Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.wiß behaupten zu können, daß es dem Vorurtheil zu weite- Zünfte mit der städtischen Verfassung zu viele In-
convenienzien besorgte, der Fall auch ohnedem nur selten vorkommen würde. Auch mir scheinen diese Gründe das Uebergewicht zu haben, nur, muß ich gestehen, wünschte ich aus dem Reichsschluß und den meisten sich darauf gründenden deutschen Lan- desgesetzen den Ausdruck: die verwerfliche Arbeit ihrer Eltern, weg, weil dem Gesetzgeber eine so unentbehrliche Arbeit nicht verwerflich seyn darf. Auch will ich noch eine interessante Erfah- rung hier anführen, welche die Besorgniß wider- legt, man möchte einen Mangel an Abdeckern und Nachrichtern haben, wenn man nicht die unglück- lichen Nachkommen der itzigen auf immer an dieses Geschäft fesselte, das, glaubt man, freywillig Nie- mand übernehmen würde. -- Die Erwähnung die- ses Grundes auf dem Reichstage veranlaßte im Jahr 1771 in der Mark Brandenburg eine Untersuchung über das Herkommen dieser Leute, und man fand, daß die Hälfte derselben nicht Nachrichter zu Vätern gehabt, wiß behaupten zu koͤnnen, daß es dem Vorurtheil zu weite- Zuͤnfte mit der ſtaͤdtiſchen Verfaſſung zu viele In-
convenienzien beſorgte, der Fall auch ohnedem nur ſelten vorkommen wuͤrde. Auch mir ſcheinen dieſe Gruͤnde das Uebergewicht zu haben, nur, muß ich geſtehen, wuͤnſchte ich aus dem Reichsſchluß und den meiſten ſich darauf gruͤndenden deutſchen Lan- desgeſetzen den Ausdruck: die verwerfliche Arbeit ihrer Eltern, weg, weil dem Geſetzgeber eine ſo unentbehrliche Arbeit nicht verwerflich ſeyn darf. Auch will ich noch eine intereſſante Erfah- rung hier anfuͤhren, welche die Beſorgniß wider- legt, man moͤchte einen Mangel an Abdeckern und Nachrichtern haben, wenn man nicht die ungluͤck- lichen Nachkommen der itzigen auf immer an dieſes Geſchaͤft feſſelte, das, glaubt man, freywillig Nie- mand uͤbernehmen wuͤrde. — Die Erwaͤhnung die- ſes Grundes auf dem Reichstage veranlaßte im Jahr 1771 in der Mark Brandenburg eine Unterſuchung uͤber das Herkommen dieſer Leute, und man fand, daß die Haͤlfte derſelben nicht Nachrichter zu Vaͤtern gehabt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0290" n="282"/> wiß behaupten zu koͤnnen, daß es dem Vorurtheil zu<lb/> viel eingeraͤumt waͤre wenn man den Zuͤnften noch<lb/> ferner geſtatten wollte, ſich durch die Annahme der<lb/><hi rendition="#fr">Juden</hi> befleckt zu halten, denen doch Wiſſenſchaften,<lb/> ſchoͤne und freye Kuͤnſte nebſt der Handlung in ihrem<lb/> <fw place="bottom" type="catch">weite-</fw><lb/><note next="#note-0291" xml:id="note-0290" prev="#note-0289" place="foot" n="**)">Zuͤnfte mit der ſtaͤdtiſchen Verfaſſung zu viele In-<lb/> convenienzien beſorgte, der Fall auch ohnedem nur<lb/> ſelten vorkommen wuͤrde. Auch mir ſcheinen dieſe<lb/> Gruͤnde das Uebergewicht zu haben, nur, muß ich<lb/> geſtehen, wuͤnſchte ich aus dem Reichsſchluß und<lb/> den meiſten ſich darauf gruͤndenden deutſchen Lan-<lb/> desgeſetzen den Ausdruck: die <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">verwerfliche</hi><lb/> Arbeit ihrer Eltern</hi>, weg, weil dem Geſetzgeber<lb/> eine ſo unentbehrliche Arbeit nicht <hi rendition="#fr">verwerflich</hi> ſeyn<lb/> darf. Auch will ich noch eine intereſſante Erfah-<lb/> rung hier anfuͤhren, welche die Beſorgniß wider-<lb/> legt, man moͤchte einen Mangel an Abdeckern und<lb/> Nachrichtern haben, wenn man nicht die ungluͤck-<lb/> lichen Nachkommen der itzigen auf immer an dieſes<lb/> Geſchaͤft feſſelte, das, glaubt man, freywillig Nie-<lb/> mand uͤbernehmen wuͤrde. — Die Erwaͤhnung die-<lb/> ſes Grundes auf dem Reichstage veranlaßte im Jahr<lb/> 1771 in der Mark Brandenburg eine Unterſuchung<lb/> uͤber das Herkommen dieſer Leute, und man fand,<lb/> daß die Haͤlfte derſelben nicht Nachrichter zu Vaͤtern<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gehabt,</fw></note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [282/0290]
wiß behaupten zu koͤnnen, daß es dem Vorurtheil zu
viel eingeraͤumt waͤre wenn man den Zuͤnften noch
ferner geſtatten wollte, ſich durch die Annahme der
Juden befleckt zu halten, denen doch Wiſſenſchaften,
ſchoͤne und freye Kuͤnſte nebſt der Handlung in ihrem
weite-
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**) Zuͤnfte mit der ſtaͤdtiſchen Verfaſſung zu viele In-
convenienzien beſorgte, der Fall auch ohnedem nur
ſelten vorkommen wuͤrde. Auch mir ſcheinen dieſe
Gruͤnde das Uebergewicht zu haben, nur, muß ich
geſtehen, wuͤnſchte ich aus dem Reichsſchluß und
den meiſten ſich darauf gruͤndenden deutſchen Lan-
desgeſetzen den Ausdruck: die verwerfliche
Arbeit ihrer Eltern, weg, weil dem Geſetzgeber
eine ſo unentbehrliche Arbeit nicht verwerflich ſeyn
darf. Auch will ich noch eine intereſſante Erfah-
rung hier anfuͤhren, welche die Beſorgniß wider-
legt, man moͤchte einen Mangel an Abdeckern und
Nachrichtern haben, wenn man nicht die ungluͤck-
lichen Nachkommen der itzigen auf immer an dieſes
Geſchaͤft feſſelte, das, glaubt man, freywillig Nie-
mand uͤbernehmen wuͤrde. — Die Erwaͤhnung die-
ſes Grundes auf dem Reichstage veranlaßte im Jahr
1771 in der Mark Brandenburg eine Unterſuchung
uͤber das Herkommen dieſer Leute, und man fand,
daß die Haͤlfte derſelben nicht Nachrichter zu Vaͤtern
gehabt,
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