machen wollen. Es blieb nichts übrig, als das Verhör zu schließen.
Denjenigen, die vielleicht auf den Ausgang dieser Begebenheit gespannt sind, muß ich sagen, daß diese Geschichte nie aufgeklärt wurde, obwohl noch viel dafür geschah und diesem Verhöre mehrere folgten. Den Blaukitteln schien durch das Auf- sehen, das der Vorgang gemacht und die darauf folgenden geschärften Maßregeln der Muth genommen; sie waren von nun an wie verschwunden, und ob- gleich späterhin noch mancher Holzfrevler erwischt wurde, fand man doch nie Anlaß, ihn der be- rüchtigten Bande zuzuschreiben. Die Axt lag zwanzig Jahre nachher als unnützes corpus delicti im Gerichtsarchiv, wo sie wohl noch jetzt ruhen mag mit ihren Rostflecken. Es würde in einer erdichteten Geschichte Unrecht sein, die Neugier des Lesers so zu täuschen. Aber dies Alles hat sich wirklich zu- getragen; ich kann nichts davon oder dazu thun.
Am nächsten Sonntage stand Friedrich sehr früh auf, um zur Beichte zu gehen. Es war Mariä Himmelfahrt und die Pfarrgeistlichen schon vor Tagesanbruch im Beichtstuhle.
Nachdem er sich im Finstern angekleidet, ver- ließ er so geräuschlos wie möglich den engen Ver- schlag, der ihm in Simons Hause eingeräumt war.
In der Küche mußte sein Gebetbuch auf dem
machen wollen. Es blieb nichts übrig, als das Verhör zu ſchließen.
Denjenigen, die vielleicht auf den Ausgang dieſer Begebenheit geſpannt ſind, muß ich ſagen, daß dieſe Geſchichte nie aufgeklärt wurde, obwohl noch viel dafür geſchah und dieſem Verhöre mehrere folgten. Den Blaukitteln ſchien durch das Auf- ſehen, das der Vorgang gemacht und die darauf folgenden geſchärften Maßregeln der Muth genommen; ſie waren von nun an wie verſchwunden, und ob- gleich ſpäterhin noch mancher Holzfrevler erwiſcht wurde, fand man doch nie Anlaß, ihn der be- rüchtigten Bande zuzuſchreiben. Die Axt lag zwanzig Jahre nachher als unnützes corpus delicti im Gerichtsarchiv, wo ſie wohl noch jetzt ruhen mag mit ihren Roſtflecken. Es würde in einer erdichteten Geſchichte Unrecht ſein, die Neugier des Leſers ſo zu täuſchen. Aber dies Alles hat ſich wirklich zu- getragen; ich kann nichts davon oder dazu thun.
Am nächſten Sonntage ſtand Friedrich ſehr früh auf, um zur Beichte zu gehen. Es war Mariä Himmelfahrt und die Pfarrgeiſtlichen ſchon vor Tagesanbruch im Beichtſtuhle.
Nachdem er ſich im Finſtern angekleidet, ver- ließ er ſo geräuſchlos wie möglich den engen Ver- ſchlag, der ihm in Simons Hauſe eingeräumt war.
In der Küche mußte ſein Gebetbuch auf dem
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machen wollen. Es blieb nichts übrig, als das
Verhör zu ſchließen.
Denjenigen, die vielleicht auf den Ausgang
dieſer Begebenheit geſpannt ſind, muß ich ſagen,
daß dieſe Geſchichte nie aufgeklärt wurde, obwohl
noch viel dafür geſchah und dieſem Verhöre mehrere
folgten. Den Blaukitteln ſchien durch das Auf-
ſehen, das der Vorgang gemacht und die darauf
folgenden geſchärften Maßregeln der Muth genommen;
ſie waren von nun an wie verſchwunden, und ob-
gleich ſpäterhin noch mancher Holzfrevler erwiſcht
wurde, fand man doch nie Anlaß, ihn der be-
rüchtigten Bande zuzuſchreiben. Die Axt lag zwanzig
Jahre nachher als unnützes corpus delicti im
Gerichtsarchiv, wo ſie wohl noch jetzt ruhen mag
mit ihren Roſtflecken. Es würde in einer erdichteten
Geſchichte Unrecht ſein, die Neugier des Leſers ſo
zu täuſchen. Aber dies Alles hat ſich wirklich zu-
getragen; ich kann nichts davon oder dazu thun.
Am nächſten Sonntage ſtand Friedrich ſehr
früh auf, um zur Beichte zu gehen. Es war Mariä
Himmelfahrt und die Pfarrgeiſtlichen ſchon vor
Tagesanbruch im Beichtſtuhle.
Nachdem er ſich im Finſtern angekleidet, ver-
ließ er ſo geräuſchlos wie möglich den engen Ver-
ſchlag, der ihm in Simons Hauſe eingeräumt war.
In der Küche mußte ſein Gebetbuch auf dem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]
Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schücking aus dem Nachlass Annette von Droste-Hülshoffs herausgegeben, enthalten mehrere Texte, die zum Teil zu Lebzeiten der Autorin bereits andernorts veröffentlicht worden waren. Beispielsweise erschien Droste-Hülshoffs Novelle "Die Judenbuche" zuerst 1842 im "Morgenblatt für gebildete Leser"; die "Westfälischen Schilderungen" erschienen 1845 in den "Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland". Einzelne Gedichte sind in Journalen und Jahrbüchern erschienen, andere wurden aus dem Nachlass erstmals in der hier digitalisierten Edition von Levin Schücking veröffentlicht (z.B. die Gedichte "Der Nachtwanderer", "Doppeltgänger" und "Halt fest!"). In den meisten Fällen handelt es sich somit nicht um Erstveröffentlichungen der Texte, wohl aber um die erste Publikation in Buchform, weshalb die Nachlassedition für das DTA herangezogen wurde.
Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/206>, abgerufen am 17.07.2024.
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