Aber nun noch ein Zweifel von anderer Art ge- gen den für die Juden wirklich wohlthätigen und menschenfreundlichen Vorschlag. Auf dieser wohl- thätigen Seite schätze ich ihn hoch, aber möchte nicht mit der Wohlthat Beleidigung und Unrecht gegen die angebohrnen Bürger verbunden sehn? Der ge- meine Haufe der armen Juden ist lasterhafter, als wir, das gesteht Herr D. selbst ein, die Hälfte der Spitzbubenbanden besteht aus ihm, das sagen die Criminalacten, im ersten und zweyten Menschenal- ter wird der moralische Character der Juden wohl noch nicht gebessert werden, das gesteht Herr D. freywillig ein, und hoffet die gewünschte Besserung erst im dritten oder vierten Menschenalter, das heiß[t], in hundert oder hundert und vierzig Jahren. Ob sie im dritten oder vierten Menschenalter oder noch viel später, erfolgt, wäre ein Problem: aber bis ins dritte Menschenalter sollen wir nach ihm selbst warten. Wäre nun etwan von moralischen Krank- heiten die Rede, die dem jüdischen Volk selbst schade- ten, so könnte man den Versuch an sie wagen, aber die Krankheit ist gerade, daß aus ihnen die Spitz- bubenbanden bestehen, oder sie doch Hehler und Ver- käufer sind. In den Gegenden Deutschlandes, in denen Fürsten (oft aus Gewinnsucht und wegen des
ein-
Aber nun noch ein Zweifel von anderer Art ge- gen den fuͤr die Juden wirklich wohlthaͤtigen und menſchenfreundlichen Vorſchlag. Auf dieſer wohl- thaͤtigen Seite ſchaͤtze ich ihn hoch, aber moͤchte nicht mit der Wohlthat Beleidigung und Unrecht gegen die angebohrnen Buͤrger verbunden ſehn? Der ge- meine Haufe der armen Juden iſt laſterhafter, als wir, das geſteht Herr D. ſelbſt ein, die Haͤlfte der Spitzbubenbanden beſteht aus ihm, das ſagen die Criminalacten, im erſten und zweyten Menſchenal- ter wird der moraliſche Character der Juden wohl noch nicht gebeſſert werden, das geſteht Herr D. freywillig ein, und hoffet die gewuͤnſchte Beſſerung erſt im dritten oder vierten Menſchenalter, das heiß[t], in hundert oder hundert und vierzig Jahren. Ob ſie im dritten oder vierten Menſchenalter oder noch viel ſpaͤter, erfolgt, waͤre ein Problem: aber bis ins dritte Menſchenalter ſollen wir nach ihm ſelbſt warten. Waͤre nun etwan von moraliſchen Krank- heiten die Rede, die dem juͤdiſchen Volk ſelbſt ſchade- ten, ſo koͤnnte man den Verſuch an ſie wagen, aber die Krankheit iſt gerade, daß aus ihnen die Spitz- bubenbanden beſtehen, oder ſie doch Hehler und Ver- kaͤufer ſind. In den Gegenden Deutſchlandes, in denen Fuͤrſten (oft aus Gewinnſucht und wegen des
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Aber nun noch ein Zweifel von anderer Art ge-
gen den fuͤr die Juden wirklich wohlthaͤtigen und
menſchenfreundlichen Vorſchlag. Auf dieſer wohl-
thaͤtigen Seite ſchaͤtze ich ihn hoch, aber moͤchte nicht
mit der Wohlthat Beleidigung und Unrecht gegen
die angebohrnen Buͤrger verbunden ſehn? Der ge-
meine Haufe der armen Juden iſt laſterhafter, als
wir, das geſteht Herr D. ſelbſt ein, die Haͤlfte der
Spitzbubenbanden beſteht aus ihm, das ſagen die
Criminalacten, im erſten und zweyten Menſchenal-
ter wird der moraliſche Character der Juden wohl
noch nicht gebeſſert werden, das geſteht Herr D.
freywillig ein, und hoffet die gewuͤnſchte Beſſerung
erſt im dritten oder vierten Menſchenalter, das heißt,
in hundert oder hundert und vierzig Jahren.
Ob ſie im dritten oder vierten Menſchenalter oder
noch viel ſpaͤter, erfolgt, waͤre ein Problem: aber
bis ins dritte Menſchenalter ſollen wir nach ihm ſelbſt
warten. Waͤre nun etwan von moraliſchen Krank-
heiten die Rede, die dem juͤdiſchen Volk ſelbſt ſchade-
ten, ſo koͤnnte man den Verſuch an ſie wagen, aber
die Krankheit iſt gerade, daß aus ihnen die Spitz-
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/62>, abgerufen am 22.11.2024.
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