Der stand, einen Köcher in jeder Hand, Wie sinnend auf lustige Finte, Das Haupt gewendet vom stäubenden Sand, Und spiegelte sich in der Dinte.
Sieh! drüben der Thüren Paneele, breit, Geschmückt mit schimmernden Leisten! Wie hab' ich geflattert und mich gefreut, Wenn leise knarrend sie gleißten! Dann kam das Ding -- ein Mann -- ein Greis? -- Nie konnte ich satt mich schauen, Daß seine Lockenkaskaden so weiß, So glänzend schwarz seine Brauen!
Schrieb, schrieb, daß die Feder knirrt' und bog, Lang lange schlängelnde Kette, Und sachte über den Marmor zog Und schleifte sich die Manschette. Das summt und säuselte mir wie Traum, Wie surrender Bienen Lesen, Als sey ich einst ein seidener Schaum, Eine Spitzenmanschette gewesen.
Pst! -- stille, -- sieh, ein Andrer! -- sieh! Wie schütteln des Schreibers Locken! Er beugt und schlenkert sich bis an's Knie, Schlürft und schleicht wie auf Socken. Ha! es zupft mich, -- ich falle, ich falle! -- Da liege ich hülflos gebreitet, Und über mich die dintige Galle Wie Würmer krimmelt und gleitet.
Der ſtand, einen Köcher in jeder Hand, Wie ſinnend auf luſtige Finte, Das Haupt gewendet vom ſtäubenden Sand, Und ſpiegelte ſich in der Dinte.
Sieh! drüben der Thüren Paneele, breit, Geſchmückt mit ſchimmernden Leiſten! Wie hab' ich geflattert und mich gefreut, Wenn leiſe knarrend ſie gleißten! Dann kam das Ding — ein Mann — ein Greis? — Nie konnte ich ſatt mich ſchauen, Daß ſeine Lockenkaskaden ſo weiß, So glänzend ſchwarz ſeine Brauen!
Schrieb, ſchrieb, daß die Feder knirrt' und bog, Lang lange ſchlängelnde Kette, Und ſachte über den Marmor zog Und ſchleifte ſich die Manſchette. Das ſummt und ſäuſelte mir wie Traum, Wie ſurrender Bienen Leſen, Als ſey ich einſt ein ſeidener Schaum, Eine Spitzenmanſchette geweſen.
Pſt! — ſtille, — ſieh, ein Andrer! — ſieh! Wie ſchütteln des Schreibers Locken! Er beugt und ſchlenkert ſich bis an's Knie, Schlürft und ſchleicht wie auf Socken. Ha! es zupft mich, — ich falle, ich falle! — Da liege ich hülflos gebreitet, Und über mich die dintige Galle Wie Würmer krimmelt und gleitet.
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Der ſtand, einen Köcher in jeder Hand,
Wie ſinnend auf luſtige Finte,
Das Haupt gewendet vom ſtäubenden Sand,
Und ſpiegelte ſich in der Dinte.
Sieh! drüben der Thüren Paneele, breit,
Geſchmückt mit ſchimmernden Leiſten!
Wie hab' ich geflattert und mich gefreut,
Wenn leiſe knarrend ſie gleißten!
Dann kam das Ding — ein Mann — ein Greis? —
Nie konnte ich ſatt mich ſchauen,
Daß ſeine Lockenkaskaden ſo weiß,
So glänzend ſchwarz ſeine Brauen!
Schrieb, ſchrieb, daß die Feder knirrt' und bog,
Lang lange ſchlängelnde Kette,
Und ſachte über den Marmor zog
Und ſchleifte ſich die Manſchette.
Das ſummt und ſäuſelte mir wie Traum,
Wie ſurrender Bienen Leſen,
Als ſey ich einſt ein ſeidener Schaum,
Eine Spitzenmanſchette geweſen.
Pſt! — ſtille, — ſieh, ein Andrer! — ſieh!
Wie ſchütteln des Schreibers Locken!
Er beugt und ſchlenkert ſich bis an's Knie,
Schlürft und ſchleicht wie auf Socken.
Ha! es zupft mich, — ich falle, ich falle! —
Da liege ich hülflos gebreitet,
Und über mich die dintige Galle
Wie Würmer krimmelt und gleitet.
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/188>, abgerufen am 16.07.2024.
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