Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.Vorsichtig in der Rinne Bauch gedrückt, Ob mir das Blut so siedend fliegt? Mich dünkt, ich hör' der Sphären Summen, -- Ein Schweigen, dem das Ohr erliegt, Dann wieder fernes, dumpfes Brummen; Doch horch! des Thurmes Glocke wacht; -- 's ist Mitternacht. Und bange, gleich verhaltnem Weinen, steigt Ein langer Klageton aus den Syringen; O Nachtigall! ob Thal und Höhe schweigt, Das Dunkel legt verrätherische Schlingen; Ein Käuzlein wacht im Blätterschmuck des Hains; -- Die Uhr schlägt Eins. Jetzt möcht ich schlafen, schlafen gleich, Entschlafen unter Mondeshauch, Umspielt vom flüsternden Gezweig, Im Blute Funken, Funk' im Strauch, Und mir im Ohre Melodey; -- Die Uhr schlägt Zwei. Vorſichtig in der Rinne Bauch gedrückt, Ob mir das Blut ſo ſiedend fliegt? Mich dünkt, ich hör’ der Sphären Summen, — Ein Schweigen, dem das Ohr erliegt, Dann wieder fernes, dumpfes Brummen; Doch horch! des Thurmes Glocke wacht; — ’s iſt Mitternacht. Und bange, gleich verhaltnem Weinen, ſteigt Ein langer Klageton aus den Syringen; O Nachtigall! ob Thal und Höhe ſchweigt, Das Dunkel legt verrätheriſche Schlingen; Ein Käuzlein wacht im Blätterſchmuck des Hains; — Die Uhr ſchlägt Eins. Jetzt möcht ich ſchlafen, ſchlafen gleich, Entſchlafen unter Mondeshauch, Umſpielt vom flüſternden Gezweig, Im Blute Funken, Funk’ im Strauch, Und mir im Ohre Melodey; — Die Uhr ſchlägt Zwei. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="2"> <pb facs="#f0024" n="8"/> <l>Vorſichtig in der Rinne Bauch gedrückt,</l><lb/> <l>Schlüpft noch der Iltis an des Giebels Sparren;</l><lb/> <l>Matt bin ich, möchte träumen nur; —</l><lb/> <l>Eilf ſchlägt die Uhr.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ob mir das Blut ſo ſiedend fliegt?</l><lb/> <l>Mich dünkt, ich hör’ der Sphären Summen, —</l><lb/> <l>Ein Schweigen, dem das Ohr erliegt,</l><lb/> <l>Dann wieder fernes, dumpfes Brummen;</l><lb/> <l>Doch horch! des Thurmes Glocke wacht; —</l><lb/> <l>’s iſt Mitternacht.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Und bange, gleich verhaltnem Weinen, ſteigt</l><lb/> <l>Ein langer Klageton aus den Syringen;</l><lb/> <l>O Nachtigall! ob Thal und Höhe ſchweigt,</l><lb/> <l>Das Dunkel legt verrätheriſche Schlingen;</l><lb/> <l>Ein Käuzlein wacht im Blätterſchmuck des Hains; —</l><lb/> <l>Die Uhr ſchlägt Eins.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Jetzt möcht ich ſchlafen, ſchlafen gleich,</l><lb/> <l>Entſchlafen unter Mondeshauch,</l><lb/> <l>Umſpielt vom flüſternden Gezweig,</l><lb/> <l>Im Blute Funken, Funk’ im Strauch,</l><lb/> <l>Und mir im Ohre Melodey; —</l><lb/> <l>Die Uhr ſchlägt Zwei.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [8/0024]
Vorſichtig in der Rinne Bauch gedrückt,
Schlüpft noch der Iltis an des Giebels Sparren;
Matt bin ich, möchte träumen nur; —
Eilf ſchlägt die Uhr.
Ob mir das Blut ſo ſiedend fliegt?
Mich dünkt, ich hör’ der Sphären Summen, —
Ein Schweigen, dem das Ohr erliegt,
Dann wieder fernes, dumpfes Brummen;
Doch horch! des Thurmes Glocke wacht; —
’s iſt Mitternacht.
Und bange, gleich verhaltnem Weinen, ſteigt
Ein langer Klageton aus den Syringen;
O Nachtigall! ob Thal und Höhe ſchweigt,
Das Dunkel legt verrätheriſche Schlingen;
Ein Käuzlein wacht im Blätterſchmuck des Hains; —
Die Uhr ſchlägt Eins.
Jetzt möcht ich ſchlafen, ſchlafen gleich,
Entſchlafen unter Mondeshauch,
Umſpielt vom flüſternden Gezweig,
Im Blute Funken, Funk’ im Strauch,
Und mir im Ohre Melodey; —
Die Uhr ſchlägt Zwei.
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