Handwerker und Bürger wird. Freylich wird hie- bey anfangs die Schwierigkeit etwas größer seyn, als beym Ackerbau, weil die Bestimmung zum Hand- werk in frühen Jahren geschehen muß, auch mit größerer Abhängigkeit verbunden ist, und ein jüdi- scher Vater nicht leicht seinen Sohn bey einem christ- lichen Meister in eine Lage setzen wird, wo er sein Gesetz nicht beobachten könnte. Indeß möchte es doch auch der jüdischen Väter geben, denen es eine angenehme Aussicht seyn dürfte, daß ihre Nachkom- men von den Lasten, die sie gedrückt, befreyet, in einem bessern Zustande, als der ihre war, sich befinden werden. Andere könnten mit dem Meister, dem sie ihren Sohn anvertrauen, wegen dieser Dinge einen besondern Vergleich schließen, und so wie man gan- ze Lehrjahre abkaufen kann, müßte auch das Necht- arbeiten am Sabbath durch Geld, oder längere Lehr- zeit, oder auch durch Arbeiten und häusliche Dien- ste am Sonntage, erkauft werden. Weit wirksamer indeß würde diesen Schwierigkeiten dadurch begegnet werden, wenn man bald anfangs aus den Ländern, wo die Juden schon itzt Handwerke treiben, einige Meister verschriebe und durch sie mehrere anziehen ließe. Der Vortheil, den der Staat sich versprechen dürfte, wenn er seine Juden von dem Kleinhandel
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Handwerker und Buͤrger wird. Freylich wird hie- bey anfangs die Schwierigkeit etwas groͤßer ſeyn, als beym Ackerbau, weil die Beſtimmung zum Hand- werk in fruͤhen Jahren geſchehen muß, auch mit groͤßerer Abhaͤngigkeit verbunden iſt, und ein juͤdi- ſcher Vater nicht leicht ſeinen Sohn bey einem chriſt- lichen Meiſter in eine Lage ſetzen wird, wo er ſein Geſetz nicht beobachten koͤnnte. Indeß moͤchte es doch auch der juͤdiſchen Vaͤter geben, denen es eine angenehme Ausſicht ſeyn duͤrfte, daß ihre Nachkom- men von den Laſten, die ſie gedruͤckt, befreyet, in einem beſſern Zuſtande, als der ihre war, ſich befinden werden. Andere koͤnnten mit dem Meiſter, dem ſie ihren Sohn anvertrauen, wegen dieſer Dinge einen beſondern Vergleich ſchließen, und ſo wie man gan- ze Lehrjahre abkaufen kann, muͤßte auch das Necht- arbeiten am Sabbath durch Geld, oder laͤngere Lehr- zeit, oder auch durch Arbeiten und haͤusliche Dien- ſte am Sonntage, erkauft werden. Weit wirkſamer indeß wuͤrde dieſen Schwierigkeiten dadurch begegnet werden, wenn man bald anfangs aus den Laͤndern, wo die Juden ſchon itzt Handwerke treiben, einige Meiſter verſchriebe und durch ſie mehrere anziehen ließe. Der Vortheil, den der Staat ſich verſprechen duͤrfte, wenn er ſeine Juden von dem Kleinhandel
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Handwerker und Buͤrger wird. Freylich wird hie-
bey anfangs die Schwierigkeit etwas groͤßer ſeyn,
als beym Ackerbau, weil die Beſtimmung zum Hand-
werk in fruͤhen Jahren geſchehen muß, auch mit
groͤßerer Abhaͤngigkeit verbunden iſt, und ein juͤdi-
ſcher Vater nicht leicht ſeinen Sohn bey einem chriſt-
lichen Meiſter in eine Lage ſetzen wird, wo er ſein
Geſetz nicht beobachten koͤnnte. Indeß moͤchte es
doch auch der juͤdiſchen Vaͤter geben, denen es eine
angenehme Ausſicht ſeyn duͤrfte, daß ihre Nachkom-
men von den Laſten, die ſie gedruͤckt, befreyet, in
einem beſſern Zuſtande, als der ihre war, ſich befinden
werden. Andere koͤnnten mit dem Meiſter, dem ſie
ihren Sohn anvertrauen, wegen dieſer Dinge einen
beſondern Vergleich ſchließen, und ſo wie man gan-
ze Lehrjahre abkaufen kann, muͤßte auch das Necht-
arbeiten am Sabbath durch Geld, oder laͤngere Lehr-
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ſte am Sonntage, erkauft werden. Weit wirkſamer
indeß wuͤrde dieſen Schwierigkeiten dadurch begegnet
werden, wenn man bald anfangs aus den Laͤndern,
wo die Juden ſchon itzt Handwerke treiben, einige
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/299>, abgerufen am 24.11.2024.
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