suistik. So gar, der sonst am vernünftigsten den- kende Josephus, einer nicht von der abergläubischen neupharisäischen, sondern von der bessern Secte der alten Pharisäer, selbst Anführer der Juden im Krie- ge, hält es für eine Entheiligung des Sabbaths, daß die Juden, da Cestius Gallus sich mit der römi- schen Armee Jerusalem nähert, einen Ausfall thun, die Römer schlagen, so daß 515 Römer und nur 22 Juden bleiben, und dis noch dazu, da dieser Aus- fall so nahe dabey war, den Ausschlag des ganzen Krieges zu geben, denn er sagt selbst, wenn nicht die römische Reuterey eben zu rechter Zeit zu Hülfe ge- kommen wäre, so würde Cestius mit der ganzen Ar- mee in Gefahr gewesen seyn. (de bello Jud. II, 19; 2.) Was könnten wir mit solchen Soldaten, die noch dazu durch National- und Religionsbande mit einander verbunden wären, anfangen? Besser ha- ben wir sie gar nicht, wenn sie auch nach dieser über 2000 Jahr alten wunderlichen Auslegung des bessern Mosaischen Gesetzes dienen wollten. Hätte der ge- lehrte Jude, der Herrn Dohm Maymonides Stelle mittheilte, auch völlig so gedacht, wie ich im Mo- saischen Recht, so hat er doch meine Meynung mit keiner ihr beystimmenden jüdischen Authorität belegen können; sie bleibt also blos meine, und ist nicht der Juden Meynung.
Aber
D
ſuiſtik. So gar, der ſonſt am vernuͤnftigſten den- kende Joſephus, einer nicht von der aberglaͤubiſchen neuphariſaͤiſchen, ſondern von der beſſern Secte der alten Phariſaͤer, ſelbſt Anfuͤhrer der Juden im Krie- ge, haͤlt es fuͤr eine Entheiligung des Sabbaths, daß die Juden, da Ceſtius Gallus ſich mit der roͤmi- ſchen Armee Jeruſalem naͤhert, einen Ausfall thun, die Roͤmer ſchlagen, ſo daß 515 Roͤmer und nur 22 Juden bleiben, und dis noch dazu, da dieſer Aus- fall ſo nahe dabey war, den Ausſchlag des ganzen Krieges zu geben, denn er ſagt ſelbſt, wenn nicht die roͤmiſche Reuterey eben zu rechter Zeit zu Huͤlfe ge- kommen waͤre, ſo wuͤrde Ceſtius mit der ganzen Ar- mee in Gefahr geweſen ſeyn. (de bello Jud. II, 19; 2.) Was koͤnnten wir mit ſolchen Soldaten, die noch dazu durch National- und Religionsbande mit einander verbunden waͤren, anfangen? Beſſer ha- ben wir ſie gar nicht, wenn ſie auch nach dieſer uͤber 2000 Jahr alten wunderlichen Auslegung des beſſern Moſaiſchen Geſetzes dienen wollten. Haͤtte der ge- lehrte Jude, der Herrn Dohm Maymonides Stelle mittheilte, auch voͤllig ſo gedacht, wie ich im Mo- ſaiſchen Recht, ſo hat er doch meine Meynung mit keiner ihr beyſtimmenden juͤdiſchen Authoritaͤt belegen koͤnnen; ſie bleibt alſo blos meine, und iſt nicht der Juden Meynung.
Aber
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ſuiſtik. So gar, der ſonſt am vernuͤnftigſten den-
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neuphariſaͤiſchen, ſondern von der beſſern Secte der
alten Phariſaͤer, ſelbſt Anfuͤhrer der Juden im Krie-
ge, haͤlt es fuͤr eine Entheiligung des Sabbaths,
daß die Juden, da Ceſtius Gallus ſich mit der roͤmi-
ſchen Armee Jeruſalem naͤhert, einen Ausfall thun,
die Roͤmer ſchlagen, ſo daß 515 Roͤmer und nur 22
Juden bleiben, und dis noch dazu, da dieſer Aus-
fall ſo nahe dabey war, den Ausſchlag des ganzen
Krieges zu geben, denn er ſagt ſelbſt, wenn nicht die
roͤmiſche Reuterey eben zu rechter Zeit zu Huͤlfe ge-
kommen waͤre, ſo wuͤrde Ceſtius mit der ganzen Ar-
mee in Gefahr geweſen ſeyn. (de bello Jud. II, 19;
2.) Was koͤnnten wir mit ſolchen Soldaten, die
noch dazu durch National- und Religionsbande mit
einander verbunden waͤren, anfangen? Beſſer ha-
ben wir ſie gar nicht, wenn ſie auch nach dieſer uͤber
2000 Jahr alten wunderlichen Auslegung des beſſern
Moſaiſchen Geſetzes dienen wollten. Haͤtte der ge-
lehrte Jude, der Herrn Dohm Maymonides Stelle
mittheilte, auch voͤllig ſo gedacht, wie ich im Mo-
ſaiſchen Recht, ſo hat er doch meine Meynung mit
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/57>, abgerufen am 22.11.2024.
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