Doch höher schon die Schauer steigen, Allmählig sich die Knie neigen, Noch einmal seufzt er auf in Weh Und fällt dann taumelnd in den Schnee.
Die Luft, so auf und niedergeht, Jetzt frischen Klang herüber weht, Nicht klaffend, wie zu Jagd und Lust, Nein, gleich dem Ruf aus Menschenbrust, Mit kurzen wiederholten Stößen, Wie Wächter die Signale lösen, Verhallend oft in Windes Rauschen Der Ton auf Antwort scheint zu lauschen. Nun wiederum in weiten Reifen Sie spürend durch die Gegend schweifen Bald fern, bald näher; wie im Traum Der Greis vernimmt die Laute kaum. Nur einmal zuckend seine Hand Dem Knaben klemmt sich in's Gewand. Kein Schmerz mehr durch die Nerven wühlt, Kein Glied er mehr als eignes fühlt. Nur wie von tausend Ketten spielt Im Haupt ein wunderliches Klirren; Die Töne wechseln -- sich verwirren -- Nun wird's zum Klingeln -- nun zum Schwirren -- Nun wie ein linder Hauch vergeht's -- Und leiser -- leiser -- leiser stets, Er schläft -- --
Doch höher ſchon die Schauer ſteigen, Allmählig ſich die Knie neigen, Noch einmal ſeufzt er auf in Weh Und fällt dann taumelnd in den Schnee.
Die Luft, ſo auf und niedergeht, Jetzt friſchen Klang herüber weht, Nicht klaffend, wie zu Jagd und Luſt, Nein, gleich dem Ruf aus Menſchenbruſt, Mit kurzen wiederholten Stößen, Wie Wächter die Signale löſen, Verhallend oft in Windes Rauſchen Der Ton auf Antwort ſcheint zu lauſchen. Nun wiederum in weiten Reifen Sie ſpürend durch die Gegend ſchweifen Bald fern, bald näher; wie im Traum Der Greis vernimmt die Laute kaum. Nur einmal zuckend ſeine Hand Dem Knaben klemmt ſich in's Gewand. Kein Schmerz mehr durch die Nerven wühlt, Kein Glied er mehr als eignes fühlt. Nur wie von tauſend Ketten ſpielt Im Haupt ein wunderliches Klirren; Die Töne wechſeln — ſich verwirren — Nun wird's zum Klingeln — nun zum Schwirren — Nun wie ein linder Hauch vergeht's — Und leiſer — leiſer — leiſer ſtets, Er ſchläft — —
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Doch höher ſchon die Schauer ſteigen,
Allmählig ſich die Knie neigen,
Noch einmal ſeufzt er auf in Weh
Und fällt dann taumelnd in den Schnee.
Die Luft, ſo auf und niedergeht,
Jetzt friſchen Klang herüber weht,
Nicht klaffend, wie zu Jagd und Luſt,
Nein, gleich dem Ruf aus Menſchenbruſt,
Mit kurzen wiederholten Stößen,
Wie Wächter die Signale löſen,
Verhallend oft in Windes Rauſchen
Der Ton auf Antwort ſcheint zu lauſchen.
Nun wiederum in weiten Reifen
Sie ſpürend durch die Gegend ſchweifen
Bald fern, bald näher; wie im Traum
Der Greis vernimmt die Laute kaum.
Nur einmal zuckend ſeine Hand
Dem Knaben klemmt ſich in's Gewand.
Kein Schmerz mehr durch die Nerven wühlt,
Kein Glied er mehr als eignes fühlt.
Nur wie von tauſend Ketten ſpielt
Im Haupt ein wunderliches Klirren;
Die Töne wechſeln — ſich verwirren —
Nun wird's zum Klingeln — nun zum Schwirren —
Nun wie ein linder Hauch vergeht's —
Und leiſer — leiſer — leiſer ſtets,
Er ſchläft — —
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/441>, abgerufen am 22.11.2024.
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