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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Die Zeichen kreisen -- Gott, o Gott, er sieht ein Händchen
niederreichen,
Mit leisem goldnen Fingerzug die blutgetränkten Lettern
streichen!
Und auf des Täuschers bleichen Mund
Ein Lächeln steigt in dieser Stund.'

Um Mittag hat der Mähder ihn am Lindenstamme aufge¬
hoben,
Und in des Karrens Futtergrün dem Leichenhause zuge¬
schoben,
Auf der Gemeinde Kosten ist ein grobes Sterbehemd be¬
reitet,
Ein kurzer träger Glockenschlag hat zu der Grube ihn ge¬
leitet,
Wo sich der Engelsflügel neigt
Und nicht des Drachen Kralle reicht.

Die Zeichen kreiſen — Gott, o Gott, er ſieht ein Händchen
niederreichen,
Mit leiſem goldnen Fingerzug die blutgetränkten Lettern
ſtreichen!
Und auf des Täuſchers bleichen Mund
Ein Lächeln ſteigt in dieſer Stund.'

Um Mittag hat der Mähder ihn am Lindenſtamme aufge¬
hoben,
Und in des Karrens Futtergrün dem Leichenhauſe zuge¬
ſchoben,
Auf der Gemeinde Koſten iſt ein grobes Sterbehemd be¬
reitet,
Ein kurzer träger Glockenſchlag hat zu der Grube ihn ge¬
leitet,
Wo ſich der Engelsflügel neigt
Und nicht des Drachen Kralle reicht.

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[395/0409] Die Zeichen kreiſen — Gott, o Gott, er ſieht ein Händchen niederreichen, Mit leiſem goldnen Fingerzug die blutgetränkten Lettern ſtreichen! Und auf des Täuſchers bleichen Mund Ein Lächeln ſteigt in dieſer Stund.' Um Mittag hat der Mähder ihn am Lindenſtamme aufge¬ hoben, Und in des Karrens Futtergrün dem Leichenhauſe zuge¬ ſchoben, Auf der Gemeinde Koſten iſt ein grobes Sterbehemd be¬ reitet, Ein kurzer träger Glockenſchlag hat zu der Grube ihn ge¬ leitet, Wo ſich der Engelsflügel neigt Und nicht des Drachen Kralle reicht.

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/409>, abgerufen am 25.11.2024.