Das Wasser zischt, es brodelt auf, es reckt die modergrünen Glieder, Und rückwärts, rückwärts sonder Halt Raschelt der Täuscher durch den Wald.
Erst im Verhaue, wo die Luft spielt mit der Beere Würzarome, Und auf den goldnen Schwingen trägt das Festgeläut vom nahen Dome, Dort sinkt er schluchzend auf die Knie, so fest, so fest die Händ' gefaltet, O selten hat ein Seufzer so des Herzens tiefsten Grund gespaltet! Was dieser Seufzer trägt, es muß Sich nahen wie ein glüher Kuß.
Und Zähren Perl' an Perle sich entlang die braunen Wangen schmiegen, So mochte der verlorne Sohn zu seines Vaters Füßen liegen; Da plötzlich zuckt der Beter -- greift zum Gurte -- tastet dann auf's Neue -- Mit dumpfem Laute, klirrend fährt vom Grund er wie ein wunder Leue, Und in den Fingern angstgekrampft Die triefende Phiole dampft!!
V.
Tief tiefe Nacht, am Schreine nur der Maus geheimes Nagen rüttelt, Der Horizont ein rinnend Sieb, aus dem sich Kohlenstaub entschüttelt,
Das Waſſer ziſcht, es brodelt auf, es reckt die modergrünen Glieder, Und rückwärts, rückwärts ſonder Halt Raſchelt der Täuſcher durch den Wald.
Erſt im Verhaue, wo die Luft ſpielt mit der Beere Würzarome, Und auf den goldnen Schwingen trägt das Feſtgeläut vom nahen Dome, Dort ſinkt er ſchluchzend auf die Knie, ſo feſt, ſo feſt die Händ' gefaltet, O ſelten hat ein Seufzer ſo des Herzens tiefſten Grund geſpaltet! Was dieſer Seufzer trägt, es muß Sich nahen wie ein glüher Kuß.
Und Zähren Perl' an Perle ſich entlang die braunen Wangen ſchmiegen, So mochte der verlorne Sohn zu ſeines Vaters Füßen liegen; Da plötzlich zuckt der Beter — greift zum Gurte — taſtet dann auf's Neue — Mit dumpfem Laute, klirrend fährt vom Grund er wie ein wunder Leue, Und in den Fingern angſtgekrampft Die triefende Phiole dampft!!
V.
Tief tiefe Nacht, am Schreine nur der Maus geheimes Nagen rüttelt, Der Horizont ein rinnend Sieb, aus dem ſich Kohlenſtaub entſchüttelt,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><lgn="13"><pbfacs="#f0400"n="386"/><l>Das Waſſer ziſcht, es brodelt auf, es reckt die modergrünen</l><lb/><l>Glieder,</l><lb/><l>Und rückwärts, rückwärts ſonder Halt</l><lb/><l>Raſchelt der Täuſcher durch den Wald.</l><lb/></lg><lgn="14"><l>Erſt im Verhaue, wo die Luft ſpielt mit der Beere Würzarome,</l><lb/><l>Und auf den goldnen Schwingen trägt das Feſtgeläut vom</l><lb/><l>nahen Dome,</l><lb/><l>Dort ſinkt er ſchluchzend auf die Knie, ſo feſt, ſo feſt die</l><lb/><l>Händ' gefaltet,</l><lb/><l>O ſelten hat ein Seufzer ſo des Herzens tiefſten Grund</l><lb/><l>geſpaltet!</l><lb/><l>Was dieſer Seufzer trägt, es muß</l><lb/><l>Sich nahen wie ein glüher Kuß.</l><lb/></lg><lgn="15"><l>Und Zähren Perl' an Perle ſich entlang die braunen Wangen</l><lb/><l>ſchmiegen,</l><lb/><l>So mochte der verlorne Sohn zu ſeines Vaters Füßen liegen;</l><lb/><l>Da plötzlich zuckt der Beter — greift zum Gurte — taſtet</l><lb/><l>dann auf's Neue —</l><lb/><l>Mit dumpfem Laute, klirrend fährt vom Grund er wie ein</l><lb/><l>wunder Leue,</l><lb/><l>Und in den Fingern angſtgekrampft</l><lb/><l>Die triefende Phiole dampft!!</l><lb/></lg></lg></div><divn="3"><head><hirendition="#aq">V</hi>.<lb/></head><lgtype="poem"><lgn="1"><l>Tief tiefe Nacht, am Schreine nur der Maus geheimes</l><lb/><l>Nagen rüttelt,</l><lb/><l>Der Horizont ein rinnend Sieb, aus dem ſich Kohlenſtaub</l><lb/><l>entſchüttelt,</l><lb/></lg></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[386/0400]
Das Waſſer ziſcht, es brodelt auf, es reckt die modergrünen
Glieder,
Und rückwärts, rückwärts ſonder Halt
Raſchelt der Täuſcher durch den Wald.
Erſt im Verhaue, wo die Luft ſpielt mit der Beere Würzarome,
Und auf den goldnen Schwingen trägt das Feſtgeläut vom
nahen Dome,
Dort ſinkt er ſchluchzend auf die Knie, ſo feſt, ſo feſt die
Händ' gefaltet,
O ſelten hat ein Seufzer ſo des Herzens tiefſten Grund
geſpaltet!
Was dieſer Seufzer trägt, es muß
Sich nahen wie ein glüher Kuß.
Und Zähren Perl' an Perle ſich entlang die braunen Wangen
ſchmiegen,
So mochte der verlorne Sohn zu ſeines Vaters Füßen liegen;
Da plötzlich zuckt der Beter — greift zum Gurte — taſtet
dann auf's Neue —
Mit dumpfem Laute, klirrend fährt vom Grund er wie ein
wunder Leue,
Und in den Fingern angſtgekrampft
Die triefende Phiole dampft!!
V.
Tief tiefe Nacht, am Schreine nur der Maus geheimes
Nagen rüttelt,
Der Horizont ein rinnend Sieb, aus dem ſich Kohlenſtaub
entſchüttelt,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/400>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.