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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Daß heller der Triangel möge klingen;
Diskant und auch Tenor die Fliege surrt;
Und, immer mehrend ihren werthen Gurt,
Die reiche Katze um des Leibes Mitten,
Ist als Bassist die Biene eingeschritten:
Schwerfällig hockend in der Blüte rummeln
Das Contraviolon die trägen Hummeln.
So tausendarmig ward noch nie gebaut
Des Münsters Halle, wie im Haidekraut
Gewölbe an Gewölben sich erschließen,
Gleich Labyrinthen in einander schießen;
So tausendstimmig stieg noch nie ein Chor,
Wie's musizirt aus grünem Haid hervor.

Jetzt sitzt die Königin auf ihrem Throne,
Die Silberwolke Teppich ihrem Fuß,
Am Haupte flammt und quillt die Stralenkrone,
Und lauter, lauter schallt des Herolds Gruß:
"Bergleute auf, herauf aus eurem Schacht,
"Bringt eure Schätze, und du Fabrikant,
"Breit' vor der Fürstin des Gewandes Pracht,
"Kaufherrn, enthüllt den Saphir, den Demant."
Schau, wie es wimmelt aus der Erde Schooß,
Wie sich die schwarzen Knappen drängen, streifen,
Und mühsam stemmend aus den Stollen schleifen
Gewalt'ge Stufen, wie der Träger groß;
Ameisenvolk, du machst es dir zu schwer!
Dein roh Gestein lockt keiner Fürstin Gnaden.

Daß heller der Triangel möge klingen;
Diskant und auch Tenor die Fliege ſurrt;
Und, immer mehrend ihren werthen Gurt,
Die reiche Katze um des Leibes Mitten,
Iſt als Baſſiſt die Biene eingeſchritten:
Schwerfällig hockend in der Blüte rummeln
Das Contraviolon die trägen Hummeln.
So tauſendarmig ward noch nie gebaut
Des Münſters Halle, wie im Haidekraut
Gewölbe an Gewölben ſich erſchließen,
Gleich Labyrinthen in einander ſchießen;
So tauſendſtimmig ſtieg noch nie ein Chor,
Wie's muſizirt aus grünem Haid hervor.

Jetzt ſitzt die Königin auf ihrem Throne,
Die Silberwolke Teppich ihrem Fuß,
Am Haupte flammt und quillt die Stralenkrone,
Und lauter, lauter ſchallt des Herolds Gruß:
„Bergleute auf, herauf aus eurem Schacht,
„Bringt eure Schätze, und du Fabrikant,
„Breit' vor der Fürſtin des Gewandes Pracht,
„Kaufherrn, enthüllt den Saphir, den Demant.“
Schau, wie es wimmelt aus der Erde Schooß,
Wie ſich die ſchwarzen Knappen drängen, ſtreifen,
Und mühſam ſtemmend aus den Stollen ſchleifen
Gewalt'ge Stufen, wie der Träger groß;
Ameiſenvolk, du machſt es dir zu ſchwer!
Dein roh Geſtein lockt keiner Fürſtin Gnaden.
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[39/0053] Daß heller der Triangel möge klingen; Diskant und auch Tenor die Fliege ſurrt; Und, immer mehrend ihren werthen Gurt, Die reiche Katze um des Leibes Mitten, Iſt als Baſſiſt die Biene eingeſchritten: Schwerfällig hockend in der Blüte rummeln Das Contraviolon die trägen Hummeln. So tauſendarmig ward noch nie gebaut Des Münſters Halle, wie im Haidekraut Gewölbe an Gewölben ſich erſchließen, Gleich Labyrinthen in einander ſchießen; So tauſendſtimmig ſtieg noch nie ein Chor, Wie's muſizirt aus grünem Haid hervor. Jetzt ſitzt die Königin auf ihrem Throne, Die Silberwolke Teppich ihrem Fuß, Am Haupte flammt und quillt die Stralenkrone, Und lauter, lauter ſchallt des Herolds Gruß: „Bergleute auf, herauf aus eurem Schacht, „Bringt eure Schätze, und du Fabrikant, „Breit' vor der Fürſtin des Gewandes Pracht, „Kaufherrn, enthüllt den Saphir, den Demant.“ Schau, wie es wimmelt aus der Erde Schooß, Wie ſich die ſchwarzen Knappen drängen, ſtreifen, Und mühſam ſtemmend aus den Stollen ſchleifen Gewalt'ge Stufen, wie der Träger groß; Ameiſenvolk, du machſt es dir zu ſchwer! Dein roh Geſtein lockt keiner Fürſtin Gnaden.

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/53>, abgerufen am 24.11.2024.