Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

Und bei dem ersten linden Stral
Stieg eine Lerche aus den Schollen,
Und ließ ihr Tirilirum rollen
Recht wacker durch den Aethersaal.

Die Quellchen, glitzernd wie Kristallen,
Die Zweige, glänzend emaillirt --
Das kann dem Kenner schon gefallen,
Ich nickte lächelnd: "es passirt!"
Und stapfte fort in eine Schluft,
Es war ein still und sonnig Fleckchen,
Wo tausend Anemonenglöckchen
Umgaukelten des Veilchens Duft.
Das üpp'ge Moos -- der Lerchen Lieder --
Der Blumen Flor -- des Krautes Keim --
Auf meinen Mantel saß ich nieder
Und sann auf einen Frühlingsreim.
Da -- alle Musen, welch ein Ton! --
Da kam den Rain entlang gesungen
So eine Art von dummen Jungen,
Der Friedrich, meines Schreibers Sohn.
Den Epheukranz im flächsnen Haare,
In seiner Hand den Veilchenstrauß,
So trug er seine achtzehn Jahre
Romantisch in den Lenz hinaus.
Nun schlüpft er durch des Hagens Loch,
Nun hing er an den Dornenzwecken
Wie Abrams Widder in den Hecken,
Und in den Dornen pfiff er noch.

Und bei dem erſten linden Stral
Stieg eine Lerche aus den Schollen,
Und ließ ihr Tirilirum rollen
Recht wacker durch den Aetherſaal.

Die Quellchen, glitzernd wie Kriſtallen,
Die Zweige, glänzend emaillirt —
Das kann dem Kenner ſchon gefallen,
Ich nickte lächelnd: „es paſſirt!“
Und ſtapfte fort in eine Schluft,
Es war ein ſtill und ſonnig Fleckchen,
Wo tauſend Anemonenglöckchen
Umgaukelten des Veilchens Duft.
Das üpp'ge Moos — der Lerchen Lieder —
Der Blumen Flor — des Krautes Keim —
Auf meinen Mantel ſaß ich nieder
Und ſann auf einen Frühlingsreim.
Da — alle Muſen, welch ein Ton! —
Da kam den Rain entlang geſungen
So eine Art von dummen Jungen,
Der Friedrich, meines Schreibers Sohn.
Den Epheukranz im flächsnen Haare,
In ſeiner Hand den Veilchenſtrauß,
So trug er ſeine achtzehn Jahre
Romantiſch in den Lenz hinaus.
Nun ſchlüpft er durch des Hagens Loch,
Nun hing er an den Dornenzwecken
Wie Abrams Widder in den Hecken,
Und in den Dornen pfiff er noch.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="3">
              <pb facs="#f0228" n="214"/>
              <l>Und bei dem er&#x017F;ten linden Stral</l><lb/>
              <l>Stieg eine Lerche aus den Schollen,</l><lb/>
              <l>Und ließ ihr Tirilirum rollen</l><lb/>
              <l>Recht wacker durch den Aether&#x017F;aal.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="4">
              <l>Die Quellchen, glitzernd wie Kri&#x017F;tallen,</l><lb/>
              <l>Die Zweige, glänzend emaillirt &#x2014;</l><lb/>
              <l>Das kann dem Kenner &#x017F;chon gefallen,</l><lb/>
              <l>Ich nickte lächelnd: &#x201E;es pa&#x017F;&#x017F;irt!&#x201C;</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;tapfte fort in eine Schluft,</l><lb/>
              <l>Es war ein &#x017F;till und &#x017F;onnig Fleckchen,</l><lb/>
              <l>Wo tau&#x017F;end Anemonenglöckchen</l><lb/>
              <l>Umgaukelten des Veilchens Duft.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="5">
              <l>Das üpp'ge Moos &#x2014; der Lerchen Lieder &#x2014;</l><lb/>
              <l>Der Blumen Flor &#x2014; des Krautes Keim &#x2014;</l><lb/>
              <l>Auf meinen Mantel &#x017F;aß ich nieder</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;ann auf einen Frühlingsreim.</l><lb/>
              <l>Da &#x2014; alle Mu&#x017F;en, welch ein Ton! &#x2014;</l><lb/>
              <l>Da kam den Rain entlang ge&#x017F;ungen</l><lb/>
              <l>So eine Art von dummen Jungen,</l><lb/>
              <l>Der Friedrich, meines Schreibers Sohn.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="6">
              <l>Den Epheukranz im flächsnen Haare,</l><lb/>
              <l>In &#x017F;einer Hand den Veilchen&#x017F;trauß,</l><lb/>
              <l>So trug er &#x017F;eine achtzehn Jahre</l><lb/>
              <l>Romanti&#x017F;ch in den Lenz hinaus.</l><lb/>
              <l>Nun &#x017F;chlüpft er durch des Hagens Loch,</l><lb/>
              <l>Nun hing er an den Dornenzwecken</l><lb/>
              <l>Wie Abrams Widder in den Hecken,</l><lb/>
              <l>Und in den Dornen pfiff er noch.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0228] Und bei dem erſten linden Stral Stieg eine Lerche aus den Schollen, Und ließ ihr Tirilirum rollen Recht wacker durch den Aetherſaal. Die Quellchen, glitzernd wie Kriſtallen, Die Zweige, glänzend emaillirt — Das kann dem Kenner ſchon gefallen, Ich nickte lächelnd: „es paſſirt!“ Und ſtapfte fort in eine Schluft, Es war ein ſtill und ſonnig Fleckchen, Wo tauſend Anemonenglöckchen Umgaukelten des Veilchens Duft. Das üpp'ge Moos — der Lerchen Lieder — Der Blumen Flor — des Krautes Keim — Auf meinen Mantel ſaß ich nieder Und ſann auf einen Frühlingsreim. Da — alle Muſen, welch ein Ton! — Da kam den Rain entlang geſungen So eine Art von dummen Jungen, Der Friedrich, meines Schreibers Sohn. Den Epheukranz im flächsnen Haare, In ſeiner Hand den Veilchenſtrauß, So trug er ſeine achtzehn Jahre Romantiſch in den Lenz hinaus. Nun ſchlüpft er durch des Hagens Loch, Nun hing er an den Dornenzwecken Wie Abrams Widder in den Hecken, Und in den Dornen pfiff er noch.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/228
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/228>, abgerufen am 25.11.2024.