Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

"Ho, hollah ho!" -- "Halloh, hoho!"
Schallt's wieder um, deß war er froh:
"Sind unsre Reuter allewege!"

III.
Zu Cöln am Rheine kniet ein Weib
Am Rabensteine unter'm Rade,
Und über'm Rade liegt ein Leib,
An dem sich weiden Kräh' und Made;
Zerbrochen ist sein Wappenschild,
Mit Trümmern seine Burg gefüllt,
Die Seele steht bei Gottes Gnade.
Den Leib des Fürsten hüllt der Rauch
Von Ampeln und von Weihrauchschwehlen --
Um seinen qualmt der Moderhauch
Und Hagel peitscht der Rippen Höhlen;
Im Dome steigt ein Trauerchor,
Und ein Tedeum stieg empor
Bei seiner Qual aus tausend Kehlen.
Und wenn das Rad der Bürger sieht,
Dann läßt er rasch sein Rößlein traben,
Doch eine bleiche Frau die kniet,
Und scheucht mit ihrem Tuch die Raben:
Um sie mied er die Schlinge nicht,
Er war ihr Held, er war ihr Licht --
Und ach, der Vater ihrer Knaben!

„Ho, hollah ho!“ — „Halloh, hoho!“
Schallt's wieder um, deß war er froh:
„Sind unſre Reuter allewege!“

III.
Zu Cöln am Rheine kniet ein Weib
Am Rabenſteine unter'm Rade,
Und über'm Rade liegt ein Leib,
An dem ſich weiden Kräh' und Made;
Zerbrochen iſt ſein Wappenſchild,
Mit Trümmern ſeine Burg gefüllt,
Die Seele ſteht bei Gottes Gnade.
Den Leib des Fürſten hüllt der Rauch
Von Ampeln und von Weihrauchſchwehlen —
Um ſeinen qualmt der Moderhauch
Und Hagel peitſcht der Rippen Höhlen;
Im Dome ſteigt ein Trauerchor,
Und ein Tedeum ſtieg empor
Bei ſeiner Qual aus tauſend Kehlen.
Und wenn das Rad der Bürger ſieht,
Dann läßt er raſch ſein Rößlein traben,
Doch eine bleiche Frau die kniet,
Und ſcheucht mit ihrem Tuch die Raben:
Um ſie mied er die Schlinge nicht,
Er war ihr Held, er war ihr Licht —
Und ach, der Vater ihrer Knaben!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="12">
                <pb facs="#f0293" n="279"/>
                <l>&#x201E;Ho, hollah ho!&#x201C; &#x2014; &#x201E;Halloh, hoho!&#x201C;</l><lb/>
                <l>Schallt's wieder um, deß war er froh:</l><lb/>
                <l>&#x201E;Sind un&#x017F;re Reuter allewege!&#x201C;</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq #b">III</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/>
            </head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Zu Cöln am Rheine kniet ein Weib</l><lb/>
                <l>Am Raben&#x017F;teine unter'm Rade,</l><lb/>
                <l>Und über'm Rade liegt ein Leib,</l><lb/>
                <l>An dem &#x017F;ich weiden Kräh' und Made;</l><lb/>
                <l>Zerbrochen i&#x017F;t &#x017F;ein Wappen&#x017F;child,</l><lb/>
                <l>Mit Trümmern &#x017F;eine Burg gefüllt,</l><lb/>
                <l>Die Seele &#x017F;teht bei Gottes Gnade.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>Den Leib des Für&#x017F;ten hüllt der Rauch</l><lb/>
                <l>Von Ampeln und von Weihrauch&#x017F;chwehlen &#x2014;</l><lb/>
                <l>Um &#x017F;einen qualmt der Moderhauch</l><lb/>
                <l>Und Hagel peit&#x017F;cht der Rippen Höhlen;</l><lb/>
                <l>Im Dome &#x017F;teigt ein Trauerchor,</l><lb/>
                <l>Und ein Tedeum &#x017F;tieg empor</l><lb/>
                <l>Bei &#x017F;einer Qual aus tau&#x017F;end Kehlen.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Und wenn das Rad der Bürger &#x017F;ieht,</l><lb/>
                <l>Dann läßt er ra&#x017F;ch &#x017F;ein Rößlein traben,</l><lb/>
                <l>Doch eine bleiche Frau die kniet,</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;cheucht mit ihrem Tuch die Raben:</l><lb/>
                <l>Um &#x017F;ie mied er die Schlinge nicht,</l><lb/>
                <l>Er war ihr Held, er war ihr Licht &#x2014;</l><lb/>
                <l>Und ach, der Vater ihrer Knaben!</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0293] „Ho, hollah ho!“ — „Halloh, hoho!“ Schallt's wieder um, deß war er froh: „Sind unſre Reuter allewege!“ III. Zu Cöln am Rheine kniet ein Weib Am Rabenſteine unter'm Rade, Und über'm Rade liegt ein Leib, An dem ſich weiden Kräh' und Made; Zerbrochen iſt ſein Wappenſchild, Mit Trümmern ſeine Burg gefüllt, Die Seele ſteht bei Gottes Gnade. Den Leib des Fürſten hüllt der Rauch Von Ampeln und von Weihrauchſchwehlen — Um ſeinen qualmt der Moderhauch Und Hagel peitſcht der Rippen Höhlen; Im Dome ſteigt ein Trauerchor, Und ein Tedeum ſtieg empor Bei ſeiner Qual aus tauſend Kehlen. Und wenn das Rad der Bürger ſieht, Dann läßt er raſch ſein Rößlein traben, Doch eine bleiche Frau die kniet, Und ſcheucht mit ihrem Tuch die Raben: Um ſie mied er die Schlinge nicht, Er war ihr Held, er war ihr Licht — Und ach, der Vater ihrer Knaben!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/293
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/293>, abgerufen am 22.11.2024.