Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Dieser Schriftsteller führt zuerst zwey Gründe
an, die von abgefallenen Juden als sehr wichtig vor
gestellt worden, die er aber selbst mit einer bey seiner
durchaus polemischen Absicht wirklich seltenen Unpar-
theylichkeit, als offenbar grimdlos darstellt.

1) Die Juden haben ein gewisses Gebet,
von seinen Anfangsworten: Cobniddre, genannt,
das sie am großen Versöhnungstage in der Sy-
nagoge absingen, und durch welches alle fal-
sche Gelübde und Schwüre
(die, nach einiger
M[ - 1 Zeichen fehlt]ynung, von ihnen im abgelaufenen Jahre ge-
schworen sind, oder gar, wie Andre behaupten, die
sie im bevorstehenden Jahre noch schwören wollen)
ihnen erlasse und gänzlich aufgehoben werden.
Es sind bloß abgefallene Juden, welche ihren verlas-
senen Brüdern diesen schändlichen Vorwurf machen,
und entscheidend behaupten, daß die Juden im Ver-
trau[ - 1 Zeichen fehlt]n auf diese Lösung ihrer Eyde, sich kein Beden-
ken machen die feyerlichsten, die man verlangt ab-
zuschwören. "Und wenn," drück der von Eisen-
m[ - 1 Zeichen fehlt]nger
citirte Verfasser des feurigen Drachen-
gifts und wütigen Otterngalls
sich aus, "der
"Teufel selbst mit dem ganzen höllischen Heere leib-
"haftig dabey stünde, so fürchten sie sich doch im Ver-
"trauen auf Col niddre nicht dafür." Vorzüglich

aber

Dieſer Schriftſteller fuͤhrt zuerſt zwey Gruͤnde
an, die von abgefallenen Juden als ſehr wichtig vor
geſtellt worden, die er aber ſelbſt mit einer bey ſeiner
durchaus polemiſchen Abſicht wirklich ſeltenen Unpar-
theylichkeit, als offenbar grimdlos darſtellt.

1) Die Juden haben ein gewiſſes Gebet,
von ſeinen Anfangsworten: Cobniddre, genannt,
das ſie am großen Verſoͤhnungstage in der Sy-
nagoge abſingen, und durch welches alle fal-
ſche Geluͤbde und Schwuͤre
(die, nach einiger
M[ – 1 Zeichen fehlt]ynung, von ihnen im abgelaufenen Jahre ge-
ſchworen ſind, oder gar, wie Andre behaupten, die
ſie im bevorſtehenden Jahre noch ſchwoͤren wollen)
ihnen erlaſſe und gaͤnzlich aufgehoben werden.
Es ſind bloß abgefallene Juden, welche ihren verlaſ-
ſenen Bruͤdern dieſen ſchaͤndlichen Vorwurf machen,
und entſcheidend behaupten, daß die Juden im Ver-
trau[ – 1 Zeichen fehlt]n auf dieſe Loͤſung ihrer Eyde, ſich kein Beden-
ken machen die feyerlichſten, die man verlangt ab-
zuſchwoͤren. „Und wenn,“ druͤck der von Eiſen-
m[ – 1 Zeichen fehlt]nger
citirte Verfaſſer des feurigen Drachen-
gifts und wuͤtigen Otterngalls
ſich aus, „der
„Teufel ſelbſt mit dem ganzen hoͤlliſchen Heere leib-
„haftig dabey ſtuͤnde, ſo fuͤrchten ſie ſich doch im Ver-
„trauen auf Col niddre nicht dafuͤr.“ Vorzuͤglich

aber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0320" n="312"/>
          <p>Die&#x017F;er Schrift&#x017F;teller fu&#x0364;hrt zuer&#x017F;t zwey Gru&#x0364;nde<lb/>
an, die von abgefallenen Juden als &#x017F;ehr wichtig vor<lb/>
ge&#x017F;tellt worden, die er aber &#x017F;elb&#x017F;t mit einer bey &#x017F;einer<lb/>
durchaus polemi&#x017F;chen Ab&#x017F;icht wirklich &#x017F;eltenen Unpar-<lb/>
theylichkeit, als offenbar grimdlos dar&#x017F;tellt.</p><lb/>
          <p>1) <hi rendition="#fr">Die Juden haben ein gewi&#x017F;&#x017F;es Gebet,<lb/>
von &#x017F;einen Anfangsworten: Cobniddre, genannt,<lb/>
das &#x017F;ie am großen Ver&#x017F;o&#x0364;hnungstage in der Sy-<lb/>
nagoge ab&#x017F;ingen, und durch welches alle fal-<lb/>
&#x017F;che Gelu&#x0364;bde und Schwu&#x0364;re</hi> (die, nach einiger<lb/>
M<gap unit="chars" quantity="1"/>ynung, von ihnen im abgelaufenen Jahre ge-<lb/>
&#x017F;chworen &#x017F;ind, oder gar, wie Andre behaupten, die<lb/>
&#x017F;ie im bevor&#x017F;tehenden Jahre noch &#x017F;chwo&#x0364;ren wollen)<lb/><hi rendition="#fr">ihnen erla&#x017F;&#x017F;e und ga&#x0364;nzlich aufgehoben werden</hi>.<lb/>
Es &#x017F;ind bloß abgefallene Juden, welche ihren verla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enen Bru&#x0364;dern die&#x017F;en &#x017F;cha&#x0364;ndlichen Vorwurf machen,<lb/>
und ent&#x017F;cheidend behaupten, daß die Juden im Ver-<lb/>
trau<gap unit="chars" quantity="1"/>n auf die&#x017F;e Lo&#x0364;&#x017F;ung ihrer Eyde, &#x017F;ich kein Beden-<lb/>
ken machen die feyerlich&#x017F;ten, die man verlangt ab-<lb/>
zu&#x017F;chwo&#x0364;ren. &#x201E;Und wenn,&#x201C; dru&#x0364;ck der von <hi rendition="#fr">Ei&#x017F;en-<lb/>
m<gap unit="chars" quantity="1"/>nger</hi> citirte Verfa&#x017F;&#x017F;er des <hi rendition="#fr">feurigen Drachen-<lb/>
gifts und wu&#x0364;tigen Otterngalls</hi> &#x017F;ich aus, &#x201E;der<lb/>
&#x201E;Teufel &#x017F;elb&#x017F;t mit dem ganzen ho&#x0364;lli&#x017F;chen Heere leib-<lb/>
&#x201E;haftig dabey &#x017F;tu&#x0364;nde, &#x017F;o fu&#x0364;rchten &#x017F;ie &#x017F;ich doch im Ver-<lb/>
&#x201E;trauen auf <hi rendition="#fr">Col niddre</hi> nicht dafu&#x0364;r.&#x201C; Vorzu&#x0364;glich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0320] Dieſer Schriftſteller fuͤhrt zuerſt zwey Gruͤnde an, die von abgefallenen Juden als ſehr wichtig vor geſtellt worden, die er aber ſelbſt mit einer bey ſeiner durchaus polemiſchen Abſicht wirklich ſeltenen Unpar- theylichkeit, als offenbar grimdlos darſtellt. 1) Die Juden haben ein gewiſſes Gebet, von ſeinen Anfangsworten: Cobniddre, genannt, das ſie am großen Verſoͤhnungstage in der Sy- nagoge abſingen, und durch welches alle fal- ſche Geluͤbde und Schwuͤre (die, nach einiger M_ynung, von ihnen im abgelaufenen Jahre ge- ſchworen ſind, oder gar, wie Andre behaupten, die ſie im bevorſtehenden Jahre noch ſchwoͤren wollen) ihnen erlaſſe und gaͤnzlich aufgehoben werden. Es ſind bloß abgefallene Juden, welche ihren verlaſ- ſenen Bruͤdern dieſen ſchaͤndlichen Vorwurf machen, und entſcheidend behaupten, daß die Juden im Ver- trau_n auf dieſe Loͤſung ihrer Eyde, ſich kein Beden- ken machen die feyerlichſten, die man verlangt ab- zuſchwoͤren. „Und wenn,“ druͤck der von Eiſen- m_nger citirte Verfaſſer des feurigen Drachen- gifts und wuͤtigen Otterngalls ſich aus, „der „Teufel ſelbſt mit dem ganzen hoͤlliſchen Heere leib- „haftig dabey ſtuͤnde, ſo fuͤrchten ſie ſich doch im Ver- „trauen auf Col niddre nicht dafuͤr.“ Vorzuͤglich aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/320
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/320>, abgerufen am 17.05.2024.