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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Der Bauer stutzt -- die Nacht ist licht,
Die Blätter glänzen an dem Hagen,
Und dennoch -- dennoch sieht er nicht,
Wen auf ihn zu die Schritte tragen.

Da, langsam knarrend, thut sich auf
Das schwere Heck zur rechten Hand,
Und, wieder langsam knarrend, drauf
Versinkt es in die grüne Wand.
Der Bauer ist ein frommer Christ;
Er schlägt behend des Kreuzes Zeichen;
"Und wenn du auch der Teufel bist,
Du mußt mir auf der Wallfahrt weichen!"
Da hui! streift's ihn, federweich,
Da hui! raschelt's in dem Grün,
Da hui! zischt es in den Teich,
Daß bläulich Schilf und Binsen glühn,
Und wie ein knisterndes Geschoß
Fährt an den Grund ein bläulich Feuer;
Im Augenblicke wo vom Schloß
Ein Schrei verzittert über'm Weiher.
Der Alte hat sich vorgebeugt,
Ihm ist als schimmre, wie durch Glas,
Ein Kindesleib, phosphorisch, feucht,
Und dämmernd wie verlöschend Gas;
Ein Arm zerrinnt, ein Aug' verglimmt --
Lag denn ein Glühwurm in den Binsen?
Ein langes Fadenhaar verschwimmt,
-- Am Ende scheinen's Wasserlinsen!

Der Bauer ſtutzt — die Nacht iſt licht,
Die Blätter glänzen an dem Hagen,
Und dennoch — dennoch ſieht er nicht,
Wen auf ihn zu die Schritte tragen.

Da, langſam knarrend, thut ſich auf
Das ſchwere Heck zur rechten Hand,
Und, wieder langſam knarrend, drauf
Verſinkt es in die grüne Wand.
Der Bauer iſt ein frommer Chriſt;
Er ſchlägt behend des Kreuzes Zeichen;
„Und wenn du auch der Teufel biſt,
Du mußt mir auf der Wallfahrt weichen!“
Da hui! ſtreift's ihn, federweich,
Da hui! raſchelt's in dem Grün,
Da hui! ziſcht es in den Teich,
Daß bläulich Schilf und Binſen glühn,
Und wie ein kniſterndes Geſchoß
Fährt an den Grund ein bläulich Feuer;
Im Augenblicke wo vom Schloß
Ein Schrei verzittert über'm Weiher.
Der Alte hat ſich vorgebeugt,
Ihm iſt als ſchimmre, wie durch Glas,
Ein Kindesleib, phosphoriſch, feucht,
Und dämmernd wie verlöſchend Gas;
Ein Arm zerrinnt, ein Aug' verglimmt —
Lag denn ein Glühwurm in den Binſen?
Ein langes Fadenhaar verſchwimmt,
— Am Ende ſcheinen's Waſſerlinſen!
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[359/0373] Der Bauer ſtutzt — die Nacht iſt licht, Die Blätter glänzen an dem Hagen, Und dennoch — dennoch ſieht er nicht, Wen auf ihn zu die Schritte tragen. Da, langſam knarrend, thut ſich auf Das ſchwere Heck zur rechten Hand, Und, wieder langſam knarrend, drauf Verſinkt es in die grüne Wand. Der Bauer iſt ein frommer Chriſt; Er ſchlägt behend des Kreuzes Zeichen; „Und wenn du auch der Teufel biſt, Du mußt mir auf der Wallfahrt weichen!“ Da hui! ſtreift's ihn, federweich, Da hui! raſchelt's in dem Grün, Da hui! ziſcht es in den Teich, Daß bläulich Schilf und Binſen glühn, Und wie ein kniſterndes Geſchoß Fährt an den Grund ein bläulich Feuer; Im Augenblicke wo vom Schloß Ein Schrei verzittert über'm Weiher. Der Alte hat ſich vorgebeugt, Ihm iſt als ſchimmre, wie durch Glas, Ein Kindesleib, phosphoriſch, feucht, Und dämmernd wie verlöſchend Gas; Ein Arm zerrinnt, ein Aug' verglimmt — Lag denn ein Glühwurm in den Binſen? Ein langes Fadenhaar verſchwimmt, — Am Ende ſcheinen's Waſſerlinſen!

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/373>, abgerufen am 24.11.2024.