Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Unvermeidliche.
schönen Thiere den Hals und sagte, daß es ganz sanft
sei: ob sie nicht einmal versuchen wolle darauf zu reiten?

Das Mädchen zögerte einen Augenblick, stieg aber
dann vollends über die Mauer. Aurelio hob sie auf's
Pferd, und führte dasselbe im langsamen Schritt umher.

Ganz am Ende der Mauer hatte der Fremde wie¬
der Wache gestanden. Als er das Mädchen jetzt auf dem
Pferde des Kunstreiters sitzen sah, verließ er seinen Posten,
ging nach der entgegengesetzten Seite der Mauer und
horchte an der Hausthür des Pensionats. Der Haus¬
mann öffnete, und der Fremde erzählte ihm etwas, wor¬
über der Mann sehr erschrack und sogleich die Treppe
hinauf zu den Vorstehern lief.

Das Mädchen ritt unter den Bäumen an der Gar¬
tenmauer noch auf und ab, als plötzlich die Hinterthür
des Pensionatgebäudes aufgerissen wurde und mehrere
Leute in den Garten stürzten. Das Mädchen faßte
angstvoll den Arm ihres Geliebten, und flüsterte ihm et¬
was zu, indem sie über die Mauer zeigte. Der Kunst¬
reiter schwang sich hinter ihr in den Sattel und ritt
rasch und leise um die Mauer nach dem Haupteingang
des Gebäudes. Hier traten eben der Hausmann und
mehrere andere Leute in lautem Gespräch aus der Thür,

13 *

Das Unvermeidliche.
ſchoͤnen Thiere den Hals und ſagte, daß es ganz ſanft
ſei: ob ſie nicht einmal verſuchen wolle darauf zu reiten?

Das Maͤdchen zoͤgerte einen Augenblick, ſtieg aber
dann vollends uͤber die Mauer. Aurelio hob ſie auf's
Pferd, und fuͤhrte daſſelbe im langſamen Schritt umher.

Ganz am Ende der Mauer hatte der Fremde wie¬
der Wache geſtanden. Als er das Maͤdchen jetzt auf dem
Pferde des Kunſtreiters ſitzen ſah, verließ er ſeinen Poſten,
ging nach der entgegengeſetzten Seite der Mauer und
horchte an der Hausthuͤr des Penſionats. Der Haus¬
mann oͤffnete, und der Fremde erzaͤhlte ihm etwas, wor¬
uͤber der Mann ſehr erſchrack und ſogleich die Treppe
hinauf zu den Vorſtehern lief.

Das Maͤdchen ritt unter den Baͤumen an der Gar¬
tenmauer noch auf und ab, als ploͤtzlich die Hinterthuͤr
des Penſionatgebaͤudes aufgeriſſen wurde und mehrere
Leute in den Garten ſtuͤrzten. Das Maͤdchen faßte
angſtvoll den Arm ihres Geliebten, und fluͤſterte ihm et¬
was zu, indem ſie uͤber die Mauer zeigte. Der Kunſt¬
reiter ſchwang ſich hinter ihr in den Sattel und ritt
raſch und leiſe um die Mauer nach dem Haupteingang
des Gebaͤudes. Hier traten eben der Hausmann und
mehrere andere Leute in lautem Geſpraͤch aus der Thuͤr,

13 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0209" n="195"/><fw place="top" type="header">Das Unvermeidliche.<lb/></fw> &#x017F;cho&#x0364;nen Thiere den Hals und &#x017F;agte, daß es ganz &#x017F;anft<lb/>
&#x017F;ei: ob &#x017F;ie nicht einmal ver&#x017F;uchen wolle darauf zu reiten?</p><lb/>
        <p>Das Ma&#x0364;dchen zo&#x0364;gerte einen Augenblick, &#x017F;tieg aber<lb/>
dann vollends u&#x0364;ber die Mauer. Aurelio hob &#x017F;ie auf's<lb/>
Pferd, und fu&#x0364;hrte da&#x017F;&#x017F;elbe im lang&#x017F;amen Schritt umher.</p><lb/>
        <p>Ganz am Ende der Mauer hatte der Fremde wie¬<lb/>
der Wache ge&#x017F;tanden. Als er das Ma&#x0364;dchen jetzt auf dem<lb/>
Pferde des Kun&#x017F;treiters &#x017F;itzen &#x017F;ah, verließ er &#x017F;einen Po&#x017F;ten,<lb/>
ging nach der entgegenge&#x017F;etzten Seite der Mauer und<lb/>
horchte an der Hausthu&#x0364;r des Pen&#x017F;ionats. Der Haus¬<lb/>
mann o&#x0364;ffnete, und der Fremde erza&#x0364;hlte ihm etwas, wor¬<lb/>
u&#x0364;ber der Mann &#x017F;ehr er&#x017F;chrack und &#x017F;ogleich die Treppe<lb/>
hinauf zu den Vor&#x017F;tehern lief.</p><lb/>
        <p>Das Ma&#x0364;dchen ritt unter den Ba&#x0364;umen an der Gar¬<lb/>
tenmauer noch auf und ab, als plo&#x0364;tzlich die Hinterthu&#x0364;r<lb/>
des Pen&#x017F;ionatgeba&#x0364;udes aufgeri&#x017F;&#x017F;en wurde und mehrere<lb/>
Leute in den Garten &#x017F;tu&#x0364;rzten. Das Ma&#x0364;dchen faßte<lb/>
ang&#x017F;tvoll den Arm ihres Geliebten, und flu&#x0364;&#x017F;terte ihm et¬<lb/>
was zu, indem &#x017F;ie u&#x0364;ber die Mauer zeigte. Der Kun&#x017F;<lb/>
reiter &#x017F;chwang &#x017F;ich hinter ihr in den Sattel und ritt<lb/>
ra&#x017F;ch und lei&#x017F;e um die Mauer nach dem Haupteingang<lb/>
des Geba&#x0364;udes. Hier traten eben der Hausmann und<lb/>
mehrere andere Leute in lautem Ge&#x017F;pra&#x0364;ch aus der Thu&#x0364;r,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">13 *<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0209] Das Unvermeidliche. ſchoͤnen Thiere den Hals und ſagte, daß es ganz ſanft ſei: ob ſie nicht einmal verſuchen wolle darauf zu reiten? Das Maͤdchen zoͤgerte einen Augenblick, ſtieg aber dann vollends uͤber die Mauer. Aurelio hob ſie auf's Pferd, und fuͤhrte daſſelbe im langſamen Schritt umher. Ganz am Ende der Mauer hatte der Fremde wie¬ der Wache geſtanden. Als er das Maͤdchen jetzt auf dem Pferde des Kunſtreiters ſitzen ſah, verließ er ſeinen Poſten, ging nach der entgegengeſetzten Seite der Mauer und horchte an der Hausthuͤr des Penſionats. Der Haus¬ mann oͤffnete, und der Fremde erzaͤhlte ihm etwas, wor¬ uͤber der Mann ſehr erſchrack und ſogleich die Treppe hinauf zu den Vorſtehern lief. Das Maͤdchen ritt unter den Baͤumen an der Gar¬ tenmauer noch auf und ab, als ploͤtzlich die Hinterthuͤr des Penſionatgebaͤudes aufgeriſſen wurde und mehrere Leute in den Garten ſtuͤrzten. Das Maͤdchen faßte angſtvoll den Arm ihres Geliebten, und fluͤſterte ihm et¬ was zu, indem ſie uͤber die Mauer zeigte. Der Kunſt¬ reiter ſchwang ſich hinter ihr in den Sattel und ritt raſch und leiſe um die Mauer nach dem Haupteingang des Gebaͤudes. Hier traten eben der Hausmann und mehrere andere Leute in lautem Geſpraͤch aus der Thuͤr, 13 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/209
Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/209>, abgerufen am 23.11.2024.