Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

ihn nicht wieder zu leisten und durch eigene Kräfte
sich Achtung zu erwerben auch wenigstens den ersten
Angriff selbst abzuhalten, fähig ist, wie wir dieses
noch in einem ganz neuen Beyspiel gesehen haben.

Ehe noch die stehenden Armeen allgemein einge-
führt, die Kriegswissenschaft ihre itzige Ausbildung
erhalten hatte, war es sehr möglich, daß der krie-
gerische Staat seinen Nachbar gänzlich zu überwälti-
gen hoffen konnte, der in seiner militärischen Ver-
fassung noch nicht soweit gekommen war. Stehen-
de Heere
waren immer die Ueberwinder bloßer Land-
militzen,
und die geübtere stärkere Militz eines ro-
hen Volkes überwand gewöhnlich die weniger geüb-
te und schwächere eines civilisirten, besonders eines
Manufactur- und Handelsstaats. Bey einigermas-
sen gleich gut disciplinirten stehenden Truppen muß
der Ausgang ihrer Kriege nothwendig weniger gewiß
seyn. Auch die ungleich geringere Kosten eines Krie-
ges mit Soldaten, die nachher wieder zum Pfluge
zurückkehrten; die geschwindere Einscheidung, und
die geringere Einsicht von den gegenseitigen Kräften
konnten ehemals den Regenten es beynahe eben so
leicht machen, sich zum Kriege zu entschliessen, als
ihre Vasallen sich untereinander befehdeten. Itzt

sind
P 2

ihn nicht wieder zu leiſten und durch eigene Kraͤfte
ſich Achtung zu erwerben auch wenigſtens den erſten
Angriff ſelbſt abzuhalten, faͤhig iſt, wie wir dieſes
noch in einem ganz neuen Beyſpiel geſehen haben.

Ehe noch die ſtehenden Armeen allgemein einge-
fuͤhrt, die Kriegswiſſenſchaft ihre itzige Ausbildung
erhalten hatte, war es ſehr moͤglich, daß der krie-
geriſche Staat ſeinen Nachbar gaͤnzlich zu uͤberwaͤlti-
gen hoffen konnte, der in ſeiner militaͤriſchen Ver-
faſſung noch nicht ſoweit gekommen war. Stehen-
de Heere
waren immer die Ueberwinder bloßer Land-
militzen,
und die geuͤbtere ſtaͤrkere Militz eines ro-
hen Volkes uͤberwand gewoͤhnlich die weniger geuͤb-
te und ſchwaͤchere eines civiliſirten, beſonders eines
Manufactur- und Handelsſtaats. Bey einigermaſ-
ſen gleich gut diſciplinirten ſtehenden Truppen muß
der Ausgang ihrer Kriege nothwendig weniger gewiß
ſeyn. Auch die ungleich geringere Koſten eines Krie-
ges mit Soldaten, die nachher wieder zum Pfluge
zuruͤckkehrten; die geſchwindere Einſcheidung, und
die geringere Einſicht von den gegenſeitigen Kraͤften
konnten ehemals den Regenten es beynahe eben ſo
leicht machen, ſich zum Kriege zu entſchlieſſen, als
ihre Vaſallen ſich untereinander befehdeten. Itzt

ſind
P 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0235" n="227"/>
ihn nicht wieder zu lei&#x017F;ten und durch eigene Kra&#x0364;fte<lb/>
&#x017F;ich Achtung zu erwerben auch wenig&#x017F;tens den er&#x017F;ten<lb/>
Angriff &#x017F;elb&#x017F;t abzuhalten, fa&#x0364;hig i&#x017F;t, wie wir die&#x017F;es<lb/>
noch in einem ganz neuen Bey&#x017F;piel ge&#x017F;ehen haben.</p><lb/>
          <p>Ehe noch die &#x017F;tehenden Armeen allgemein einge-<lb/>
fu&#x0364;hrt, die Kriegswi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft ihre itzige Ausbildung<lb/>
erhalten hatte, war es &#x017F;ehr mo&#x0364;glich, daß der krie-<lb/>
geri&#x017F;che Staat &#x017F;einen Nachbar ga&#x0364;nzlich zu u&#x0364;berwa&#x0364;lti-<lb/>
gen hoffen konnte, der in &#x017F;einer milita&#x0364;ri&#x017F;chen Ver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ung noch nicht &#x017F;oweit gekommen war. <hi rendition="#fr">Stehen-<lb/>
de Heere</hi> waren immer die Ueberwinder bloßer <hi rendition="#fr">Land-<lb/>
militzen,</hi> und die geu&#x0364;btere &#x017F;ta&#x0364;rkere <hi rendition="#fr">Militz</hi> eines ro-<lb/>
hen Volkes u&#x0364;berwand gewo&#x0364;hnlich die weniger geu&#x0364;b-<lb/>
te und &#x017F;chwa&#x0364;chere eines civili&#x017F;irten, be&#x017F;onders eines<lb/>
Manufactur- und Handels&#x017F;taats. Bey einigerma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en gleich gut di&#x017F;ciplinirten &#x017F;tehenden Truppen muß<lb/>
der Ausgang ihrer Kriege nothwendig weniger gewiß<lb/>
&#x017F;eyn. Auch die ungleich geringere Ko&#x017F;ten eines Krie-<lb/>
ges mit Soldaten, die nachher wieder zum Pfluge<lb/>
zuru&#x0364;ckkehrten; die ge&#x017F;chwindere Ein&#x017F;cheidung, und<lb/>
die geringere Ein&#x017F;icht von den gegen&#x017F;eitigen Kra&#x0364;ften<lb/>
konnten ehemals den Regenten es beynahe eben &#x017F;o<lb/>
leicht machen, &#x017F;ich zum Kriege zu ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, als<lb/>
ihre Va&#x017F;allen &#x017F;ich untereinander befehdeten. Itzt<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 2</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ind</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0235] ihn nicht wieder zu leiſten und durch eigene Kraͤfte ſich Achtung zu erwerben auch wenigſtens den erſten Angriff ſelbſt abzuhalten, faͤhig iſt, wie wir dieſes noch in einem ganz neuen Beyſpiel geſehen haben. Ehe noch die ſtehenden Armeen allgemein einge- fuͤhrt, die Kriegswiſſenſchaft ihre itzige Ausbildung erhalten hatte, war es ſehr moͤglich, daß der krie- geriſche Staat ſeinen Nachbar gaͤnzlich zu uͤberwaͤlti- gen hoffen konnte, der in ſeiner militaͤriſchen Ver- faſſung noch nicht ſoweit gekommen war. Stehen- de Heere waren immer die Ueberwinder bloßer Land- militzen, und die geuͤbtere ſtaͤrkere Militz eines ro- hen Volkes uͤberwand gewoͤhnlich die weniger geuͤb- te und ſchwaͤchere eines civiliſirten, beſonders eines Manufactur- und Handelsſtaats. Bey einigermaſ- ſen gleich gut diſciplinirten ſtehenden Truppen muß der Ausgang ihrer Kriege nothwendig weniger gewiß ſeyn. Auch die ungleich geringere Koſten eines Krie- ges mit Soldaten, die nachher wieder zum Pfluge zuruͤckkehrten; die geſchwindere Einſcheidung, und die geringere Einſicht von den gegenſeitigen Kraͤften konnten ehemals den Regenten es beynahe eben ſo leicht machen, ſich zum Kriege zu entſchlieſſen, als ihre Vaſallen ſich untereinander befehdeten. Itzt ſind P 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/235
Zitationshilfe: Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/235>, abgerufen am 05.05.2024.