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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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Und auf dem Baume saß ein Fink,
Der schleppte dürres Moos und Reisig,
"Schau her, schau wieder!" zirpt' er flink
Und förderte am Nestchen fleißig;
Er sah so keck und fröhlich aus,
Als trüg er des Flamingo Kleider,
So sorglich hüpft er um sein Haus,
Als fürcht' er bösen Blick und Neider.
Und wenn ein Reischen er gelegt,
Dann rief er alle Welt zu Zeugen,
Als müsse was der Garten hegt,
Blum' und Gesträuch sich vor ihm neigen;
Um deine Lippe flog ein Zug,
Wie ich ihn oft an ihr gesehen,
Und meinen Namen ließ im Flug
Sie über ihre Spalte gehen.
Schon hob ich meine Hand hinauf
Mit leisem Schlage dich zu strafen,
Allein da wacht ich plötzlich auf
Und bin nicht wieder eingeschlafen;
Nur deiner hab' ich fortgedacht,
Säh dich so gern am grünen Haage,
Mich dünkt, so lieb wie in der Nacht
Sah ich dich noch an keinem Tage.
Im Eise schlummern Blum' und Zweig,
Dezemberwinde schneidend wehen,
Der Garten steht im Wolkenreich,
Wo tausend schönre Gärten stehen;
v. Droste-Hülshof, Gedichte. 11
Und auf dem Baume ſaß ein Fink,
Der ſchleppte dürres Moos und Reiſig,
„Schau her, ſchau wieder!“ zirpt' er flink
Und förderte am Neſtchen fleißig;
Er ſah ſo keck und fröhlich aus,
Als trüg er des Flamingo Kleider,
So ſorglich hüpft er um ſein Haus,
Als fürcht' er böſen Blick und Neider.
Und wenn ein Reiſchen er gelegt,
Dann rief er alle Welt zu Zeugen,
Als müſſe was der Garten hegt,
Blum' und Geſträuch ſich vor ihm neigen;
Um deine Lippe flog ein Zug,
Wie ich ihn oft an ihr geſehen,
Und meinen Namen ließ im Flug
Sie über ihre Spalte gehen.
Schon hob ich meine Hand hinauf
Mit leiſem Schlage dich zu ſtrafen,
Allein da wacht ich plötzlich auf
Und bin nicht wieder eingeſchlafen;
Nur deiner hab' ich fortgedacht,
Säh dich ſo gern am grünen Haage,
Mich dünkt, ſo lieb wie in der Nacht
Sah ich dich noch an keinem Tage.
Im Eiſe ſchlummern Blum' und Zweig,
Dezemberwinde ſchneidend wehen,
Der Garten ſteht im Wolkenreich,
Wo tauſend ſchönre Gärten ſtehen;
v. Droſte-Hülshof, Gedichte. 11
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[161/0175] Und auf dem Baume ſaß ein Fink, Der ſchleppte dürres Moos und Reiſig, „Schau her, ſchau wieder!“ zirpt' er flink Und förderte am Neſtchen fleißig; Er ſah ſo keck und fröhlich aus, Als trüg er des Flamingo Kleider, So ſorglich hüpft er um ſein Haus, Als fürcht' er böſen Blick und Neider. Und wenn ein Reiſchen er gelegt, Dann rief er alle Welt zu Zeugen, Als müſſe was der Garten hegt, Blum' und Geſträuch ſich vor ihm neigen; Um deine Lippe flog ein Zug, Wie ich ihn oft an ihr geſehen, Und meinen Namen ließ im Flug Sie über ihre Spalte gehen. Schon hob ich meine Hand hinauf Mit leiſem Schlage dich zu ſtrafen, Allein da wacht ich plötzlich auf Und bin nicht wieder eingeſchlafen; Nur deiner hab' ich fortgedacht, Säh dich ſo gern am grünen Haage, Mich dünkt, ſo lieb wie in der Nacht Sah ich dich noch an keinem Tage. Im Eiſe ſchlummern Blum' und Zweig, Dezemberwinde ſchneidend wehen, Der Garten ſteht im Wolkenreich, Wo tauſend ſchönre Gärten ſtehen; v. Droſte-Hülshof, Gedichte. 11

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/175>, abgerufen am 23.11.2024.