Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Rechtsfrage.

"Er ist todt," erwiderte der Doktor ruhig.

In der Gesellschaft entstand eine tiefe, stille Pause,
nur einigen Damen entschlüpfte ein leiser Ausruf mitlei¬
diger Theilnahme. Der Oberarzt rührte gleichgültig mit
dem Löffel in seiner Theetasse.

"Das Mädel, seine Geliebte, war da und weinte,
weil sie nicht zu ihm gelassen wurde. Es ging aber
auch nicht an. Er hatte sein Bewußtsein bis zum
letzten Augenblick. Der arme Teufel! Er ist recht
muthig gestorben, nur das Schicksal seiner alten blin¬
den Mutter und seiner Liebsten lag ihm sehr im
Sinn!" --


Die Rechtsfrage.

„Er iſt todt,“ erwiderte der Doktor ruhig.

In der Geſellſchaft entſtand eine tiefe, ſtille Pauſe,
nur einigen Damen entſchluͤpfte ein leiſer Ausruf mitlei¬
diger Theilnahme. Der Oberarzt ruͤhrte gleichguͤltig mit
dem Loͤffel in ſeiner Theetaſſe.

„Das Maͤdel, ſeine Geliebte, war da und weinte,
weil ſie nicht zu ihm gelaſſen wurde. Es ging aber
auch nicht an. Er hatte ſein Bewußtſein bis zum
letzten Augenblick. Der arme Teufel! Er iſt recht
muthig geſtorben, nur das Schickſal ſeiner alten blin¬
den Mutter und ſeiner Liebſten lag ihm ſehr im
Sinn!“ —


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0129" n="115"/>
        <fw place="top" type="header">Die Rechtsfrage.<lb/></fw>
        <p>&#x201E;Er i&#x017F;t todt,&#x201C; erwiderte der Doktor ruhig.</p><lb/>
        <p>In der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft ent&#x017F;tand eine tiefe, &#x017F;tille Pau&#x017F;e,<lb/>
nur einigen Damen ent&#x017F;chlu&#x0364;pfte ein lei&#x017F;er Ausruf mitlei¬<lb/>
diger Theilnahme. Der Oberarzt ru&#x0364;hrte gleichgu&#x0364;ltig mit<lb/>
dem Lo&#x0364;ffel in &#x017F;einer Theeta&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das Ma&#x0364;del, &#x017F;eine Geliebte, war da und weinte,<lb/>
weil &#x017F;ie nicht zu ihm gela&#x017F;&#x017F;en wurde. Es ging aber<lb/>
auch nicht an. Er hatte &#x017F;ein Bewußt&#x017F;ein bis zum<lb/>
letzten Augenblick. Der arme Teufel! Er i&#x017F;t recht<lb/>
muthig ge&#x017F;torben, nur das Schick&#x017F;al &#x017F;einer alten blin¬<lb/>
den Mutter und &#x017F;einer Lieb&#x017F;ten lag ihm &#x017F;ehr im<lb/>
Sinn!&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0129] Die Rechtsfrage. „Er iſt todt,“ erwiderte der Doktor ruhig. In der Geſellſchaft entſtand eine tiefe, ſtille Pauſe, nur einigen Damen entſchluͤpfte ein leiſer Ausruf mitlei¬ diger Theilnahme. Der Oberarzt ruͤhrte gleichguͤltig mit dem Loͤffel in ſeiner Theetaſſe. „Das Maͤdel, ſeine Geliebte, war da und weinte, weil ſie nicht zu ihm gelaſſen wurde. Es ging aber auch nicht an. Er hatte ſein Bewußtſein bis zum letzten Augenblick. Der arme Teufel! Er iſt recht muthig geſtorben, nur das Schickſal ſeiner alten blin¬ den Mutter und ſeiner Liebſten lag ihm ſehr im Sinn!“ —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/129
Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/129>, abgerufen am 23.11.2024.