Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.Was ist das? deutlich, nur getrübt Vom Dunst der hin und wieder schiebt, Ein Tisch, ein Licht, in Thurmes Mitten, Und nun, -- nun kömmt es hergeschritten, Ganz wie ein Schatten an der Wand, Es hebt den Arm, es regt die Hand, -- Nun ist es an den Tisch geglitten. Und nieder sitzt es, langsam, steif, Was in der Hand? -- ein weißer Streif! -- Nun zieht es Etwas aus der Scheiden Und fingert mit den Händen beiden, Ein Ding, -- ein Stäbchen ungefähr, -- Dran fährt es langsam hin und her, Es scheint die Feder anzuschneiden. Der Diener blinzt und blinzt hinaus: Der Schemen schwankt und bleichet aus, Noch sieht er es die Feder tunken, Da drüber gleitet es wie Funken, Und in demselbigen Moment Ist Alles in das Element Der spurlos finstern Nacht versunken. Noch immer steht der Sigismund,
Noch starrt er nach der Warte Rund, Ihn dünkt, des Weihers Flächen rauschen, Weit beugt er über'n Sims, zu lauschen; Ein Ruder! -- nein, die Schwäne ziehn! Grad hört er längs dem Ufergrün Sie sacht ihr tiefes Schnarchen tauschen. Was iſt das? deutlich, nur getrübt Vom Dunſt der hin und wieder ſchiebt, Ein Tiſch, ein Licht, in Thurmes Mitten, Und nun, — nun kömmt es hergeſchritten, Ganz wie ein Schatten an der Wand, Es hebt den Arm, es regt die Hand, — Nun iſt es an den Tiſch geglitten. Und nieder ſitzt es, langſam, ſteif, Was in der Hand? — ein weißer Streif! — Nun zieht es Etwas aus der Scheiden Und fingert mit den Händen beiden, Ein Ding, — ein Stäbchen ungefähr, — Dran fährt es langſam hin und her, Es ſcheint die Feder anzuſchneiden. Der Diener blinzt und blinzt hinaus: Der Schemen ſchwankt und bleichet aus, Noch ſieht er es die Feder tunken, Da drüber gleitet es wie Funken, Und in demſelbigen Moment Iſt Alles in das Element Der ſpurlos finſtern Nacht verſunken. Noch immer ſteht der Sigismund,
Noch ſtarrt er nach der Warte Rund, Ihn dünkt, des Weihers Flächen rauſchen, Weit beugt er über'n Sims, zu lauſchen; Ein Ruder! — nein, die Schwäne ziehn! Grad hört er längs dem Ufergrün Sie ſacht ihr tiefes Schnarchen tauſchen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0306" n="292"/> <lg n="12"> <l>Was iſt das? deutlich, nur getrübt</l><lb/> <l>Vom Dunſt der hin und wieder ſchiebt,</l><lb/> <l>Ein Tiſch, ein Licht, in Thurmes Mitten,</l><lb/> <l>Und nun, — nun kömmt es hergeſchritten,</l><lb/> <l>Ganz wie ein Schatten an der Wand,</l><lb/> <l>Es hebt den Arm, es regt die Hand, —</l><lb/> <l>Nun iſt es an den Tiſch geglitten.</l><lb/> </lg> <lg n="13"> <l>Und nieder ſitzt es, langſam, ſteif,</l><lb/> <l>Was in der Hand? — ein weißer Streif! —</l><lb/> <l>Nun zieht es Etwas aus der Scheiden</l><lb/> <l>Und fingert mit den Händen beiden,</l><lb/> <l>Ein Ding, — ein Stäbchen ungefähr, —</l><lb/> <l>Dran fährt es langſam hin und her,</l><lb/> <l>Es ſcheint die Feder anzuſchneiden.</l><lb/> </lg> <lg n="14"> <l>Der Diener blinzt und blinzt hinaus:</l><lb/> <l>Der Schemen ſchwankt und bleichet aus,</l><lb/> <l>Noch ſieht er es die Feder tunken,</l><lb/> <l>Da drüber gleitet es wie Funken,</l><lb/> <l>Und in demſelbigen Moment</l><lb/> <l>Iſt Alles in das Element</l><lb/> <l>Der ſpurlos finſtern Nacht verſunken.</l><lb/> </lg> <lg n="15"> <l>Noch immer ſteht der Sigismund,</l><lb/> <l>Noch ſtarrt er nach der Warte Rund,</l><lb/> <l>Ihn dünkt, des Weihers Flächen rauſchen,</l><lb/> <l>Weit beugt er über'n Sims, zu lauſchen;</l><lb/> <l>Ein Ruder! — nein, die Schwäne ziehn!</l><lb/> <l>Grad hört er längs dem Ufergrün</l><lb/> <l>Sie ſacht ihr tiefes Schnarchen tauſchen.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [292/0306]
Was iſt das? deutlich, nur getrübt
Vom Dunſt der hin und wieder ſchiebt,
Ein Tiſch, ein Licht, in Thurmes Mitten,
Und nun, — nun kömmt es hergeſchritten,
Ganz wie ein Schatten an der Wand,
Es hebt den Arm, es regt die Hand, —
Nun iſt es an den Tiſch geglitten.
Und nieder ſitzt es, langſam, ſteif,
Was in der Hand? — ein weißer Streif! —
Nun zieht es Etwas aus der Scheiden
Und fingert mit den Händen beiden,
Ein Ding, — ein Stäbchen ungefähr, —
Dran fährt es langſam hin und her,
Es ſcheint die Feder anzuſchneiden.
Der Diener blinzt und blinzt hinaus:
Der Schemen ſchwankt und bleichet aus,
Noch ſieht er es die Feder tunken,
Da drüber gleitet es wie Funken,
Und in demſelbigen Moment
Iſt Alles in das Element
Der ſpurlos finſtern Nacht verſunken.
Noch immer ſteht der Sigismund,
Noch ſtarrt er nach der Warte Rund,
Ihn dünkt, des Weihers Flächen rauſchen,
Weit beugt er über'n Sims, zu lauſchen;
Ein Ruder! — nein, die Schwäne ziehn!
Grad hört er längs dem Ufergrün
Sie ſacht ihr tiefes Schnarchen tauſchen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |