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Droste-Hülshoff, Annette von: Die Judenbuche. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 51–128. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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zigten Rosenstöcken aus besserer Zeit, mehr Unkraut als Kraut. Freilich hatten Unglücksfälle Manches hiervon herbeigeführt; doch war auch viel Unordnung und böse Wirthschaft im Spiel. Friedrichs Vater, der alte Hermann Mergel, war in seinem Junggesellenstande ein sogenannter ordentlicher Säufer, d. h. einer, der nur an Sonn- und Festtagen in der Rinne lag und die Woche hindurch so manierlich war wie ein Anderer. So war denn auch seine Bewerbung um ein recht hübsches und wohlhabendes Mädchen ihm nicht erschwert. Auf der Hochzeit ging's lustig zu. Mergel war nicht gar zu arg betrunken, und die Eltern der Braut gingen Abends vergnügt heim; aber am nächsten Sonntage sah man die junge Frau schreiend und blutrünstig durchs Dorf zu den Ihrigen rennen, alle ihre guten Kleider und neues Hausgeräth im Stich lassend. Das war freilich ein großer Scandal und Aerger für Mergel, der allerdings Trostes bedurfte. So war denn auch am Nachmittag keine Scheibe an seinem Hause mehr ganz, und man sah ihn noch bis spät in der Nacht vor der Thürschwelle liegend, einen abgebrochenen Flaschenhals von Zeit zu Zeit zum Munde führend und sich Gesicht und Hände jämmerlich zerschneidend. Die junge Frau blieb bei ihren Eltern, wo sie bald verkümmerte und starb. Ob nun den Mergel Reue quälte oder Scham, genug, er schien der Trostmittel immer bedürftiger und fing bald an, den gänzlich verkommenen Subjecten zugezählt zu werden.

zigten Rosenstöcken aus besserer Zeit, mehr Unkraut als Kraut. Freilich hatten Unglücksfälle Manches hiervon herbeigeführt; doch war auch viel Unordnung und böse Wirthschaft im Spiel. Friedrichs Vater, der alte Hermann Mergel, war in seinem Junggesellenstande ein sogenannter ordentlicher Säufer, d. h. einer, der nur an Sonn- und Festtagen in der Rinne lag und die Woche hindurch so manierlich war wie ein Anderer. So war denn auch seine Bewerbung um ein recht hübsches und wohlhabendes Mädchen ihm nicht erschwert. Auf der Hochzeit ging's lustig zu. Mergel war nicht gar zu arg betrunken, und die Eltern der Braut gingen Abends vergnügt heim; aber am nächsten Sonntage sah man die junge Frau schreiend und blutrünstig durchs Dorf zu den Ihrigen rennen, alle ihre guten Kleider und neues Hausgeräth im Stich lassend. Das war freilich ein großer Scandal und Aerger für Mergel, der allerdings Trostes bedurfte. So war denn auch am Nachmittag keine Scheibe an seinem Hause mehr ganz, und man sah ihn noch bis spät in der Nacht vor der Thürschwelle liegend, einen abgebrochenen Flaschenhals von Zeit zu Zeit zum Munde führend und sich Gesicht und Hände jämmerlich zerschneidend. Die junge Frau blieb bei ihren Eltern, wo sie bald verkümmerte und starb. Ob nun den Mergel Reue quälte oder Scham, genug, er schien der Trostmittel immer bedürftiger und fing bald an, den gänzlich verkommenen Subjecten zugezählt zu werden.

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zigten Rosenstöcken aus besserer Zeit, mehr      Unkraut als Kraut. Freilich hatten Unglücksfälle Manches hiervon herbeigeführt; doch war auch      viel Unordnung und böse Wirthschaft im Spiel. Friedrichs Vater, der alte Hermann Mergel, war in      seinem Junggesellenstande ein sogenannter ordentlicher Säufer, d. h. einer, der nur an Sonn-      und Festtagen in der Rinne lag und die Woche hindurch so manierlich war wie ein Anderer. So war      denn auch seine Bewerbung um ein recht hübsches und wohlhabendes Mädchen ihm nicht erschwert.      Auf der Hochzeit ging's lustig zu. Mergel war nicht gar zu arg betrunken, und die Eltern der      Braut gingen Abends vergnügt heim; aber am nächsten Sonntage sah man die junge Frau schreiend      und blutrünstig durchs Dorf zu den Ihrigen rennen, alle ihre guten Kleider und neues Hausgeräth      im Stich lassend. Das war freilich ein großer Scandal und Aerger für Mergel, der allerdings      Trostes bedurfte. So war denn auch am Nachmittag keine Scheibe an seinem Hause mehr ganz, und      man sah ihn noch bis spät in der Nacht vor der Thürschwelle liegend, einen abgebrochenen      Flaschenhals von Zeit zu Zeit zum Munde führend und sich Gesicht und Hände jämmerlich      zerschneidend. Die junge Frau blieb bei ihren Eltern, wo sie bald verkümmerte und starb. Ob nun      den Mergel Reue quälte oder Scham, genug, er schien der Trostmittel immer bedürftiger und fing      bald an, den gänzlich verkommenen Subjecten zugezählt zu werden.</p><lb/>
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[0011] zigten Rosenstöcken aus besserer Zeit, mehr Unkraut als Kraut. Freilich hatten Unglücksfälle Manches hiervon herbeigeführt; doch war auch viel Unordnung und böse Wirthschaft im Spiel. Friedrichs Vater, der alte Hermann Mergel, war in seinem Junggesellenstande ein sogenannter ordentlicher Säufer, d. h. einer, der nur an Sonn- und Festtagen in der Rinne lag und die Woche hindurch so manierlich war wie ein Anderer. So war denn auch seine Bewerbung um ein recht hübsches und wohlhabendes Mädchen ihm nicht erschwert. Auf der Hochzeit ging's lustig zu. Mergel war nicht gar zu arg betrunken, und die Eltern der Braut gingen Abends vergnügt heim; aber am nächsten Sonntage sah man die junge Frau schreiend und blutrünstig durchs Dorf zu den Ihrigen rennen, alle ihre guten Kleider und neues Hausgeräth im Stich lassend. Das war freilich ein großer Scandal und Aerger für Mergel, der allerdings Trostes bedurfte. So war denn auch am Nachmittag keine Scheibe an seinem Hause mehr ganz, und man sah ihn noch bis spät in der Nacht vor der Thürschwelle liegend, einen abgebrochenen Flaschenhals von Zeit zu Zeit zum Munde führend und sich Gesicht und Hände jämmerlich zerschneidend. Die junge Frau blieb bei ihren Eltern, wo sie bald verkümmerte und starb. Ob nun den Mergel Reue quälte oder Scham, genug, er schien der Trostmittel immer bedürftiger und fing bald an, den gänzlich verkommenen Subjecten zugezählt zu werden.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T14:10:05Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T14:10:05Z)

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Die Judenbuche. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 51–128. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_judenbuche_1910/11>, abgerufen am 24.11.2024.