Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.Und dennoch hält sie Alle uns bethört, Die staubgeborne Form, die wandelbare, Scheint willig uns ein Ohr, das leise hört, Kühn einer frischen Kehle Lustfanfare; Wir Alle sehen nur des Pharus Licht, Die Glut im Erdenschooße seh'n wir nicht, Und Keiner denkt der Lampe am Altare. 3. Ich weiß ein bessres Bild zu finden, Als jenes, dem du ferner geh'st, Wie tiefer deine Wurzeln gründen Und reifer du die Ernte mäh'st; Ein bessres, als zu dessen Rahmen, Wenn Jahre flohen, Jahre kamen, Du wie dein eigner Schatten steh'st. Weil' ich am Strande ob der lauen Entschlafnen Flut mit scheuer Lust: Wird unter'm Stahl, dem silbern blauen, Lebendig mir die tiefe Rust; Am Grunde glühende Korallen Der Fischlein goldig schimmernd Wallen; Dann schau ich tief in deine Brust. Und dennoch hält ſie Alle uns bethört, Die ſtaubgeborne Form, die wandelbare, Scheint willig uns ein Ohr, das leiſe hört, Kühn einer friſchen Kehle Luſtfanfare; Wir Alle ſehen nur des Pharus Licht, Die Glut im Erdenſchooße ſeh’n wir nicht, Und Keiner denkt der Lampe am Altare. 3. Ich weiß ein beſſres Bild zu finden, Als jenes, dem du ferner geh’ſt, Wie tiefer deine Wurzeln gründen Und reifer du die Ernte mäh’ſt; Ein beſſres, als zu deſſen Rahmen, Wenn Jahre flohen, Jahre kamen, Du wie dein eigner Schatten ſteh’ſt. Weil’ ich am Strande ob der lauen Entſchlafnen Flut mit ſcheuer Luſt: Wird unter’m Stahl, dem ſilbern blauen, Lebendig mir die tiefe Ruſt; Am Grunde glühende Korallen Der Fiſchlein goldig ſchimmernd Wallen; Dann ſchau ich tief in deine Bruſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0069" n="53"/> <lg n="4"> <l>Und dennoch hält ſie Alle uns bethört,</l><lb/> <l>Die ſtaubgeborne Form, die wandelbare,</l><lb/> <l>Scheint willig uns ein Ohr, das leiſe hört,</l><lb/> <l>Kühn einer friſchen Kehle Luſtfanfare;</l><lb/> <l>Wir Alle ſehen nur des Pharus Licht,</l><lb/> <l>Die Glut im Erdenſchooße ſeh’n wir nicht,</l><lb/> <l>Und Keiner denkt der Lampe am Altare.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head>3.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">I</hi>ch weiß ein beſſres Bild zu finden,</l><lb/> <l>Als jenes, dem du ferner geh’ſt,</l><lb/> <l>Wie tiefer deine Wurzeln gründen</l><lb/> <l>Und reifer du die Ernte mäh’ſt;</l><lb/> <l>Ein beſſres, als zu deſſen Rahmen,</l><lb/> <l>Wenn Jahre flohen, Jahre kamen,</l><lb/> <l>Du wie dein eigner Schatten ſteh’ſt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Weil’ ich am Strande ob der lauen</l><lb/> <l>Entſchlafnen Flut mit ſcheuer Luſt:</l><lb/> <l>Wird unter’m Stahl, dem ſilbern blauen,</l><lb/> <l>Lebendig mir die tiefe Ruſt;</l><lb/> <l>Am Grunde glühende Korallen</l><lb/> <l>Der Fiſchlein goldig ſchimmernd Wallen;</l><lb/> <l>Dann ſchau ich tief in deine Bruſt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0069]
Und dennoch hält ſie Alle uns bethört,
Die ſtaubgeborne Form, die wandelbare,
Scheint willig uns ein Ohr, das leiſe hört,
Kühn einer friſchen Kehle Luſtfanfare;
Wir Alle ſehen nur des Pharus Licht,
Die Glut im Erdenſchooße ſeh’n wir nicht,
Und Keiner denkt der Lampe am Altare.
3.
Ich weiß ein beſſres Bild zu finden,
Als jenes, dem du ferner geh’ſt,
Wie tiefer deine Wurzeln gründen
Und reifer du die Ernte mäh’ſt;
Ein beſſres, als zu deſſen Rahmen,
Wenn Jahre flohen, Jahre kamen,
Du wie dein eigner Schatten ſteh’ſt.
Weil’ ich am Strande ob der lauen
Entſchlafnen Flut mit ſcheuer Luſt:
Wird unter’m Stahl, dem ſilbern blauen,
Lebendig mir die tiefe Ruſt;
Am Grunde glühende Korallen
Der Fiſchlein goldig ſchimmernd Wallen;
Dann ſchau ich tief in deine Bruſt.
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