Bild seines Jammers waren. Aber er küßte seine Frau innig und sagte beim Weggehn mit fester Ruhe:
"Es wird wohl noch gut werden!" --
Bei dem reichen Manne mußte Schenk diesmal ge¬ raume Zeit in der Hausflur stehen. Die gallonirten Be¬ dienten kamen mit silbernen Schüsseln aus den Zimmern, und strichen an ihm vorüber, indem sie ihn aus dem Wege gehn hießen oder gar verächtlich zur Seite stießen. Anfangs hatten sie ihn, seines schmutzigen und zerschlisse¬ nen Aeußern wegen, fortjagen wollen, zumal der Herr noch bei Tische saß, aber Schenk behauptete, dringlich mit dem Herrn sprechen zu müssen, und wollte lieber unter der beleidigenden Behandlung des Bedientenvolks ausharren, als sich seiner letzten Hoffnung begeben.
Nach Verlauf von anderthalb Stunden endlich ward er in einen Vorsaal gewiesen, wo er abermals eine Vier¬ telstunde wartete. Er betrachtete mit ausdruckslosem Blick ein Gemälde, während seine Gedanken, ermüdet und abgespannt, fern von dem Ort und dem Zweck sei¬ nes Besuches waren. Als er aber im Nebenzimmer den
Armuth und Verbrechen.
Bild ſeines Jammers waren. Aber er kuͤßte ſeine Frau innig und ſagte beim Weggehn mit feſter Ruhe:
„Es wird wohl noch gut werden!“ —
Bei dem reichen Manne mußte Schenk diesmal ge¬ raume Zeit in der Hausflur ſtehen. Die gallonirten Be¬ dienten kamen mit ſilbernen Schuͤſſeln aus den Zimmern, und ſtrichen an ihm voruͤber, indem ſie ihn aus dem Wege gehn hießen oder gar veraͤchtlich zur Seite ſtießen. Anfangs hatten ſie ihn, ſeines ſchmutzigen und zerſchliſſe¬ nen Aeußern wegen, fortjagen wollen, zumal der Herr noch bei Tiſche ſaß, aber Schenk behauptete, dringlich mit dem Herrn ſprechen zu muͤſſen, und wollte lieber unter der beleidigenden Behandlung des Bedientenvolks ausharren, als ſich ſeiner letzten Hoffnung begeben.
Nach Verlauf von anderthalb Stunden endlich ward er in einen Vorſaal gewieſen, wo er abermals eine Vier¬ telſtunde wartete. Er betrachtete mit ausdrucksloſem Blick ein Gemaͤlde, waͤhrend ſeine Gedanken, ermuͤdet und abgeſpannt, fern von dem Ort und dem Zweck ſei¬ nes Beſuches waren. Als er aber im Nebenzimmer den
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0052"n="38"/><fwplace="top"type="header">Armuth und Verbrechen.<lb/></fw>Bild ſeines Jammers waren. Aber er kuͤßte ſeine Frau<lb/>
innig und ſagte beim Weggehn mit feſter Ruhe:</p><lb/><p>„Es wird wohl noch gut werden!“—</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Bei dem reichen Manne mußte Schenk diesmal ge¬<lb/>
raume Zeit in der Hausflur ſtehen. Die gallonirten Be¬<lb/>
dienten kamen mit ſilbernen Schuͤſſeln aus den Zimmern,<lb/>
und ſtrichen an ihm voruͤber, indem ſie ihn aus dem<lb/>
Wege gehn hießen oder gar veraͤchtlich zur Seite ſtießen.<lb/>
Anfangs hatten ſie ihn, ſeines ſchmutzigen und zerſchliſſe¬<lb/>
nen Aeußern wegen, fortjagen wollen, zumal der Herr<lb/>
noch bei Tiſche ſaß, aber Schenk behauptete, dringlich<lb/>
mit dem Herrn ſprechen zu muͤſſen, und wollte lieber<lb/>
unter der beleidigenden Behandlung des Bedientenvolks<lb/>
ausharren, als ſich ſeiner letzten Hoffnung begeben.</p><lb/><p>Nach Verlauf von anderthalb Stunden endlich ward<lb/>
er in einen Vorſaal gewieſen, wo er abermals eine Vier¬<lb/>
telſtunde wartete. Er betrachtete mit ausdrucksloſem<lb/>
Blick ein Gemaͤlde, waͤhrend ſeine Gedanken, ermuͤdet<lb/>
und abgeſpannt, fern von dem Ort und dem Zweck ſei¬<lb/>
nes Beſuches waren. Als er aber im Nebenzimmer den<lb/></p></div></body></text></TEI>
[38/0052]
Armuth und Verbrechen.
Bild ſeines Jammers waren. Aber er kuͤßte ſeine Frau
innig und ſagte beim Weggehn mit feſter Ruhe:
„Es wird wohl noch gut werden!“ —
Bei dem reichen Manne mußte Schenk diesmal ge¬
raume Zeit in der Hausflur ſtehen. Die gallonirten Be¬
dienten kamen mit ſilbernen Schuͤſſeln aus den Zimmern,
und ſtrichen an ihm voruͤber, indem ſie ihn aus dem
Wege gehn hießen oder gar veraͤchtlich zur Seite ſtießen.
Anfangs hatten ſie ihn, ſeines ſchmutzigen und zerſchliſſe¬
nen Aeußern wegen, fortjagen wollen, zumal der Herr
noch bei Tiſche ſaß, aber Schenk behauptete, dringlich
mit dem Herrn ſprechen zu muͤſſen, und wollte lieber
unter der beleidigenden Behandlung des Bedientenvolks
ausharren, als ſich ſeiner letzten Hoffnung begeben.
Nach Verlauf von anderthalb Stunden endlich ward
er in einen Vorſaal gewieſen, wo er abermals eine Vier¬
telſtunde wartete. Er betrachtete mit ausdrucksloſem
Blick ein Gemaͤlde, waͤhrend ſeine Gedanken, ermuͤdet
und abgeſpannt, fern von dem Ort und dem Zweck ſei¬
nes Beſuches waren. Als er aber im Nebenzimmer den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/52>, abgerufen am 30.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.