"Das würde doch nicht sonderlich ausfallen." -- "O doch Herr, wenn ich erst im Gange bin -- es geht nicht schnell, aber hin komme ich doch, und es wird mir auch nicht so sauer, wie man denken sollte." -- "Nun," sagte der Baron zweifelnd, "willst du's versuchen? hier ist ein Brief nach P. Es hat keine sonderliche Eile."
Am folgenden Tage bezog Johannes sein Kämmerchen bei einer Wittwe im Dorfe.
Er schnitzelte Löffel, aß auf dem Schlosse und machte Botengänge für den gnädigen Herrn. Im Ganzen ging's ihm leidlich; die Herrschaft war sehr gütig, und Herr von S. unterhielt sich oft lange mit ihm über die Türkei, den östreichischen Dienst und die See.
"Der Johannes könnte viel erzählen," sagte er zu seiner Frau, "wenn er nicht so grundeinfältig wäre." -- "Mehr tiefsinnig als einfältig," versetzte sie; "ich fürchte immer, er schnappt noch über." -- "Ei bewahre!" antwortete der Baron, "er war sein Lebenlang ein Simpel; simple Leute werden nie verrückt."
Nach einiger Zeit blieb Johannes auf einem Botengange über Gebühr lange aus. Die gute Frau von S. war sehr besorgt um ihn und wollte schon Leute aussenden, als man ihn die Treppe heraufstelzen hörte.
„Das würde doch nicht ſonderlich ausfallen.“ — „O doch Herr, wenn ich erſt im Gange bin — es geht nicht ſchnell, aber hin komme ich doch, und es wird mir auch nicht ſo ſauer, wie man denken ſollte.“ — „Nun,“ ſagte der Baron zweifelnd, „willſt du’s verſuchen? hier iſt ein Brief nach P. Es hat keine ſonderliche Eile.“
Am folgenden Tage bezog Johannes ſein Kämmerchen bei einer Wittwe im Dorfe.
Er ſchnitzelte Löffel, aß auf dem Schloſſe und machte Botengänge für den gnädigen Herrn. Im Ganzen ging’s ihm leidlich; die Herrſchaft war ſehr gütig, und Herr von S. unterhielt ſich oft lange mit ihm über die Türkei, den öſtreichiſchen Dienſt und die See.
„Der Johannes könnte viel erzählen,“ ſagte er zu ſeiner Frau, „wenn er nicht ſo grundeinfältig wäre.“ — „Mehr tiefſinnig als einfältig,“ verſetzte ſie; „ich fürchte immer, er ſchnappt noch über.“ — „Ei bewahre!“ antwortete der Baron, „er war ſein Lebenlang ein Simpel; ſimple Leute werden nie verrückt.“
Nach einiger Zeit blieb Johannes auf einem Botengange über Gebühr lange aus. Die gute Frau von S. war ſehr beſorgt um ihn und wollte ſchon Leute ausſenden, als man ihn die Treppe heraufſtelzen hörte.
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„Das würde doch nicht ſonderlich ausfallen.“ —
„O doch Herr, wenn ich erſt im Gange bin — es
geht nicht ſchnell, aber hin komme ich doch, und
es wird mir auch nicht ſo ſauer, wie man denken
ſollte.“ — „Nun,“ ſagte der Baron zweifelnd,
„willſt du’s verſuchen? hier iſt ein Brief nach P.
Es hat keine ſonderliche Eile.“
Am folgenden Tage bezog Johannes ſein
Kämmerchen bei einer Wittwe im Dorfe.
Er ſchnitzelte Löffel, aß auf dem Schloſſe und
machte Botengänge für den gnädigen Herrn. Im
Ganzen ging’s ihm leidlich; die Herrſchaft war ſehr
gütig, und Herr von S. unterhielt ſich oft lange
mit ihm über die Türkei, den öſtreichiſchen Dienſt
und die See.
„Der Johannes könnte viel erzählen,“ ſagte er
zu ſeiner Frau, „wenn er nicht ſo grundeinfältig
wäre.“ — „Mehr tiefſinnig als einfältig,“ verſetzte
ſie; „ich fürchte immer, er ſchnappt noch über.“ —
„Ei bewahre!“ antwortete der Baron, „er war ſein
Lebenlang ein Simpel; ſimple Leute werden nie
verrückt.“
Nach einiger Zeit blieb Johannes auf einem
Botengange über Gebühr lange aus. Die gute
Frau von S. war ſehr beſorgt um ihn und wollte
ſchon Leute ausſenden, als man ihn die Treppe
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schücking aus dem Nachlass Annette von Droste-Hülshoffs herausgegeben, enthalten mehrere Texte, die zum Teil zu Lebzeiten der Autorin bereits andernorts veröffentlicht worden waren. Beispielsweise erschien Droste-Hülshoffs Novelle "Die Judenbuche" zuerst 1842 im "Morgenblatt für gebildete Leser"; die "Westfälischen Schilderungen" erschienen 1845 in den "Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland". Einzelne Gedichte sind in Journalen und Jahrbüchern erschienen, andere wurden aus dem Nachlass erstmals in der hier digitalisierten Edition von Levin Schücking veröffentlicht (z.B. die Gedichte "Der Nachtwanderer", "Doppeltgänger" und "Halt fest!"). In den meisten Fällen handelt es sich somit nicht um Erstveröffentlichungen der Texte, wohl aber um die erste Publikation in Buchform, weshalb die Nachlassedition für das DTA herangezogen wurde.
Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/237>, abgerufen am 25.06.2024.
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