"In der Muschelhalle liegt er, "Seine grünen Zöpfe wiegt er; "Ries'le, Woge, Sand und Kies, "In des Bartes zottig' Vließ."
"Leise, leise, Wellenkreis, "Wie des Liebsten Ruder leis' "Streift dein leuchtend Glas entlang "Zu dem nächtlich süßen Gang; "Wenn das Boot, im Strauch geborgen, "Tändelt, schaukelt, bis zum Morgen. "In der Kammer flimmert Licht; "Ruhig, Kiesel, knistert nicht!"
Das Lied verhaucht, wie Echo am Gestade, Und leiser, leiser wiegt sich die Najade, Beginnt ihr strömend Flockenhaar zu breiten, Läßt vom Korallenkamm die Tropfen gleiten, Und sachte strehlend schwimmt sie, wie ein Hauch, Im Stral der dämmert durch den Nebelrauch; Wie glänzt ihr Regenbogenschleyer! -- o, Die Sonne steigt, -- das Meer beginnt zu zittern, -- Ein Silbernetz von Myriaden Flittern! Mein Auge zündet sich -- wo bin ich? -- wo?
Tief athmend saß ich auf, aus Westen Bohrte der schräge Sonnenstral, Es tropft' und rieselt von den Aesten, Die Lerche stieg im Aethersaal;
„In der Muſchelhalle liegt er, „Seine grünen Zöpfe wiegt er; „Rieſ'le, Woge, Sand und Kies, „In des Bartes zottig' Vließ.“
„Leiſe, leiſe, Wellenkreis, „Wie des Liebſten Ruder leiſ' „Streift dein leuchtend Glas entlang „Zu dem nächtlich ſüßen Gang; „Wenn das Boot, im Strauch geborgen, „Tändelt, ſchaukelt, bis zum Morgen. „In der Kammer flimmert Licht; „Ruhig, Kieſel, kniſtert nicht!“
Das Lied verhaucht, wie Echo am Geſtade, Und leiſer, leiſer wiegt ſich die Najade, Beginnt ihr ſtrömend Flockenhaar zu breiten, Läßt vom Korallenkamm die Tropfen gleiten, Und ſachte ſtrehlend ſchwimmt ſie, wie ein Hauch, Im Stral der dämmert durch den Nebelrauch; Wie glänzt ihr Regenbogenſchleyer! — o, Die Sonne ſteigt, — das Meer beginnt zu zittern, — Ein Silbernetz von Myriaden Flittern! Mein Auge zündet ſich — wo bin ich? — wo?
Tief athmend ſaß ich auf, aus Weſten Bohrte der ſchräge Sonnenſtral, Es tropft' und rieſelt von den Aeſten, Die Lerche ſtieg im Aetherſaal;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0194"n="180"/><lgn="3"><l>„In der Muſchelhalle liegt er,</l><lb/><l>„Seine grünen Zöpfe wiegt er;</l><lb/><l>„Rieſ'le, Woge, Sand und Kies,</l><lb/><l>„In des Bartes zottig' Vließ.“</l><lb/></lg><lgn="4"><l>„Leiſe, leiſe, Wellenkreis,</l><lb/><l>„Wie des Liebſten Ruder leiſ'</l><lb/><l>„Streift dein leuchtend Glas entlang</l><lb/><l>„Zu dem nächtlich ſüßen Gang;</l><lb/><l>„Wenn das Boot, im Strauch geborgen,</l><lb/><l>„Tändelt, ſchaukelt, bis zum Morgen.</l><lb/><l>„In der Kammer flimmert Licht;</l><lb/><l>„Ruhig, Kieſel, kniſtert nicht!“</l><lb/></lg><lgn="5"><l>Das Lied verhaucht, wie Echo am Geſtade,</l><lb/><l>Und leiſer, leiſer wiegt ſich die Najade,</l><lb/><l>Beginnt ihr ſtrömend Flockenhaar zu breiten,</l><lb/><l>Läßt vom Korallenkamm die Tropfen gleiten,</l><lb/><l>Und ſachte ſtrehlend ſchwimmt ſie, wie ein Hauch,</l><lb/><l>Im Stral der dämmert durch den Nebelrauch;</l><lb/><l>Wie glänzt ihr Regenbogenſchleyer! — o,</l><lb/><l>Die Sonne ſteigt, — das Meer beginnt zu zittern, —</l><lb/><l>Ein Silbernetz von Myriaden Flittern!</l><lb/><l>Mein Auge zündet ſich — wo bin ich? — wo?</l><lb/></lg><lgn="6"><l>Tief athmend ſaß ich auf, aus Weſten</l><lb/><l>Bohrte der ſchräge Sonnenſtral,</l><lb/><l>Es tropft' und rieſelt von den Aeſten,</l><lb/><l>Die Lerche ſtieg im Aetherſaal;</l><lb/></lg></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[180/0194]
„In der Muſchelhalle liegt er,
„Seine grünen Zöpfe wiegt er;
„Rieſ'le, Woge, Sand und Kies,
„In des Bartes zottig' Vließ.“
„Leiſe, leiſe, Wellenkreis,
„Wie des Liebſten Ruder leiſ'
„Streift dein leuchtend Glas entlang
„Zu dem nächtlich ſüßen Gang;
„Wenn das Boot, im Strauch geborgen,
„Tändelt, ſchaukelt, bis zum Morgen.
„In der Kammer flimmert Licht;
„Ruhig, Kieſel, kniſtert nicht!“
Das Lied verhaucht, wie Echo am Geſtade,
Und leiſer, leiſer wiegt ſich die Najade,
Beginnt ihr ſtrömend Flockenhaar zu breiten,
Läßt vom Korallenkamm die Tropfen gleiten,
Und ſachte ſtrehlend ſchwimmt ſie, wie ein Hauch,
Im Stral der dämmert durch den Nebelrauch;
Wie glänzt ihr Regenbogenſchleyer! — o,
Die Sonne ſteigt, — das Meer beginnt zu zittern, —
Ein Silbernetz von Myriaden Flittern!
Mein Auge zündet ſich — wo bin ich? — wo?
Tief athmend ſaß ich auf, aus Weſten
Bohrte der ſchräge Sonnenſtral,
Es tropft' und rieſelt von den Aeſten,
Die Lerche ſtieg im Aetherſaal;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/194>, abgerufen am 17.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.