Es traf ihn eine Kugel dort; Doch sagt' er nichts und sprengte fort, Vielleicht nur zuckte inn'rer Groll. Vier Kompagnie'n, zerfetzt genug, Das war der ganze Heereszug Des Christian vom Loener Bruch.
Auf Wiesenfluren, nett und fein, Zeigt sich der Flecken Ottenstein:15 Recht wie ein Fräulein, das sich jetzt Zur Bumenlese hat gesetzt, Wenn Bürger, stattlich, Mann und Frau, Lustwandeln durch die grüne Au. Am Schattenbaum die heitre Bank, Manch' Wiesenquellchen, klar und schlank, Den müden Wandrer weiß zu locken, Und gerne mag der Fuß hier stocken. Doch damals eine Veste lag, Wo jetzt des Gärtchens Blumenhaag. Und über'm Thore, schwarz und hoch, Das zwitschernd Schwalbenbrut umflog, Auf hohem Stuhl der Wächter saß, Bedächtig in der Chronik las, Nur wenig achtend auf das Paar, Das in der Fensterbrüstung stand, So leise flüsternd immerdar, Daß er die Hälfte nicht verstand. Gertrude ist's und Eberhard, Scheu vor des Ohmes Gegenwart, Ein Brautpaar seit der letzten Stunde,
Es traf ihn eine Kugel dort; Doch ſagt' er nichts und ſprengte fort, Vielleicht nur zuckte inn'rer Groll. Vier Kompagnie'n, zerfetzt genug, Das war der ganze Heereszug Des Chriſtian vom Loener Bruch.
Auf Wieſenfluren, nett und fein, Zeigt ſich der Flecken Ottenſtein:15 Recht wie ein Fräulein, das ſich jetzt Zur Bumenleſe hat geſetzt, Wenn Bürger, ſtattlich, Mann und Frau, Luſtwandeln durch die grüne Au. Am Schattenbaum die heitre Bank, Manch' Wieſenquellchen, klar und ſchlank, Den müden Wandrer weiß zu locken, Und gerne mag der Fuß hier ſtocken. Doch damals eine Veſte lag, Wo jetzt des Gärtchens Blumenhaag. Und über'm Thore, ſchwarz und hoch, Das zwitſchernd Schwalbenbrut umflog, Auf hohem Stuhl der Wächter ſaß, Bedächtig in der Chronik las, Nur wenig achtend auf das Paar, Das in der Fenſterbrüſtung ſtand, So leiſe flüſternd immerdar, Daß er die Hälfte nicht verſtand. Gertrude iſt's und Eberhard, Scheu vor des Ohmes Gegenwart, Ein Brautpaar ſeit der letzten Stunde,
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Es traf ihn eine Kugel dort;
Doch ſagt' er nichts und ſprengte fort,
Vielleicht nur zuckte inn'rer Groll.
Vier Kompagnie'n, zerfetzt genug,
Das war der ganze Heereszug
Des Chriſtian vom Loener Bruch.
Auf Wieſenfluren, nett und fein,
Zeigt ſich der Flecken Ottenſtein:15
Recht wie ein Fräulein, das ſich jetzt
Zur Bumenleſe hat geſetzt,
Wenn Bürger, ſtattlich, Mann und Frau,
Luſtwandeln durch die grüne Au.
Am Schattenbaum die heitre Bank,
Manch' Wieſenquellchen, klar und ſchlank,
Den müden Wandrer weiß zu locken,
Und gerne mag der Fuß hier ſtocken.
Doch damals eine Veſte lag,
Wo jetzt des Gärtchens Blumenhaag.
Und über'm Thore, ſchwarz und hoch,
Das zwitſchernd Schwalbenbrut umflog,
Auf hohem Stuhl der Wächter ſaß,
Bedächtig in der Chronik las,
Nur wenig achtend auf das Paar,
Das in der Fenſterbrüſtung ſtand,
So leiſe flüſternd immerdar,
Daß er die Hälfte nicht verſtand.
Gertrude iſt's und Eberhard,
Scheu vor des Ohmes Gegenwart,
Ein Brautpaar ſeit der letzten Stunde,
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/578>, abgerufen am 24.11.2024.
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