Die Beutel gewogen, geschüttet aus, Die Silberbestecke gezählt, Ob Alles richtig, versperrt die Zimmer, Nichts konnte dem Manne genügen doch; Bis Abends zählte und wog er immer, Und meinte, der Schade finde sich noch.
Als nun die Dämmerung brach herein, Ohne Mutter und Sakristan, Wir kauerten auf dem staubigen Stein, Und gähnten die Flamme an. Verstimmt der Vater, am langen Tische, Wühlt' in Papieren, schob und rückt, Wir duckten an unserm Kamin, wie Fische, Wenn drauf das Auge des Reihers drückt.
Da horch! -- die Thüre dröhnte am Gang, Ein schlürfender Schritt darauf Sich schleppte die knarrende Diel' entlang. Der Vater horchte -- stand auf -- Und wieder hörten wir rücken die Stühle, Am Schranke klirren den Schlüsselbund, Und wieder das schwere Krachen der Diele, Als es vom Stuhle trat an den Grund.
Er stand, den Leib vorüber gebeugt, Wie Jäger auf Wildes Spur, Nicht Furcht noch Rührung sein Auge zeigt', Man sah, er lauerte nur.
Die Beutel gewogen, geſchüttet aus, Die Silberbeſtecke gezählt, Ob Alles richtig, verſperrt die Zimmer, Nichts konnte dem Manne genügen doch; Bis Abends zählte und wog er immer, Und meinte, der Schade finde ſich noch.
Als nun die Dämmerung brach herein, Ohne Mutter und Sakriſtan, Wir kauerten auf dem ſtaubigen Stein, Und gähnten die Flamme an. Verſtimmt der Vater, am langen Tiſche, Wühlt' in Papieren, ſchob und rückt, Wir duckten an unſerm Kamin, wie Fiſche, Wenn drauf das Auge des Reihers drückt.
Da horch! — die Thüre dröhnte am Gang, Ein ſchlürfender Schritt darauf Sich ſchleppte die knarrende Diel' entlang. Der Vater horchte — ſtand auf — Und wieder hörten wir rücken die Stühle, Am Schranke klirren den Schlüſſelbund, Und wieder das ſchwere Krachen der Diele, Als es vom Stuhle trat an den Grund.
Er ſtand, den Leib vorüber gebeugt, Wie Jäger auf Wildes Spur, Nicht Furcht noch Rührung ſein Auge zeigt', Man ſah, er lauerte nur.
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Die Beutel gewogen, geſchüttet aus,
Die Silberbeſtecke gezählt,
Ob Alles richtig, verſperrt die Zimmer,
Nichts konnte dem Manne genügen doch;
Bis Abends zählte und wog er immer,
Und meinte, der Schade finde ſich noch.
Als nun die Dämmerung brach herein,
Ohne Mutter und Sakriſtan,
Wir kauerten auf dem ſtaubigen Stein,
Und gähnten die Flamme an.
Verſtimmt der Vater, am langen Tiſche,
Wühlt' in Papieren, ſchob und rückt,
Wir duckten an unſerm Kamin, wie Fiſche,
Wenn drauf das Auge des Reihers drückt.
Da horch! — die Thüre dröhnte am Gang,
Ein ſchlürfender Schritt darauf
Sich ſchleppte die knarrende Diel' entlang.
Der Vater horchte — ſtand auf —
Und wieder hörten wir rücken die Stühle,
Am Schranke klirren den Schlüſſelbund,
Und wieder das ſchwere Krachen der Diele,
Als es vom Stuhle trat an den Grund.
Er ſtand, den Leib vorüber gebeugt,
Wie Jäger auf Wildes Spur,
Nicht Furcht noch Rührung ſein Auge zeigt',
Man ſah, er lauerte nur.
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/361>, abgerufen am 25.11.2024.
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