Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Wenn langsam über's Forum, im Triumpf
Das Viergespann ihn rollte; hörst du dumpf,
Wie halberwachten Donner oder Spülen
Der Brandung, Pöbelwoge ziehn und wühlen,
Um die Quadriga summend, wie im Nahn
Prüft seine Stimme murrend der Orkan?
"Heil, Cäsar, Heil!" um seine kahle Stirn
Ragt Lorbeer, wie die Ficht' um Klippenfirn;
Er lächelt, und aus seinem Lächeln fließet
Ein leise schläfernd Gift, o Roma, dir,
Sein halbgeschlossnes Auge Fäden schießet,
Ein unzerreißbar Netz. -- Gebückt und stier,
Zerzausten Haares, vor den Rossen klirrt
Endloser Gallierzug, die Fesseln schleifen,
Und aus der Pöbelwelle gellt und schwirrt
Gezisch, Gejubel, Cymbelklang und Pfeifen.
Denare fliegen aus des Siegers Hand,
Ha, wie es krabbelt im Arenasand! --
Der Imperator nickt und klingelt fort.
Noch lieg' ich unberührt im Byssusbeutel, --
Was steigt so schwarz am Kapitole dort?
Es dunkelt, dunkelt; -- über Cäsars Scheitel
Ein Riesenaar mit Flügelrauschen steigt,
Die Sonne schwindet, -- doch ein Leuchten streicht
Um der Liktoren Beile, -- wieder itzt --
Sie zucken, schwenken sich -- es blitzt! -- es blitzt!
Die Erzstufe.
Ja, Blitze, Blitze! der Schwaden drängt
Giftiges Gas am Risse hinaus,
Wenn langſam über's Forum, im Triumpf
Das Viergeſpann ihn rollte; hörſt du dumpf,
Wie halberwachten Donner oder Spülen
Der Brandung, Pöbelwoge ziehn und wühlen,
Um die Quadriga ſummend, wie im Nahn
Prüft ſeine Stimme murrend der Orkan?
„Heil, Cäſar, Heil!“ um ſeine kahle Stirn
Ragt Lorbeer, wie die Ficht' um Klippenfirn;
Er lächelt, und aus ſeinem Lächeln fließet
Ein leiſe ſchläfernd Gift, o Roma, dir,
Sein halbgeſchloſſnes Auge Fäden ſchießet,
Ein unzerreißbar Netz. — Gebückt und ſtier,
Zerzausten Haares, vor den Roſſen klirrt
Endloſer Gallierzug, die Feſſeln ſchleifen,
Und aus der Pöbelwelle gellt und ſchwirrt
Geziſch, Gejubel, Cymbelklang und Pfeifen.
Denare fliegen aus des Siegers Hand,
Ha, wie es krabbelt im Arenaſand! —
Der Imperator nickt und klingelt fort.
Noch lieg' ich unberührt im Byſſusbeutel, —
Was ſteigt ſo ſchwarz am Kapitole dort?
Es dunkelt, dunkelt; — über Cäſars Scheitel
Ein Rieſenaar mit Flügelrauſchen ſteigt,
Die Sonne ſchwindet, — doch ein Leuchten ſtreicht
Um der Liktoren Beile, — wieder itzt —
Sie zucken, ſchwenken ſich — es blitzt! — es blitzt!
Die Erzſtufe.
Ja, Blitze, Blitze! der Schwaden drängt
Giftiges Gas am Riſſe hinaus,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0190" n="176"/>
              <l>Wenn lang&#x017F;am über's Forum, im Triumpf</l><lb/>
              <l>Das Vierge&#x017F;pann ihn rollte; hör&#x017F;t du dumpf,</l><lb/>
              <l>Wie halberwachten Donner oder Spülen</l><lb/>
              <l>Der Brandung, Pöbelwoge ziehn und wühlen,</l><lb/>
              <l>Um die Quadriga &#x017F;ummend, wie im Nahn</l><lb/>
              <l>Prüft &#x017F;eine Stimme murrend der Orkan?</l><lb/>
              <l>&#x201E;Heil, Cä&#x017F;ar, Heil!&#x201C; um &#x017F;eine kahle Stirn</l><lb/>
              <l>Ragt Lorbeer, wie die Ficht' um Klippenfirn;</l><lb/>
              <l>Er lächelt, und aus &#x017F;einem Lächeln fließet</l><lb/>
              <l>Ein lei&#x017F;e &#x017F;chläfernd Gift, o Roma, dir,</l><lb/>
              <l>Sein halbge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;nes Auge Fäden &#x017F;chießet,</l><lb/>
              <l>Ein unzerreißbar Netz. &#x2014; Gebückt und &#x017F;tier,</l><lb/>
              <l>Zerzausten Haares, vor den Ro&#x017F;&#x017F;en klirrt</l><lb/>
              <l>Endlo&#x017F;er Gallierzug, die Fe&#x017F;&#x017F;eln &#x017F;chleifen,</l><lb/>
              <l>Und aus der Pöbelwelle gellt und &#x017F;chwirrt</l><lb/>
              <l>Gezi&#x017F;ch, Gejubel, Cymbelklang und Pfeifen.</l><lb/>
              <l>Denare fliegen aus des Siegers Hand,</l><lb/>
              <l>Ha, wie es krabbelt im Arena&#x017F;and! &#x2014;</l><lb/>
              <l>Der Imperator nickt und klingelt fort.</l><lb/>
              <l>Noch lieg' ich unberührt im By&#x017F;&#x017F;usbeutel, &#x2014;</l><lb/>
              <l>Was &#x017F;teigt &#x017F;o &#x017F;chwarz am Kapitole dort?</l><lb/>
              <l>Es dunkelt, dunkelt; &#x2014; über Cä&#x017F;ars Scheitel</l><lb/>
              <l>Ein Rie&#x017F;enaar mit Flügelrau&#x017F;chen &#x017F;teigt,</l><lb/>
              <l>Die Sonne &#x017F;chwindet, &#x2014; doch ein Leuchten &#x017F;treicht</l><lb/>
              <l>Um der Liktoren Beile, &#x2014; wieder itzt &#x2014;</l><lb/>
              <l>Sie zucken, &#x017F;chwenken &#x017F;ich &#x2014; es blitzt! &#x2014; es blitzt!</l><lb/>
            </lg>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#g">Die Erz&#x017F;tufe.</hi><lb/>
            </head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Ja, Blitze, Blitze! der Schwaden drängt</l><lb/>
                <l>Giftiges Gas am Ri&#x017F;&#x017F;e hinaus,</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0190] Wenn langſam über's Forum, im Triumpf Das Viergeſpann ihn rollte; hörſt du dumpf, Wie halberwachten Donner oder Spülen Der Brandung, Pöbelwoge ziehn und wühlen, Um die Quadriga ſummend, wie im Nahn Prüft ſeine Stimme murrend der Orkan? „Heil, Cäſar, Heil!“ um ſeine kahle Stirn Ragt Lorbeer, wie die Ficht' um Klippenfirn; Er lächelt, und aus ſeinem Lächeln fließet Ein leiſe ſchläfernd Gift, o Roma, dir, Sein halbgeſchloſſnes Auge Fäden ſchießet, Ein unzerreißbar Netz. — Gebückt und ſtier, Zerzausten Haares, vor den Roſſen klirrt Endloſer Gallierzug, die Feſſeln ſchleifen, Und aus der Pöbelwelle gellt und ſchwirrt Geziſch, Gejubel, Cymbelklang und Pfeifen. Denare fliegen aus des Siegers Hand, Ha, wie es krabbelt im Arenaſand! — Der Imperator nickt und klingelt fort. Noch lieg' ich unberührt im Byſſusbeutel, — Was ſteigt ſo ſchwarz am Kapitole dort? Es dunkelt, dunkelt; — über Cäſars Scheitel Ein Rieſenaar mit Flügelrauſchen ſteigt, Die Sonne ſchwindet, — doch ein Leuchten ſtreicht Um der Liktoren Beile, — wieder itzt — Sie zucken, ſchwenken ſich — es blitzt! — es blitzt! Die Erzſtufe. Ja, Blitze, Blitze! der Schwaden drängt Giftiges Gas am Riſſe hinaus,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/190
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/190>, abgerufen am 27.12.2024.