Wenn's endlich ruht im Sarge, schandebaar. Nur ein Moment noch wo er stand und sann, Und einen Eid ließ er mich schwören dann, Des Räubers Fluch, daß, sinne ich Verrath, Geschick mich treiben soll' zu gleicher That, Und diese Höhle sey mein letzter Rath; Ich soll' den Wald mich drin zu bergen suchen, Den Menschen nahn, damit sie mich verfluchen, Am schrecklichsten mir sey der Heimath Licht, Und tödtend meiner Mutter Angesicht. -- Matt war sein Ton, das Ende hört' ich nicht.
Und fort nun, fort! Was ward aus jener Frau? Sie ruhte jetzt, gleich Schlummernden genau, Das Haupt im Schooß, mehr ist mir nicht bewußt, Die Eil den Athem schnürte in der Brust; Und fort nun, fort! Geblendet wie zuvor, Durch manche Krümmung ging's und manch ein Thor; Voran der Jüngling zog in Hast mich nach, Einmal nur Bretterwand uns schien zu scheiden, Von Gläserklang und ausgelaß'nen Freuden. War etwas minder tobend das Gelag, Ich hätte wohl verstanden was man sprach. Hier war von einem Quell der Weg durchschnitten, Geräusch zu meiden wir behutsam schritten; Und nun hinauf, die Hand dort angeklemmt, Den Kopf gebückt, und hier den Fuß gestemmt. Die Mauern bröckeln, rieseln uns entgegen; Wir rutschen lang', oft an den Grund uns legen, Mein letzter Griff in Kräuter war und Gras.
Wenn's endlich ruht im Sarge, ſchandebaar. Nur ein Moment noch wo er ſtand und ſann, Und einen Eid ließ er mich ſchwören dann, Des Räubers Fluch, daß, ſinne ich Verrath, Geſchick mich treiben ſoll' zu gleicher That, Und dieſe Höhle ſey mein letzter Rath; Ich ſoll' den Wald mich drin zu bergen ſuchen, Den Menſchen nahn, damit ſie mich verfluchen, Am ſchrecklichſten mir ſey der Heimath Licht, Und tödtend meiner Mutter Angeſicht. — Matt war ſein Ton, das Ende hört' ich nicht.
Und fort nun, fort! Was ward aus jener Frau? Sie ruhte jetzt, gleich Schlummernden genau, Das Haupt im Schooß, mehr iſt mir nicht bewußt, Die Eil den Athem ſchnürte in der Bruſt; Und fort nun, fort! Geblendet wie zuvor, Durch manche Krümmung ging's und manch ein Thor; Voran der Jüngling zog in Haſt mich nach, Einmal nur Bretterwand uns ſchien zu ſcheiden, Von Gläſerklang und ausgelaß'nen Freuden. War etwas minder tobend das Gelag, Ich hätte wohl verſtanden was man ſprach. Hier war von einem Quell der Weg durchſchnitten, Geräuſch zu meiden wir behutſam ſchritten; Und nun hinauf, die Hand dort angeklemmt, Den Kopf gebückt, und hier den Fuß geſtemmt. Die Mauern bröckeln, rieſeln uns entgegen; Wir rutſchen lang', oft an den Grund uns legen, Mein letzter Griff in Kräuter war und Gras.
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Wenn's endlich ruht im Sarge, ſchandebaar.
Nur ein Moment noch wo er ſtand und ſann,
Und einen Eid ließ er mich ſchwören dann,
Des Räubers Fluch, daß, ſinne ich Verrath,
Geſchick mich treiben ſoll' zu gleicher That,
Und dieſe Höhle ſey mein letzter Rath;
Ich ſoll' den Wald mich drin zu bergen ſuchen,
Den Menſchen nahn, damit ſie mich verfluchen,
Am ſchrecklichſten mir ſey der Heimath Licht,
Und tödtend meiner Mutter Angeſicht. —
Matt war ſein Ton, das Ende hört' ich nicht.
Und fort nun, fort! Was ward aus jener Frau?
Sie ruhte jetzt, gleich Schlummernden genau,
Das Haupt im Schooß, mehr iſt mir nicht bewußt,
Die Eil den Athem ſchnürte in der Bruſt;
Und fort nun, fort! Geblendet wie zuvor,
Durch manche Krümmung ging's und manch ein Thor;
Voran der Jüngling zog in Haſt mich nach,
Einmal nur Bretterwand uns ſchien zu ſcheiden,
Von Gläſerklang und ausgelaß'nen Freuden.
War etwas minder tobend das Gelag,
Ich hätte wohl verſtanden was man ſprach.
Hier war von einem Quell der Weg durchſchnitten,
Geräuſch zu meiden wir behutſam ſchritten;
Und nun hinauf, die Hand dort angeklemmt,
Den Kopf gebückt, und hier den Fuß geſtemmt.
Die Mauern bröckeln, rieſeln uns entgegen;
Wir rutſchen lang', oft an den Grund uns legen,
Mein letzter Griff in Kräuter war und Gras.
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/490>, abgerufen am 22.11.2024.
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