sten oder zweyten Ankunft vor der Obrigkeit zu legi- timiren im Stande wäre. Auch selbst der unmilitä- rische Geist der Juden würde es einem Betrüger schwer machen, sie zu einem Aufstand zu reitzen. Und werden einst die Juden kriegerischer geworden seyn, so kann man sicher sich darauf verlassen, daß gegen diese Zeit der Messias ganz vergessen seyn wer- de, der auch schon itzt nicht so sehr Glaubensartikel bey ihnen ist, daß nicht schon viele Rabbinen (wie z. B. der berühmte Lehrer Albo) diese Erwartung des großen Haufens für ungegründet halten sollten.
Das asiatische Temperament wird gleichfalls nicht, wie mich dünkt, die Juden abhalten gute Glieder der Gesellschaft zu werden, und wenn Hr. Schwa- ger dasselbe für ein bleibendes Hinderniß des Acker- baues hält, so, dünkt mich, hat dieser Gelehrte sich nicht erinnert, daß die Juden ehemals in ihrem asia- tischen Vaterlande fast ganz vom Ackerbau lebten und ihren ganzen Staat auf denselben gegründet hatten. Unsere heutigen Juden haben ihr itziges Tempera- ment, ihre Liebe zum Herumschweifen und Müssig- gang sicher nicht aus Asien mitgebracht, sondern durch die politische Lage in der sie sich seit Jahrhunderten in Europa befinden, unter uns und durch uns erhalten. Ist diese verändert, so kann man sicher erwarten, daß das
Clima
ſten oder zweyten Ankunft vor der Obrigkeit zu legi- timiren im Stande waͤre. Auch ſelbſt der unmilitaͤ- riſche Geiſt der Juden wuͤrde es einem Betruͤger ſchwer machen, ſie zu einem Aufſtand zu reitzen. Und werden einſt die Juden kriegeriſcher geworden ſeyn, ſo kann man ſicher ſich darauf verlaſſen, daß gegen dieſe Zeit der Meſſias ganz vergeſſen ſeyn wer- de, der auch ſchon itzt nicht ſo ſehr Glaubensartikel bey ihnen iſt, daß nicht ſchon viele Rabbinen (wie z. B. der beruͤhmte Lehrer Albo) dieſe Erwartung des großen Haufens fuͤr ungegruͤndet halten ſollten.
Das aſiatiſche Temperament wird gleichfalls nicht, wie mich duͤnkt, die Juden abhalten gute Glieder der Geſellſchaft zu werden, und wenn Hr. Schwa- ger daſſelbe fuͤr ein bleibendes Hinderniß des Acker- baues haͤlt, ſo, duͤnkt mich, hat dieſer Gelehrte ſich nicht erinnert, daß die Juden ehemals in ihrem aſia- tiſchen Vaterlande faſt ganz vom Ackerbau lebten und ihren ganzen Staat auf denſelben gegruͤndet hatten. Unſere heutigen Juden haben ihr itziges Tempera- ment, ihre Liebe zum Herumſchweifen und Muͤſſig- gang ſicher nicht aus Aſien mitgebracht, ſondern durch die politiſche Lage in der ſie ſich ſeit Jahrhunderten in Europa befinden, unter uns und durch uns erhalten. Iſt dieſe veraͤndert, ſo kann man ſicher erwarten, daß das
Clima
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ſten oder zweyten Ankunft vor der Obrigkeit zu legi-
timiren im Stande waͤre. Auch ſelbſt der unmilitaͤ-
riſche Geiſt der Juden wuͤrde es einem Betruͤger
ſchwer machen, ſie zu einem Aufſtand zu reitzen.
Und werden einſt die Juden kriegeriſcher geworden
ſeyn, ſo kann man ſicher ſich darauf verlaſſen, daß
gegen dieſe Zeit der Meſſias ganz vergeſſen ſeyn wer-
de, der auch ſchon itzt nicht ſo ſehr Glaubensartikel
bey ihnen iſt, daß nicht ſchon viele Rabbinen (wie
z. B. der beruͤhmte Lehrer Albo) dieſe Erwartung
des großen Haufens fuͤr ungegruͤndet halten ſollten.
Das aſiatiſche Temperament wird gleichfalls nicht,
wie mich duͤnkt, die Juden abhalten gute Glieder
der Geſellſchaft zu werden, und wenn Hr. Schwa-
ger daſſelbe fuͤr ein bleibendes Hinderniß des Acker-
baues haͤlt, ſo, duͤnkt mich, hat dieſer Gelehrte ſich
nicht erinnert, daß die Juden ehemals in ihrem aſia-
tiſchen Vaterlande faſt ganz vom Ackerbau lebten und
ihren ganzen Staat auf denſelben gegruͤndet hatten.
Unſere heutigen Juden haben ihr itziges Tempera-
ment, ihre Liebe zum Herumſchweifen und Muͤſſig-
gang ſicher nicht aus Aſien mitgebracht, ſondern durch
die politiſche Lage in der ſie ſich ſeit Jahrhunderten in
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Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/228>, abgerufen am 21.11.2024.
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