Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.bude. Da viele Auswärtige erwartet wurden, wollte Es war 7 Uhr Abends und Alles in vollem Friedrich stolzirte umher wie ein Hahn, im "Johannes!" rief er gebieterisch, und heran 13*
bude. Da viele Auswärtige erwartet wurden, wollte Es war 7 Uhr Abends und Alles in vollem Friedrich ſtolzirte umher wie ein Hahn, im „Johannes!“ rief er gebieteriſch, und heran 13*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0211" n="195"/> bude. Da viele Auswärtige erwartet wurden, wollte<lb/> Jeder gern die Ehre des Dorfes oben halten.</p><lb/> <p>Es war 7 Uhr Abends und Alles in vollem<lb/> Gange; Jubel und Gelächter an allen Enden, die<lb/> niedern Stuben zum Erſticken angefüllt mit blauen,<lb/> rothen und gelben Geſtalten, gleich Pfandſtällen, in<lb/> denen eine zu große Heerde eingepfercht iſt. Auf<lb/> der Tenne ward getanzt, das heißt, wer zwei Fuß<lb/> Raum erobert hatte, drehte ſich darauf immer rund<lb/> um und ſuchte durch Jauchzen zu erſetzen, was an<lb/> Bewegung fehlte. Das Orcheſter war glänzend, die<lb/> erſte Geige als anerkannte Künſtlerin prädominirt<lb/> die zweite und eine große Baßviole mit drei Saiten<lb/> von Dilettanten <hi rendition="#aq">ad libitum</hi> geſtrichen; Branntwein<lb/> und Kaffee im Ueberfluſſe, alle Gäſte von Schweiß<lb/> triefend; kurz, es war ein köſtliches Feſt.</p><lb/> <p>Friedrich ſtolzirte umher wie ein Hahn, im<lb/> neuen himmelblauen Rock, und machte ſein Recht<lb/> als erſter Elegant geltend. Als auch die Gutsherr-<lb/> ſchaft anlangte, ſaß er gerade hinter der Baßgeige<lb/> und ſtrich die tiefſte Saite mit großer Kraft und<lb/> vielem Anſtand.</p><lb/> <p>„Johannes!“ rief er gebieteriſch, und heran<lb/> trat ſein Schützling von dem Tanzplatze, wo er<lb/> auch ſeine ungelenken Beine zu ſchlenkern und eins<lb/> zu jauchzen verſucht hatte. Friedrich reichte ihm den<lb/> Bogen, gab durch eine ſtolze Kopfbewegung ſeinen<lb/> <fw place="bottom" type="sig">13*</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [195/0211]
bude. Da viele Auswärtige erwartet wurden, wollte
Jeder gern die Ehre des Dorfes oben halten.
Es war 7 Uhr Abends und Alles in vollem
Gange; Jubel und Gelächter an allen Enden, die
niedern Stuben zum Erſticken angefüllt mit blauen,
rothen und gelben Geſtalten, gleich Pfandſtällen, in
denen eine zu große Heerde eingepfercht iſt. Auf
der Tenne ward getanzt, das heißt, wer zwei Fuß
Raum erobert hatte, drehte ſich darauf immer rund
um und ſuchte durch Jauchzen zu erſetzen, was an
Bewegung fehlte. Das Orcheſter war glänzend, die
erſte Geige als anerkannte Künſtlerin prädominirt
die zweite und eine große Baßviole mit drei Saiten
von Dilettanten ad libitum geſtrichen; Branntwein
und Kaffee im Ueberfluſſe, alle Gäſte von Schweiß
triefend; kurz, es war ein köſtliches Feſt.
Friedrich ſtolzirte umher wie ein Hahn, im
neuen himmelblauen Rock, und machte ſein Recht
als erſter Elegant geltend. Als auch die Gutsherr-
ſchaft anlangte, ſaß er gerade hinter der Baßgeige
und ſtrich die tiefſte Saite mit großer Kraft und
vielem Anſtand.
„Johannes!“ rief er gebieteriſch, und heran
trat ſein Schützling von dem Tanzplatze, wo er
auch ſeine ungelenken Beine zu ſchlenkern und eins
zu jauchzen verſucht hatte. Friedrich reichte ihm den
Bogen, gab durch eine ſtolze Kopfbewegung ſeinen
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