bräuchlich war, Professoren der orientalischen Spra- chen, sondern im Lande bestellete Rabbiner befraget werden: und diese Billigkeit ist allgemeiner Nachah- mung werth. Rabbinen müssen ohne Zweifel ihr hergebrachtes Recht viel besser verstehen, und leich- ter beantworten können, als der beste und gelehrte- ste Professor der orientalischen Sprachen, denn der hat sich mit ganz andern Dingen zu beschäftigen, und Rechtskunde, sonderlich die etwas verworrene jüdische Rechtskunde, erfodert ihren eigenen Mann. Wir Christen fragen ja auch den Professor Eloquen- tiä nicht, wenn über Acten nach römischem Recht zu urtheilen wäre. -- -- -- -- Aber Einen Gedan- ken, der mir mehrmahls aufgefallen ist, und den zu sagen ich noch nie Gelegenheit gehabt habe, kann ich hier nicht unterdrücken: wirklich er geht, das wird Herr D. wohl kaum von mir erwarten, auf eine Verhinderung der Juden in einem gewissen Stück nach ihrem Gesetz zu leben *); und doch glaube ich,
am
*) Ich habe es in meiner Schrift durchaus nicht damit zu thun, daß die Juden strenge nach ih- rem Gesetze leben, sondern nur damit, daß und wie sie bessere und glücklichere Glieder der Gesellschaft werden mögen. Für die ihnen
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braͤuchlich war, Profeſſoren der orientaliſchen Spra- chen, ſondern im Lande beſtellete Rabbiner befraget werden: und dieſe Billigkeit iſt allgemeiner Nachah- mung werth. Rabbinen muͤſſen ohne Zweifel ihr hergebrachtes Recht viel beſſer verſtehen, und leich- ter beantworten koͤnnen, als der beſte und gelehrte- ſte Profeſſor der orientaliſchen Sprachen, denn der hat ſich mit ganz andern Dingen zu beſchaͤftigen, und Rechtskunde, ſonderlich die etwas verworrene juͤdiſche Rechtskunde, erfodert ihren eigenen Mann. Wir Chriſten fragen ja auch den Profeſſor Eloquen- tiaͤ nicht, wenn uͤber Acten nach roͤmiſchem Recht zu urtheilen waͤre. — — — — Aber Einen Gedan- ken, der mir mehrmahls aufgefallen iſt, und den zu ſagen ich noch nie Gelegenheit gehabt habe, kann ich hier nicht unterdruͤcken: wirklich er geht, das wird Herr D. wohl kaum von mir erwarten, auf eine Verhinderung der Juden in einem gewiſſen Stuͤck nach ihrem Geſetz zu leben *); und doch glaube ich,
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*) Ich habe es in meiner Schrift durchaus nicht damit zu thun, daß die Juden ſtrenge nach ih- rem Geſetze leben, ſondern nur damit, daß und wie ſie beſſere und gluͤcklichere Glieder der Geſellſchaft werden moͤgen. Fuͤr die ihnen
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braͤuchlich war, Profeſſoren der orientaliſchen Spra-
chen, ſondern im Lande beſtellete Rabbiner befraget
werden: und dieſe Billigkeit iſt allgemeiner Nachah-
mung werth. Rabbinen muͤſſen ohne Zweifel ihr
hergebrachtes Recht viel beſſer verſtehen, und leich-
ter beantworten koͤnnen, als der beſte und gelehrte-
ſte Profeſſor der orientaliſchen Sprachen, denn der
hat ſich mit ganz andern Dingen zu beſchaͤftigen,
und Rechtskunde, ſonderlich die etwas verworrene
juͤdiſche Rechtskunde, erfodert ihren eigenen Mann.
Wir Chriſten fragen ja auch den Profeſſor Eloquen-
tiaͤ nicht, wenn uͤber Acten nach roͤmiſchem Recht zu
urtheilen waͤre. — — — — Aber Einen Gedan-
ken, der mir mehrmahls aufgefallen iſt, und den
zu ſagen ich noch nie Gelegenheit gehabt habe, kann
ich hier nicht unterdruͤcken: wirklich er geht, das wird
Herr D. wohl kaum von mir erwarten, auf eine
Verhinderung der Juden in einem gewiſſen Stuͤck
nach ihrem Geſetz zu leben *); und doch glaube ich,
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*) Ich habe es in meiner Schrift durchaus nicht
damit zu thun, daß die Juden ſtrenge nach ih-
rem Geſetze leben, ſondern nur damit, daß und
wie ſie beſſere und gluͤcklichere Glieder der
Geſellſchaft werden moͤgen. Fuͤr die ihnen
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/73>, abgerufen am 27.07.2024.
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