sorgen. Wo Freyheit und eine weise, gemäßigte Aufsicht der Obrigkeit ist, entsteht bald das richtige Verhältniß jeder Art Arbeiter von selbst, wie es La- ge und Umstände jedes Orts erlauben.
So nützlich mir die häufige Anstellung der Frey- meister zu Belebung der durch die Zünfte beschränkten Indüstrie scheint; so billig und nöthig halte ich es von der andern Seite, diesen unzünftigen Arbeitern (wie es doch in manchen Ländern geschieht) durch- aus keine Vorzüge und Erleichterungen vor den zünf- tigen zuzugestehen, sondern sie nicht größern und ge- ringern, sondern gerade denselben Abgaben und La- sten zu unterwerfen. In einzelnen Fällen können indeß besondere Gründe Ausnahmen von dieser Re- gel anrathen, und es scheint mir, daß der Zweck, die Juden zu der Arbeit des Handwerkers zu gewöh- nen und dadurch sie zu bessern Gliedern der Gesell- schaft umzubilden, eine solche Ausnahme rechtfer- tige. Ich habe deshalb nicht bloß die Erlaubniß auch außer der Zunft zu arbeiten, sondern auch Frey- jahre von Abgaben und andere Ermunterungen für den anfangenden jüdischen Handwerker gewünscht. Die ältern Bürger haben in ihrem zünftigen Ge- werbe so Vieles durch größere Geschicklichkeit, Kund- schaft, meistens größern Wohistand voraus, und die
Juden
ſorgen. Wo Freyheit und eine weiſe, gemaͤßigte Aufſicht der Obrigkeit iſt, entſteht bald das richtige Verhaͤltniß jeder Art Arbeiter von ſelbſt, wie es La- ge und Umſtaͤnde jedes Orts erlauben.
So nuͤtzlich mir die haͤufige Anſtellung der Frey- meiſter zu Belebung der durch die Zuͤnfte beſchraͤnkten Induͤſtrie ſcheint; ſo billig und noͤthig halte ich es von der andern Seite, dieſen unzuͤnftigen Arbeitern (wie es doch in manchen Laͤndern geſchieht) durch- aus keine Vorzuͤge und Erleichterungen vor den zuͤnf- tigen zuzugeſtehen, ſondern ſie nicht groͤßern und ge- ringern, ſondern gerade denſelben Abgaben und La- ſten zu unterwerfen. In einzelnen Faͤllen koͤnnen indeß beſondere Gruͤnde Ausnahmen von dieſer Re- gel anrathen, und es ſcheint mir, daß der Zweck, die Juden zu der Arbeit des Handwerkers zu gewoͤh- nen und dadurch ſie zu beſſern Gliedern der Geſell- ſchaft umzubilden, eine ſolche Ausnahme rechtfer- tige. Ich habe deshalb nicht bloß die Erlaubniß auch außer der Zunft zu arbeiten, ſondern auch Frey- jahre von Abgaben und andere Ermunterungen fuͤr den anfangenden juͤdiſchen Handwerker gewuͤnſcht. Die aͤltern Buͤrger haben in ihrem zuͤnftigen Ge- werbe ſo Vieles durch groͤßere Geſchicklichkeit, Kund- ſchaft, meiſtens groͤßern Wohiſtand voraus, und die
Juden
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0296"n="288"/>ſorgen. Wo Freyheit und eine weiſe, gemaͤßigte<lb/>
Aufſicht der Obrigkeit iſt, entſteht bald das richtige<lb/>
Verhaͤltniß jeder Art Arbeiter von ſelbſt, wie es La-<lb/>
ge und Umſtaͤnde jedes Orts erlauben.</p><lb/><p>So nuͤtzlich mir die haͤufige Anſtellung der Frey-<lb/>
meiſter zu Belebung der durch die Zuͤnfte beſchraͤnkten<lb/>
Induͤſtrie ſcheint; ſo billig und noͤthig halte ich es<lb/>
von der andern Seite, dieſen unzuͤnftigen Arbeitern<lb/>
(wie es doch in manchen Laͤndern geſchieht) durch-<lb/>
aus keine Vorzuͤge und Erleichterungen vor den zuͤnf-<lb/>
tigen zuzugeſtehen, ſondern ſie nicht groͤßern und ge-<lb/>
ringern, ſondern gerade denſelben Abgaben und La-<lb/>ſten zu unterwerfen. In einzelnen Faͤllen koͤnnen<lb/>
indeß beſondere Gruͤnde Ausnahmen von dieſer Re-<lb/>
gel anrathen, und es ſcheint mir, daß der Zweck,<lb/>
die Juden zu der Arbeit des Handwerkers zu gewoͤh-<lb/>
nen und dadurch ſie zu beſſern Gliedern der Geſell-<lb/>ſchaft umzubilden, eine ſolche Ausnahme rechtfer-<lb/>
tige. Ich habe deshalb nicht bloß die Erlaubniß<lb/>
auch außer der Zunft zu arbeiten, ſondern auch Frey-<lb/>
jahre von Abgaben und andere Ermunterungen fuͤr<lb/>
den anfangenden juͤdiſchen Handwerker gewuͤnſcht.<lb/>
Die aͤltern Buͤrger haben in ihrem zuͤnftigen Ge-<lb/>
werbe ſo Vieles durch groͤßere Geſchicklichkeit, Kund-<lb/>ſchaft, meiſtens groͤßern Wohiſtand voraus, und die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Juden</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[288/0296]
ſorgen. Wo Freyheit und eine weiſe, gemaͤßigte
Aufſicht der Obrigkeit iſt, entſteht bald das richtige
Verhaͤltniß jeder Art Arbeiter von ſelbſt, wie es La-
ge und Umſtaͤnde jedes Orts erlauben.
So nuͤtzlich mir die haͤufige Anſtellung der Frey-
meiſter zu Belebung der durch die Zuͤnfte beſchraͤnkten
Induͤſtrie ſcheint; ſo billig und noͤthig halte ich es
von der andern Seite, dieſen unzuͤnftigen Arbeitern
(wie es doch in manchen Laͤndern geſchieht) durch-
aus keine Vorzuͤge und Erleichterungen vor den zuͤnf-
tigen zuzugeſtehen, ſondern ſie nicht groͤßern und ge-
ringern, ſondern gerade denſelben Abgaben und La-
ſten zu unterwerfen. In einzelnen Faͤllen koͤnnen
indeß beſondere Gruͤnde Ausnahmen von dieſer Re-
gel anrathen, und es ſcheint mir, daß der Zweck,
die Juden zu der Arbeit des Handwerkers zu gewoͤh-
nen und dadurch ſie zu beſſern Gliedern der Geſell-
ſchaft umzubilden, eine ſolche Ausnahme rechtfer-
tige. Ich habe deshalb nicht bloß die Erlaubniß
auch außer der Zunft zu arbeiten, ſondern auch Frey-
jahre von Abgaben und andere Ermunterungen fuͤr
den anfangenden juͤdiſchen Handwerker gewuͤnſcht.
Die aͤltern Buͤrger haben in ihrem zuͤnftigen Ge-
werbe ſo Vieles durch groͤßere Geſchicklichkeit, Kund-
ſchaft, meiſtens groͤßern Wohiſtand voraus, und die
Juden
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/296>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.