Die Farbe klar, die Lippe fein; Ja, ja! so war er, eh der Wurm Am Marke nagte, eh der Sturm Die Blätter schüttelte vom Ast, Ein zärtlich stolzer Page fast: So hätt' er seiner Königin Gedient, schien Anmuth ihr Gewinn, Und drum nicht minder ruhmeswerth Gezückt sein tadelfreies Schwert. Ich sag' es noch: ein edler Stamm Verflechte in des Hofes Schlamm; An eine Ceder Frauenhand Zerstörend hat gelegt den Brand, Die, wehe! jetzt in Traumes Haag Nur Sodomsäpfel treiben mag! Um sein Gesicht ein Lächeln flog, So sonnig als am Tage nie, Und nach ihm glühe Röthe zog; Vielleicht im Traume sah er sie Die Laute rühren, und vielleicht Ein Wort ihr von den Lippen fleugt, Wie arglos schwimmend in den Tönen, Dem jeder Herzschlag mußte fröhnen. So ward es ihm zum letzten Mal, Es war ein Maientag in Prag, Als flimmernd stieg der Wasserstrahl, Die Nachtigall den süßen Schlag Ertönen ließ aus Busch und Haag, Und achtlos hingesummte Weise, Oft unterbrochen, klagend, leise,
Die Farbe klar, die Lippe fein; Ja, ja! ſo war er, eh der Wurm Am Marke nagte, eh der Sturm Die Blätter ſchüttelte vom Aſt, Ein zärtlich ſtolzer Page faſt: So hätt' er ſeiner Königin Gedient, ſchien Anmuth ihr Gewinn, Und drum nicht minder ruhmeswerth Gezückt ſein tadelfreies Schwert. Ich ſag' es noch: ein edler Stamm Verflechte in des Hofes Schlamm; An eine Ceder Frauenhand Zerſtörend hat gelegt den Brand, Die, wehe! jetzt in Traumes Haag Nur Sodomsäpfel treiben mag! Um ſein Geſicht ein Lächeln flog, So ſonnig als am Tage nie, Und nach ihm glühe Röthe zog; Vielleicht im Traume ſah er ſie Die Laute rühren, und vielleicht Ein Wort ihr von den Lippen fleugt, Wie arglos ſchwimmend in den Tönen, Dem jeder Herzſchlag mußte fröhnen. So ward es ihm zum letzten Mal, Es war ein Maientag in Prag, Als flimmernd ſtieg der Waſſerſtrahl, Die Nachtigall den ſüßen Schlag Ertönen ließ aus Buſch und Haag, Und achtlos hingeſummte Weiſe, Oft unterbrochen, klagend, leiſe,
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Die Farbe klar, die Lippe fein;
Ja, ja! ſo war er, eh der Wurm
Am Marke nagte, eh der Sturm
Die Blätter ſchüttelte vom Aſt,
Ein zärtlich ſtolzer Page faſt:
So hätt' er ſeiner Königin
Gedient, ſchien Anmuth ihr Gewinn,
Und drum nicht minder ruhmeswerth
Gezückt ſein tadelfreies Schwert.
Ich ſag' es noch: ein edler Stamm
Verflechte in des Hofes Schlamm;
An eine Ceder Frauenhand
Zerſtörend hat gelegt den Brand,
Die, wehe! jetzt in Traumes Haag
Nur Sodomsäpfel treiben mag!
Um ſein Geſicht ein Lächeln flog,
So ſonnig als am Tage nie,
Und nach ihm glühe Röthe zog;
Vielleicht im Traume ſah er ſie
Die Laute rühren, und vielleicht
Ein Wort ihr von den Lippen fleugt,
Wie arglos ſchwimmend in den Tönen,
Dem jeder Herzſchlag mußte fröhnen.
So ward es ihm zum letzten Mal,
Es war ein Maientag in Prag,
Als flimmernd ſtieg der Waſſerſtrahl,
Die Nachtigall den ſüßen Schlag
Ertönen ließ aus Buſch und Haag,
Und achtlos hingeſummte Weiſe,
Oft unterbrochen, klagend, leiſe,
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/563>, abgerufen am 28.11.2024.
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