An ihren Gabeln, grad' wie Rohr; Aus Linienlücken grollend sehn Karthaunenschlünde schwarz hervor. Und Grenadiere, starke Leute, Die schweren Beutel an der Seite, -- Der starke Arm, der feste Fuß Den Grenadier bezeichnen muß, -- Sah man mit Zündstrick und mit Beilen Längs den Plotonen sich vertheilen. Dann Alles still, es stand das Heer So ruhig wie ein schlafend Meer, Die Blicke nach dem Forst gewandt, Man sah auch rucken keine Hand. Nur sacht der Fahne Welle rauscht, Ein Jeder horcht, ein Jeder lauscht. Und leiser als des Odems Fall, Viel leiser als der Fahne Wallen, Zog von des Feindes Feldmusik Heran ein ungewisser Hall; War's Windeszug? War es ein Schall? Und in demselben Augenblick Ein Rabenschwarm, so schwarz und dicht, Daß er gehemmt der Sonne Licht, Stieg krächzend aus dem Liesner auf, Dann langsam streichend über's Heer; Die Flügelschläge klatschten schwer, Und tausend Augen hoben sich. Ward Einem schauerlich zu Muth? Ich weiß es nicht, zu jener Zeit Viel anders fühlte man als heut,
An ihren Gabeln, grad' wie Rohr; Aus Linienlücken grollend ſehn Karthaunenſchlünde ſchwarz hervor. Und Grenadiere, ſtarke Leute, Die ſchweren Beutel an der Seite, — Der ſtarke Arm, der feſte Fuß Den Grenadier bezeichnen muß, — Sah man mit Zündſtrick und mit Beilen Längs den Plotonen ſich vertheilen. Dann Alles ſtill, es ſtand das Heer So ruhig wie ein ſchlafend Meer, Die Blicke nach dem Forſt gewandt, Man ſah auch rucken keine Hand. Nur ſacht der Fahne Welle rauſcht, Ein Jeder horcht, ein Jeder lauſcht. Und leiſer als des Odems Fall, Viel leiſer als der Fahne Wallen, Zog von des Feindes Feldmuſik Heran ein ungewiſſer Hall; War's Windeszug? War es ein Schall? Und in demſelben Augenblick Ein Rabenſchwarm, ſo ſchwarz und dicht, Daß er gehemmt der Sonne Licht, Stieg krächzend aus dem Liesner auf, Dann langſam ſtreichend über's Heer; Die Flügelſchläge klatſchten ſchwer, Und tauſend Augen hoben ſich. Ward Einem ſchauerlich zu Muth? Ich weiß es nicht, zu jener Zeit Viel anders fühlte man als heut,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><lgn="11"><pbfacs="#f0569"n="555"/><l>An ihren Gabeln, grad' wie Rohr;</l><lb/><l>Aus Linienlücken grollend ſehn</l><lb/><l>Karthaunenſchlünde ſchwarz hervor.</l><lb/><l>Und Grenadiere, ſtarke Leute,</l><lb/><l>Die ſchweren Beutel an der Seite,</l><lb/><l>— Der ſtarke Arm, der feſte Fuß</l><lb/><l>Den Grenadier bezeichnen muß, —</l><lb/><l>Sah man mit Zündſtrick und mit Beilen</l><lb/><l>Längs den Plotonen ſich vertheilen.</l><lb/><l>Dann Alles ſtill, es ſtand das Heer</l><lb/><l>So ruhig wie ein ſchlafend Meer,</l><lb/><l>Die Blicke nach dem Forſt gewandt,</l><lb/><l>Man ſah auch rucken keine Hand.</l><lb/><l>Nur ſacht der Fahne Welle rauſcht,</l><lb/><l>Ein Jeder horcht, ein Jeder lauſcht.</l><lb/><l>Und leiſer als des Odems Fall,</l><lb/><l>Viel leiſer als der Fahne Wallen,</l><lb/><l>Zog von des Feindes Feldmuſik</l><lb/><l>Heran ein ungewiſſer Hall;</l><lb/><l>War's Windeszug? War es ein Schall?</l><lb/><l>Und in demſelben Augenblick</l><lb/><l>Ein Rabenſchwarm, ſo ſchwarz und dicht,</l><lb/><l>Daß er gehemmt der Sonne Licht,</l><lb/><l>Stieg krächzend aus dem Liesner auf,</l><lb/><l>Dann langſam ſtreichend über's Heer;</l><lb/><l>Die Flügelſchläge klatſchten ſchwer,</l><lb/><l>Und tauſend Augen hoben ſich.</l><lb/><l>Ward Einem ſchauerlich zu Muth?</l><lb/><l>Ich weiß es nicht, zu jener Zeit</l><lb/><l>Viel anders fühlte man als heut,</l><lb/></lg></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[555/0569]
An ihren Gabeln, grad' wie Rohr;
Aus Linienlücken grollend ſehn
Karthaunenſchlünde ſchwarz hervor.
Und Grenadiere, ſtarke Leute,
Die ſchweren Beutel an der Seite,
— Der ſtarke Arm, der feſte Fuß
Den Grenadier bezeichnen muß, —
Sah man mit Zündſtrick und mit Beilen
Längs den Plotonen ſich vertheilen.
Dann Alles ſtill, es ſtand das Heer
So ruhig wie ein ſchlafend Meer,
Die Blicke nach dem Forſt gewandt,
Man ſah auch rucken keine Hand.
Nur ſacht der Fahne Welle rauſcht,
Ein Jeder horcht, ein Jeder lauſcht.
Und leiſer als des Odems Fall,
Viel leiſer als der Fahne Wallen,
Zog von des Feindes Feldmuſik
Heran ein ungewiſſer Hall;
War's Windeszug? War es ein Schall?
Und in demſelben Augenblick
Ein Rabenſchwarm, ſo ſchwarz und dicht,
Daß er gehemmt der Sonne Licht,
Stieg krächzend aus dem Liesner auf,
Dann langſam ſtreichend über's Heer;
Die Flügelſchläge klatſchten ſchwer,
Und tauſend Augen hoben ſich.
Ward Einem ſchauerlich zu Muth?
Ich weiß es nicht, zu jener Zeit
Viel anders fühlte man als heut,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/569>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.