Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

glaube also allerdings, daß man die Handwerker
nicht zwingen sollte, Verbrecher oder auch überhaupt
unsittliche Personen gewisser Art, in ihre Verbin-
dung aufzunehmen; ich schätze sogar ihre Delicatesse,
wenn ihnen auch schon ein sehr starker, obgleich nicht
rechtlich erwiesener, Verdacht grober Verbrechen (wo
indeß doch Mißbräuche durch die obrigkeitliche Auf-
sicht zu verhüten wären) hinlänglicher Grund zur
Ausschliessung ist; ich möchte sogar die Nichtaufnah-
me der unehlichen Kinder kaum tadeln, weil die Be-
förderung und Ehre des Ehestandes und der Nach-
theil der Ausschweifung besonders unter den gemei-
nen Ständen ein zu wichtiger Gegenstand für den
Staat ist, daß ihm nicht das Interesse einiger, ob-
gleich schuldlosen Personen aufgeopfert werden sollte *).

Mit
*) Freylich erscheint diese Materie aus einem andern
Gesichtspunkte, nach sehr wichtigen Gründen, in
einem andern Lichte. Die Begriffe sind hier noch
nicht bis zu der Deutlichkeit aufgehellt, die ihre
Wichtigkeit verdiente, und zu der ein philosophischer
Kopf, der die Menschen in verschiedenen Lagen und
Verhältnissen gründlich kennte und ohne vorgefaßte
Meynung lange und genau beobachtet hätte, sie lei-
ten könnte. Mein Zweck erlaubt mir hier nicht,
auch nur in die kleinste Erörterung dieses so viel
umfassenden Gegenstandes auszugleiten.
S 3

glaube alſo allerdings, daß man die Handwerker
nicht zwingen ſollte, Verbrecher oder auch uͤberhaupt
unſittliche Perſonen gewiſſer Art, in ihre Verbin-
dung aufzunehmen; ich ſchaͤtze ſogar ihre Delicateſſe,
wenn ihnen auch ſchon ein ſehr ſtarker, obgleich nicht
rechtlich erwieſener, Verdacht grober Verbrechen (wo
indeß doch Mißbraͤuche durch die obrigkeitliche Auf-
ſicht zu verhuͤten waͤren) hinlaͤnglicher Grund zur
Ausſchlieſſung iſt; ich moͤchte ſogar die Nichtaufnah-
me der unehlichen Kinder kaum tadeln, weil die Be-
foͤrderung und Ehre des Eheſtandes und der Nach-
theil der Ausſchweifung beſonders unter den gemei-
nen Staͤnden ein zu wichtiger Gegenſtand fuͤr den
Staat iſt, daß ihm nicht das Intereſſe einiger, ob-
gleich ſchuldloſen Perſonen aufgeopfert werden ſollte *).

Mit
*) Freylich erſcheint dieſe Materie aus einem andern
Geſichtspunkte, nach ſehr wichtigen Gruͤnden, in
einem andern Lichte. Die Begriffe ſind hier noch
nicht bis zu der Deutlichkeit aufgehellt, die ihre
Wichtigkeit verdiente, und zu der ein philoſophiſcher
Kopf, der die Menſchen in verſchiedenen Lagen und
Verhaͤltniſſen gruͤndlich kennte und ohne vorgefaßte
Meynung lange und genau beobachtet haͤtte, ſie lei-
ten koͤnnte. Mein Zweck erlaubt mir hier nicht,
auch nur in die kleinſte Eroͤrterung dieſes ſo viel
umfaſſenden Gegenſtandes auszugleiten.
S 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0285" n="277"/>
glaube al&#x017F;o allerdings, daß man die Handwerker<lb/>
nicht zwingen &#x017F;ollte, Verbrecher oder auch u&#x0364;berhaupt<lb/>
un&#x017F;ittliche Per&#x017F;onen gewi&#x017F;&#x017F;er Art, in ihre Verbin-<lb/>
dung aufzunehmen; ich &#x017F;cha&#x0364;tze &#x017F;ogar ihre Delicate&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
wenn ihnen auch &#x017F;chon ein &#x017F;ehr &#x017F;tarker, obgleich nicht<lb/>
rechtlich erwie&#x017F;ener, Verdacht grober Verbrechen (wo<lb/>
indeß doch Mißbra&#x0364;uche durch die obrigkeitliche Auf-<lb/>
&#x017F;icht zu verhu&#x0364;ten wa&#x0364;ren) hinla&#x0364;nglicher Grund zur<lb/>
Aus&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ung i&#x017F;t; ich mo&#x0364;chte &#x017F;ogar die Nichtaufnah-<lb/>
me der unehlichen Kinder kaum tadeln, weil die Be-<lb/>
fo&#x0364;rderung und Ehre des Ehe&#x017F;tandes und der Nach-<lb/>
theil der Aus&#x017F;chweifung be&#x017F;onders unter den gemei-<lb/>
nen Sta&#x0364;nden ein zu wichtiger Gegen&#x017F;tand fu&#x0364;r den<lb/>
Staat i&#x017F;t, daß ihm nicht das Intere&#x017F;&#x017F;e einiger, ob-<lb/>
gleich &#x017F;chuldlo&#x017F;en Per&#x017F;onen aufgeopfert werden &#x017F;ollte <note place="foot" n="*)">Freylich er&#x017F;cheint die&#x017F;e Materie aus einem andern<lb/>
Ge&#x017F;ichtspunkte, nach &#x017F;ehr wichtigen Gru&#x0364;nden, in<lb/>
einem andern Lichte. Die Begriffe &#x017F;ind hier noch<lb/>
nicht bis zu der Deutlichkeit aufgehellt, die ihre<lb/>
Wichtigkeit verdiente, und zu der ein philo&#x017F;ophi&#x017F;cher<lb/>
Kopf, der die Men&#x017F;chen in ver&#x017F;chiedenen Lagen und<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en gru&#x0364;ndlich kennte und ohne vorgefaßte<lb/>
Meynung lange und genau beobachtet ha&#x0364;tte, &#x017F;ie lei-<lb/>
ten ko&#x0364;nnte. Mein Zweck erlaubt mir hier nicht,<lb/>
auch nur in die klein&#x017F;te Ero&#x0364;rterung die&#x017F;es &#x017F;o viel<lb/>
umfa&#x017F;&#x017F;enden Gegen&#x017F;tandes auszugleiten.</note>.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Mit</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0285] glaube alſo allerdings, daß man die Handwerker nicht zwingen ſollte, Verbrecher oder auch uͤberhaupt unſittliche Perſonen gewiſſer Art, in ihre Verbin- dung aufzunehmen; ich ſchaͤtze ſogar ihre Delicateſſe, wenn ihnen auch ſchon ein ſehr ſtarker, obgleich nicht rechtlich erwieſener, Verdacht grober Verbrechen (wo indeß doch Mißbraͤuche durch die obrigkeitliche Auf- ſicht zu verhuͤten waͤren) hinlaͤnglicher Grund zur Ausſchlieſſung iſt; ich moͤchte ſogar die Nichtaufnah- me der unehlichen Kinder kaum tadeln, weil die Be- foͤrderung und Ehre des Eheſtandes und der Nach- theil der Ausſchweifung beſonders unter den gemei- nen Staͤnden ein zu wichtiger Gegenſtand fuͤr den Staat iſt, daß ihm nicht das Intereſſe einiger, ob- gleich ſchuldloſen Perſonen aufgeopfert werden ſollte *). Mit *) Freylich erſcheint dieſe Materie aus einem andern Geſichtspunkte, nach ſehr wichtigen Gruͤnden, in einem andern Lichte. Die Begriffe ſind hier noch nicht bis zu der Deutlichkeit aufgehellt, die ihre Wichtigkeit verdiente, und zu der ein philoſophiſcher Kopf, der die Menſchen in verſchiedenen Lagen und Verhaͤltniſſen gruͤndlich kennte und ohne vorgefaßte Meynung lange und genau beobachtet haͤtte, ſie lei- ten koͤnnte. Mein Zweck erlaubt mir hier nicht, auch nur in die kleinſte Eroͤrterung dieſes ſo viel umfaſſenden Gegenſtandes auszugleiten. S 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/285
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/285>, abgerufen am 26.11.2024.