstage Gott das Licht von
der Finſterniß ſchied, und aus Abend und Morgen der erſte Tag
ward, ſo hat der erſte Tag der Geſchichte die Völker aus Abend
und Morgen zum erſten Male geſchieden zu ewiger Feindſchaft und
dem ewigen Verlangen der Verſöhnung; denn es iſt das Leben des
Geſchaffenen, ſich aufzuzehren und zurückzuſinken in die alte friedliche

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[[1]/0015] Erſtes Kapitel. Einleitung. Wenigen Menſchen und wenigen Völkern wird das Vorrecht zu Theil, eine höhere Beſtimmung als die Exiſtenz, eine höhere Unſterb- lichkeit als zeitloſes Vegetiren, als das Nichts der körperloſen Seele zu haben. Berufen ſind alle; aber denen, welche die Geſchichte zu Vorkämpfern ihrer Siege, zu Werkmeiſtern ihrer Gedanken auser- wählt, giebt ſie die Unſterblichkeit des Ruhmes, in der Dämmerung des ewigen Werdens gleich einſamen Sternen zu leuchten. Weſſen Leben alſo über die öde Dämmerung der Zeitlichkeit emporſteigt, dem iſt der Friede des Lebens und der Genuß der Ge- genwart verſagt, und auf ihm laſtet das Verhängniß einer Zukunft; ſeine That wird ihm zur Schuld, ſeine Hoffnung zu einſamer Sorge und raſtloſer Arbeit um ein Ziel, das doch erſt ſein Tod erfüllt; und noch die Ruhe des Grabes ſtören die lärmenden Kampfſpiele um ſeine Heldenwaffen und ein neues, wilderes Ringen der aufgerüttelten Völker. Alſo drängt ſich das Chaos des Menſchengeſchlechtes Fluth auf Fluth; über den Waſſern wehet der Geiſt Gottes, ein ewiges Werde, eine Schöpfung ohne Sabbath. Und wie an dem erſten Schöpfungstage Gott das Licht von der Finſterniß ſchied, und aus Abend und Morgen der erſte Tag ward, ſo hat der erſte Tag der Geſchichte die Völker aus Abend und Morgen zum erſten Male geſchieden zu ewiger Feindſchaft und dem ewigen Verlangen der Verſöhnung; denn es iſt das Leben des Geſchaffenen, ſich aufzuzehren und zurückzuſinken in die alte friedliche 1

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Zitationshilfe: Droysen, Johann Gustav: Geschichte Alexanders des Großen. Hamburg, [1833], S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droysen_alexander_1833/15>, abgerufen am 23.11.2024.