Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
"Nichts soll mir wenden den Sinn,
"Daß ich die Rache ihm spar';
"Der Freche soll werden inn',
"Zins tragen auch dreizehn Jahr'."
"Bei Gott! das war ein Gestöhn!"
Sie schossen die Blicke in Hast.
Sprach Kurt: "Es ist der Föhn,
"Der macht seufzen den Tannenast." --
"Und ist sein Aug' auch blind,
"Und ist sein Haar auch grau,
"Und mein Weib seiner Schwester Kind --"
Hier that einen Schrei die Frau.
Wie Wetterfahnen schnell
Die Dreie wendeten sich.
"Zurück, zurück, mein Gesell!
"Dieses Weibes Richter bin ich."
"Hast du gelauscht, Allgund?
"Du schweigst, du blickst zur Erd'?
"Das bringt dir bittre Stund'!
"Allgund, was hast du gehört?" --
""Ich lausch' deines Rosses Klang,
""Ich späh' deiner Augen Schein,
""So kam ich hinab den Hang.
""Nun thue was Noth mag seyn."" --
„Nichts ſoll mir wenden den Sinn,
„Daß ich die Rache ihm ſpar';
„Der Freche ſoll werden inn',
„Zins tragen auch dreizehn Jahr'.“
„Bei Gott! das war ein Geſtöhn!“
Sie ſchoſſen die Blicke in Haſt.
Sprach Kurt: „Es iſt der Föhn,
„Der macht ſeufzen den Tannenaſt.“ —
„Und iſt ſein Aug' auch blind,
„Und iſt ſein Haar auch grau,
„Und mein Weib ſeiner Schweſter Kind —“
Hier that einen Schrei die Frau.
Wie Wetterfahnen ſchnell
Die Dreie wendeten ſich.
„Zurück, zurück, mein Geſell!
„Dieſes Weibes Richter bin ich.“
„Haſt du gelauſcht, Allgund?
„Du ſchweigſt, du blickſt zur Erd'?
„Das bringt dir bittre Stund'!
„Allgund, was haſt du gehört?“ —
„„Ich lauſch' deines Roſſes Klang,
„„Ich ſpäh' deiner Augen Schein,
„„So kam ich hinab den Hang.
„„Nun thue was Noth mag ſeyn.““ —
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0279" n="265"/>
              <lg n="11">
                <l>&#x201E;Nichts &#x017F;oll mir wenden den Sinn,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Daß ich die Rache ihm &#x017F;par';</l><lb/>
                <l>&#x201E;Der Freche &#x017F;oll werden inn',</l><lb/>
                <l>&#x201E;Zins tragen auch dreizehn Jahr'.&#x201C;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="12">
                <l>&#x201E;Bei Gott! das war ein Ge&#x017F;töhn!&#x201C;</l><lb/>
                <l>Sie &#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en die Blicke in Ha&#x017F;t.</l><lb/>
                <l>Sprach Kurt: &#x201E;Es i&#x017F;t der Föhn,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Der macht &#x017F;eufzen den Tannena&#x017F;t.&#x201C; &#x2014;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="13">
                <l>&#x201E;Und i&#x017F;t &#x017F;ein Aug' auch blind,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Und i&#x017F;t &#x017F;ein Haar auch grau,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Und mein Weib &#x017F;einer Schwe&#x017F;ter Kind &#x2014;&#x201C;</l><lb/>
                <l>Hier that einen Schrei die Frau.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="14">
                <l>Wie Wetterfahnen &#x017F;chnell</l><lb/>
                <l>Die Dreie wendeten &#x017F;ich.</l><lb/>
                <l>&#x201E;Zurück, zurück, mein Ge&#x017F;ell!</l><lb/>
                <l>&#x201E;Die&#x017F;es Weibes Richter bin ich.&#x201C;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="15">
                <l>&#x201E;Ha&#x017F;t du gelau&#x017F;cht, Allgund?</l><lb/>
                <l>&#x201E;Du &#x017F;chweig&#x017F;t, du blick&#x017F;t zur Erd'?</l><lb/>
                <l>&#x201E;Das bringt dir bittre Stund'!</l><lb/>
                <l>&#x201E;Allgund, was ha&#x017F;t du gehört?&#x201C; &#x2014;</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="16">
                <l>&#x201E;&#x201E;Ich lau&#x017F;ch' deines Ro&#x017F;&#x017F;es Klang,</l><lb/>
                <l>&#x201E;&#x201E;Ich &#x017F;päh' deiner Augen Schein,</l><lb/>
                <l>&#x201E;&#x201E;So kam ich hinab den Hang.</l><lb/>
                <l>&#x201E;&#x201E;Nun thue was Noth mag &#x017F;eyn.&#x201C;&#x201C; &#x2014;</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0279] „Nichts ſoll mir wenden den Sinn, „Daß ich die Rache ihm ſpar'; „Der Freche ſoll werden inn', „Zins tragen auch dreizehn Jahr'.“ „Bei Gott! das war ein Geſtöhn!“ Sie ſchoſſen die Blicke in Haſt. Sprach Kurt: „Es iſt der Föhn, „Der macht ſeufzen den Tannenaſt.“ — „Und iſt ſein Aug' auch blind, „Und iſt ſein Haar auch grau, „Und mein Weib ſeiner Schweſter Kind —“ Hier that einen Schrei die Frau. Wie Wetterfahnen ſchnell Die Dreie wendeten ſich. „Zurück, zurück, mein Geſell! „Dieſes Weibes Richter bin ich.“ „Haſt du gelauſcht, Allgund? „Du ſchweigſt, du blickſt zur Erd'? „Das bringt dir bittre Stund'! „Allgund, was haſt du gehört?“ — „„Ich lauſch' deines Roſſes Klang, „„Ich ſpäh' deiner Augen Schein, „„So kam ich hinab den Hang. „„Nun thue was Noth mag ſeyn.““ —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/279
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/279>, abgerufen am 25.11.2024.